Insbesondere für den deutschen Markt:
Arisch lesen
Des Grazer Leopold Stocker Verlag
erweitert sich und bringt unter der Marke Ares rechtsextreme Literatur auf
den Markt.
Von Franz Übleis, Wien
Jungle World 10 v.
09.03.2005
"Kreuzstichmuster im Jahreslauf", "Gams- & Steinwild" und
"Der erfolgreiche Imker": Mit hausbackenen Büchern dieser Art hat sich der
in Graz ansässige Leopold Stocker Verlag eine Leserschaft vor allem im
ländlichen Raum Österreichs und Deutschlands erarbeitet. Dass sich auch das
Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands (DÖW), eine
Beobachtungsstelle für rechtsextreme Umtriebe in Österreich, für die
Aktivitäten des Verlags interessiert, hat damit jedoch nichts zu tun.
Denn neben den beschaulichen Handbüchern fürs breite Publikum
publiziert der Verlag seit seiner Gründung im Jahr 1917, wie das DÖW
formuliert, "rechtsextreme bzw. von Rechtsextremen verfasste Literatur". Und
zwar so erfolgreich, dass er seit Ende Januar zusätzlich mit dem Ares Verlag
aufwartet, einem neuen Angebot für einschlägig interessierte Leserinnen und
Leser, einem Forum für das "anspruchsvolle Sachbuch und
politisch-historische Titel auf wissenschaftlichem Niveau".
Die ersten Bücher von Ares zeigen bereits die Richtung, in
die es gehen soll. Da wäre der Klassiker "Die konservative Revolution" von
Armin Mohler und Karlheinz Weißmann zu nennen. Zum Tode des bekennenden
Faschisten Mohler im Jahr 2003 ließ der Verleger Wolfgang Dvorak-Stocker in
der Frankfurter Allgemeinen Zeitung mit Weißmann und anderen eine
Todesanzeige von "Freunden und Schülern" schalten.
Caspar von Schrenck-Notzings "Charakterwäsche" aus dem Jahr
1965 erscheint bei Ares als "erweiterte Neuausgabe". Das Buch bezeichnet die
Reeducation Deutschlands durch die USA als "Umerziehung", das Wort ist
mittlerweile ein Kampfbegriff der rechtsextremen Szene. John Philipp Rushton
hingegen teilt die Menschen gerne in "Weiße", "Negroide" und "Mongoloide"
ein und ist mit dem Band "Rasse, Evolution und Verhalten" vertreten. Weitere
Buchtitel lauten: "Multikulturalismus und die Politik der Schuld" von Paul
Eward Gottfried und "Der Untergang des britischen Empires. Roosevelt –
Churchill und Amerikas Weg zur Weltmacht".
Insbesondere für den deutschen Markt sei die Neugründung
wichtig gewesen, heißt es in einer Presseerklärung des Verlags zum Auftritt
von Ares. In Wirklichkeit ist Ares weniger eine Neugründung als vielmehr
eine neue Marke, unter der ein seit langem etablierter Zweig des
Verlagsprogramms fortgesetzt und offensiver als bisher vermarktet werden
kann.
Der Verleger Wolfgang Dvorak-Stocker, ein Enkel des
Verlagsgründers, pflegt eifrig Kontakte zur rechtsextremen Szene. 1997
übernahm er dem DÖW zufolge zehn Prozent der Anteile an dem Wochenblättchen
Zur Zeit, bei dem Jörg Haiders früherer Berater, Andreas Mölzer,
Chefredakteur war. Im Jahr 2002 war Dvorak-Stocker Referent der deutschen
Gesellschaft für freie Publizistik, der "bedeutendsten rechtsextremistischen
Kulturvereinigung" in Deutschland, wie sie der Verfassungsschutz bezeichnet.
Unter Dvorak-Stockers Geschäftsführung habe sich die vom Stocker Verlag
herausgegebene Zeitschrift Neue Ordnung in den vergangenen Jahren "von einer
rechtskonservativen Zeitschrift zu einem Brückenbauorgan zum
Rechtsextremismus verwandelt", erläutert das DÖW. Im vorigen Jahr habe man
darin u.a. einen Jubelartikel über den rumänischen Faschisten Corneliu
Codreanu lesen können.
Das politische Klima hat sich in Österreich offensichtlich so
verändert, dass die Truppe um Dvorak-Stocker sich nun traut, in die
Offensive zu gehen, und gezielt neue Kunden sucht. Stocker erfreut sich auch
der offiziellen Anerkennung seines verlegerischen Schaltens und Waltens
durch die von der konservativen Österreichischen Volkspartei (ÖVP) regierte
Steiermark. Seit der dortige Landtag im Jahr 1992 einstimmig beschloss, den
Verlag zum 75. Jubiläum mit dem Landeswappen auszuzeichnen, klebt der
steirische Panther auf dem Verlagsgebäude und auf der Internetseite des
Verlags.
Dagegen konnten auch die Grünen in der Steiermark nichts
ausrichten. Ein im vorigen Jahr eingebrachter Antrag, "betreffend Versagung
der öffentlichen Anerkennung für den Leopold Stocker Verlag durch das Land
Steiermark", in dem sie detailliert die Publikationen des Verlags zitierten
und die Aktivitäten des Verlegers in der rechten Szene darlegten, wartet
seit nunmehr fast einem Jahr im zuständigen Verfassungsausschuss auf
Beachtung. "Es kann doch nicht sein, dass jemand mit solchem Gedankengut
diese Auszeichnung führen darf und dadurch auch wirtschaftlich gegenüber
Mitbewerbern profitiert", sagte die grüne Abgeordnete Edith Zitz auf einer
Pressekonferenz. Es kann aber doch sein.
Vertreter anderer österreichischer Parteien haben mit dem
Gedankengut, das der Verlag verbreitet, weniger Probleme. Das legen
zumindest die Fotos von Veranstaltungen des Verlags nahe, die er auf seiner
Homepage präsentiert. Konservative wie Andreas Khol, der ehemalige Klubchef
der ÖVP und derzeitige Parlamentspräsident mit einem gewissen Faible für
Ordnungsrufe für die rot-grüne Opposition, oder Andreas Unterberger,
ehemaliger Chefredakteur der Tageszeitung Die Presse und großer Anhänger der
blau-schwarzen Regierung, sind darauf zu sehen. Auch der Industrielle Georg
Mautner Markhof, ein Autor des Verlags, der ehemals in der Freiheitlichen
Partei Östereichs (FPÖ) aktiv war, überrascht auf diesen Seiten kaum, ebenso
wenig wie Karl von Habsburg-Lothringen.
Kurt Scholz hingegen ist seit dem Jahr 2001 als
"Sonderbeauftragter der Stadt Wien für Restitutions- und
Zwangsarbeiterfragen" für die Entschädigung von Zwangsarbeitern zuständig.
Er war anwesend bei einer Buchpräsentation des Verlages, den er wohl noch
aus seiner Zeit als Präsident des Wiener Stadtschulrates kennt, denn Stocker
hat eine Reihe von offiziell approbierten land- und forstwirtschaftlichen
Schulbüchern im Programm. Wien wird von der Sozialdemokratischen Partei
Österreichs (SPÖ) regiert.
Alles in allem kann man daran sehen, wie in Österreich mit
den rechten Rändern des politischen Spektrums verfahren wird.
Rechtsextremisten als Schulbuchverleger – eine Geschichte, wie geschaffen
für die Feier zum 60. Geburtstag der Zweiten Republik.
hagalil.com 10-03-2005 |