Von Karl Pfeifer
Wer sich mit der entstandenen Querfront zwischen
"Antiimperialisten" (AIK) und Rechtsextremisten auseinandersetzt, bekommt
oft genug heuchlerische "antifaschistische" Erklärungen der AIK
entgegengehalten bzw. es wird auf eine wirkliche oder angebliche jüdische
Großmutter verwiesen. Doch wer AIK-Texte anschaut, dem entgeht nicht die
Ähnlichkeit mancher ihrer "Argumentationen" mit rechtsextremer Agitation.
Zum Beispiel: "Gestern in Italien, Heute im Irak die gleichen
Verbrechen, der gleiche Widerstand" ("Yesterday in Italy, Today in Iraq the
same crimes, the same resistance") ein Text der am 17.2. auf der Homepage
der AIK erschienen ist, interessanterweise lediglich in englischer und
italienischer Sprache.
Tatsächlich vergleichen die Autoren die italienischen
Widerstandskämpfern gegen die deutsche Besetzung ihres Landes mit den
Terroristen im Irak, die hauptsächlich gegen die eigene Bevölkerung kämpfen,
dabei nicht davor zurückschrecken, Menschen vor laufenden Videokameras zu
enthaupten. Die italienischen Widerstandskämpfer haben sich für Demokratie
eingesetzt, während die Terroristen im Irak sich gegen demokratische Wahlen
gewandt haben. Niemals haben italienische Widerstandskämpfer versucht die
eigene Infrastruktur zu vernichten, im Gegenteil sie haben alles getan, um
sie für das Nachkriegsitalien zu bewahren. Sie haben die Demontage
italienischer Fabriken durch die deutschen Besatzer verhindert. Die
irakischen Terroristen hingegen ermorden ihre eigenen Landsleute und
sprengen die Infrastruktur des Landes in die Luft. Die italienischen
Widerstandskämpfer haben sich auch nicht vor Kirchen, vor betenden Menschen
in die Luft gesprengt, wie das die Vorbilder der AIK im Irak vor Kirchen und
Moscheen tun.
Die AIK-Autoren wiederholen schamlos die rechte Mantra:
"Bereits während des Zweiten Weltkrieges haben die Anglo-Amerikanischen
Armeen grauenhafte Verbrechen begangen, durch Flächenbombardierung, welche
Millionen Zivilisten vernichtet hat, insbesondere in Deutschland und
Italien, nicht zu erwähnen Hiroschima und Nagasaki, wo die Amerikaner, das
größte Kriegsverbrechen aller Zeiten begingen, sogar Atombomben benützten
obwohl Japan schon auf den Knien lag. Hitlers Plan einer totalen
Weltbeherrschung ist der gleiche Plan den die USA bis jetzt befolgt. Wo
immer sie hinkamen, die Sternenbannerarmeen, haben sie eine unendliche
Blutspur hinterlassen." (1)
Der anklagende Verweis auf Kriegsverbrechen der Alliierten und
die in diesem Zusammenhang gebräuchliche Apostrophierung der
Flächenbombardements gegen deutsche Städte als Verbrechen hat eindeutige
Funktionen. Die deutschen Kriegsverbrechen und die im Nürnberger
Hauptkriegsverbrecher-Prozess und in vielen Nachfolgeverfahren unter der
Gerichtsherrschaft einzelner Staaten der Alliierten gegen Eliten des
NS-Regimes, Politiker, Ärzte, Industrielle, SS-Anführer und
KZ-Wachmannschaften etc. verhandelten Verbrechen gegen die Menschlichkeit –
organisierter Mord, Sklaverei, Raub – sollen relativiert und marginalisiert
werden. Damit soll die Querfront mit Faschisten, Neonazi und
Rechtsextremisten gefestigt werden. Es ist auch kein Wunder, dass die
Rechtsextremisten und Neonazi in gewissen Gebieten der ehemaligen DDR
Erfolge erzielen können, hauen sie doch weiter in die
völkisch-nationalistische Kerbe der "Deutschen Demokratischen Republik", die
das Flächenbombardement insbesondere der Stadt Dresden zur Propaganda gegen
die "Anglo-Amerikaner" ausgenützt hat.
