Einzug der Demokratie:
Die Wahl in Kurdistan und danach
Von Haydar Isik
Früher hat Saddam auch ab und zu Wahlen abgehalten. Aber
er gewann fast mit Hundertprozent. Viele arabische Länder wie Syrien und
Ägypten führen ebenfalls Wahlen durch, bei denen aber nur vom Staat
Geduldete gewählt werden können. Außer in Israel gibt es im Nahen Osten
keine Demokratie. Zwar hält die Türkei durchaus demokratische Wahlen ab,
aber wenn man einen Spiegel dagegen hält, sieht man, dass dort die
Demokratie eine Fata Morgana ist. Das heißt, Wahlen sind eine Seite,
zeitgenössische Demokratie und Menschenrechte zu errichten ist eine
vollkommen andere Seite.
Da die Menschen in den islamischen Ländern von ihren despotischen Regimen
unterdrückt und entmündigt sind, kann selbstverständlich weder von freien
Bürgern, noch von freier Meinungsäußerung die Rede sein. Dazu kommt die
Bevormundung durch islamische Fundamentalisten, die den richtigen Moslem
nach ihrer Interpretation definieren, weltliches und westliches Leben dabei
verteufeln. Deshalb gibt es in den moslemischen Ländern leider keine
Demokratie.
Auch ein großer Teil der Kurden sind Moslems. Es gibt einen Spruch: "Wer
sich beim Schimmel aufhält, bekommt entweder seinen Charakter oder seine
Farbe." Als ich vor gut einundhalb Jahren im Irak bzw. in Süd Kurdistan
(Nord Irak) war, sah ich in den kurdischen Städten neben sehr modernen
Frauen, auch mit Tschadohr verhüllte Frauen. Als ich mich erkundigte,
erzählten Freunde, das sei auf iranische Einflüsse zurückzuführen.
Die Kurden haben den Islam nicht freiwillig wie die Türken angenommen. Im
7.JH hatten islamo-arabische Feldherren Hundert Jahre lang in Kurdistan
gekämpft, um die Kurden zum Islam zu bekehren. Der Islam gehört im
Vordergrund zur arabischen Kultur. Deshalb sind die Kurden beim
Islamverständnis etwas anders als ihre Nachbarn. Diese Haltung ermöglicht
den Kurden ein weltliches Leben.
Bei der Wahl gingen die Schiiten auf religiösen Befehl des Ayatollah Sistani
an die Wahlurnen, aber die Kurden haben keinen Ayatollah. Sie sind aus
Überzeugung zur Wahl gegangen. Die Wahlen waren selbstverständlich nicht
demokratisch wie in Westeuropa, aber man kann sagen, dass dieses Land seit
seiner Gründung zum ersten Mal demokratisch gewählt hat. Wenn man die Wahlen
in Kurdistan mit der Türkei vergleichen würde, sieht man, dass die Kurden
30% Frauen ihr Parlament gewählt haben, wo in der Türkei nur 4% Frauen
gewählt sind.
Die zwei kurdischen Parteien, Demokratische Partei Kurdistan (DKP) und
Patriotische Union Kurdistans (PUK) haben mit gemeinsamer Liste 77
Abgeordnete nach Bagdad gesandt. Sie besetzen eine Schlüsselposition der
Politik im Irak. Obwohl die Mehrheit der Kurden für eine Selbstständigkeit
stehen, wissen sie, dass ihre Lage nicht mit der Schweiz vergleichbar ist.
Deshalb plädieren sie für eine demokratische Föderation wie in Belgien.
Weder die Schiiten noch die Sunniten verinnerlichen die demokratische
Föderation. Aber die Stärke der Kurden wird sich durchsetzen. Außerdem sind
auch die Nachbarländer Türkei, Iran und Syrien gegen die Rechte der Kurden,
weil sie Angst haben, eine positive Entwicklung in Südkurdistan würde ihre
Kurden aufbringen. Alle diese Länder haben ihre "Roten Linien", die auf der
Rechtlosigkeit der Kurden basieren.
Trotzdem versuchen die kurdischen Politiker mit ruhiger Hand eine reale
Politik zu machen und ihre Nachbarn nicht zu provozieren. Der Chef von PUK,
Celal Talabani, hat sich für den Posten des Staatspräsidenten im Irak
beworben. Sicherlich wird er von Arabern nicht gerne als Staatspräsident
gesehen, aber sie haben kein andere Wahl. Wenn sie ihn ablehnen, werden die
Kurden die andere Option, nämlich die Selbständigkeit ins Spiel bringen.
Die Türkei hetzte vor der Wahl ihre Turkmenen gegen die Kurden und drängte
sie zur Wahl. Die Liste der Turkmenen Partei, die von der Türkei unterstützt
wurde, hat verständlicher Weise eine Niederlage erlitten. Seitdem versucht
die Türkei ihre Beziehung zu den Kurden zu normalisieren. Die Stadt Kirkuk
war die "Rote Linie" der Türkei gewesen. Stets wurde behauptet, dass die
Turkmenen die Mehrzahl der Einwohner von Kirkuk ausmachen. Nun, die Wahl in
Kirkuk hat die Mehrheit der Kurden bestätigt.
Kirkuk war und ist ein geographischer Teil Kurdistans. Bis jetzt hat der
Irak in dem Gebiet reichlich Erdöl produziert. Die Nachbarstaaten, besonders
die Türkei, möchten nicht dass die Kurden diese Bodenschätze besitzen. Aber
in Süd Kurdistan gibt es wo anders mehr Öl als in Kirkuk. Kurdistan wird
demnächst die "Schweiz des Orients". Die bewaldeten Berge, wasserreichen
Flüsse und Täler mit ihren Bodenschätzen würden den Kurden Wohlstand
bringen.
Natürlich kann man die Bodenschätze ohne Wissen nicht aus Tageslicht
bringen. Deshalb versuchen die Kurden mit allen Mitteln, eine neue
Generation zu erziehen, die weltlich und westlich orientiert ist. Viele
Wissenschaftler, die in Deutschland, Europa und in der USA ausgebildet sind,
wurden eingesetzt, um das Land voran zu bringen. Man findet diese Leute in
den Universitäten, in der Politik und in der freien Wirtschaft. Ich
betrachte Kurdistan als ein Land, das schnell hoch kommen kann.
Obwohl der Irak durch die Angriffe islamischer Terroristen von einer
Stabilität noch weit entfernt ist, herrscht in Kurdistan Ruhe und Ordnung.
Nachdem es in Kurdistan sehr viele in Deutschland ausgebildete Akademiker
gibt und hier im Lande 700.000 Kurden leben, die die deutsche Mentalität
kennen, könnten deutsche Firmen leichter nach Kurdistan expandieren. Da
unter Saddam das Land eine Ruine wurde, gibt es dort einen Markt in alle
Richtungen.
Die deutsche Politik ist den Kurden einiges schuldig, weil sie die
diktatorischen Regimes, die die Kurden unter sich aufgeteilt hatten, stets
unterstützt hat. Die berühmte deutsche Außenpolitik 3B- Berlin, Belgrad,
Bagdad- hat die Kurden vollkommen übersehen. Dank der USA wurde der Irak von
der Tyrannei befreit und Mesopotamien, das einst die Geburt der Zivilisation
der Menschheit war, wird demokratisiert. Die Kurden werden Garant für
Demokratie und Säkularismus sein und für ein stabiles Land in Frieden und
Freiheit stehen. Jetzt ist im Nahen Osten an den Kurden vorbei keine Politik
möglich.
hagalil.com 21-03-2005 |