Manches, was jetzt aus der völkisch-linken Ecke kommt, legt man
zunächst beiseite, weil es einem ekelt, das zu lesen. Und so habe ich ein
paar Wochen verstreichen lassen, bis ich mich mit dem am 28. Januar in der
"Jungen Welt" erschienenem Kommentar "Post-Antifaschismus - Zum
Auschwitz-Gedenktag" von Werner Pirker auseinandersetze, der am 15. Februar
von der AIK auf ihrer Homepage veröffentlicht wurde.
Der Nationalbolschewik Pirker: "Es waren aber nicht »die
Deutschen«, die - bei aller Mittäterschaft - den Judenmord und andere
kolossale Naziverbrechen im Kollektiv zu verantworten haben, sondern die
monopolkapitalistischen Eliten des »Dritten Reiches«. Und das war mehr als
bloß eine Clique." Kein seriöser Historiker behauptet pauschal, "die
Deutschen" hätten die Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes zu
verantworten. Aber die abgedroschene stalinistische Propaganda, dass die
"monopolkapitalistischen Eliten" die Verbrechen allein zu verantworten
haben, widerspricht allen Erkenntnissen ernsthafter Geschichtsschreibung.
Die marxistischen Historiker Kurt Pätzold und Manfred
Weißbecker schreiben: "Wenn unter Volkspartei eine politische Partei
verstanden wird, die ihre Mitglied- und Wählerschaft aus allen Klassen,
Schichten und Gruppen der Bürger eines Staates gewinnt und dies zu einem
erheblichen prozentualen Anteil an der Gesamtbevölkerung, dann verdient
keine andere Partei in der deutschen Geschichte diese Kennzeichnung in
solchem Maße wie die NSDAP. Sie übertraf – vor allem nachdem sie sämtlichen
Rivalen und Gegnern das Existenzrecht per Staatsgesetz entzogen und sich das
Monopol gesichert hatte – alle bis dahin agierenden Parteien durch die Zahl
ihrer Mitglieder bei weitem. Und sie wies eine extrem heterogene soziale
Struktur auf. In ihren Reihen (und unter ihren Wählern) konnten die Inhaber
und Direktoren von Banken und Industriewerken ebenso angetroffen werden wie
Bankboten und Hofarbeiter. Ihr Mitgliedsbuch besaßen Adlige und
Großgrundbesitzer ebenso wie Kleinbauern und Gutsknechte. Zwar wich die
soziale Zusammensetzung der NSDAP zu allen Zeiten von jener der Bevölkerung
des Reiches beträchtlich ab und die sogenannten Unterschichten waren in ihr
mit einem geringeren Anteil vertreten, als sie ihn an der Gesamtbevölkerung
besaßen. Aber unter dem Hakenkreuz fehlte keine Klasse, Schicht oder Gruppe
der Deutschen." (2)
Kein seriöser Historiker entlastet "die Großkonzerne von ihrer
Verantwortung", doch lediglich sie für die Verbrechen verantwortlich zu
machen, war ein bequemes Mittel der kommunistischen Führung der DDR, um von
der Tatsache abzulenken, dass das Naziregime bis zum letzten Moment mit der
Zustimmung der Bevölkerung (Ehre den wenigen Ausnahmen) rechnen konnte. Die
DDR verstand sich als das gute, edle Deutschland, das sich dem in Bonn an
der Macht befindlichen bösen entgegenstellte. Untermauert wurde dies
dadurch, dass man das Wort Nationalsozialismus durch "Faschismus" ersetzte
und postulierte dieser sei "in der allgemeine Krise des Kapitalismus sich
entwickelnde politische Bewegung und staatliche Herrschaftsform, zu der die
reaktionärsten Teile des Monopolkapitals Zuflucht nehmen, wenn ihre
Klassenherrschaft nicht mehr mit den Methoden der bürgerlichen Demokratie
aufrechterhalten werden kann."(3) Demzufolge, sind die Ursachen der
NS-Diktatur nicht in den Besonderheiten der deutschen Geschichte, sondern in
einer allgemeinen Krise des Kapitalismus zu suchen. Zur Bewältigung der
"faschistischen" Vergangenheit war es also nur notwendig, den Kapitalismus
zu beseitigen und die Junker zu enteignen.
Pätzold und Weißbecker schreiben weiter: "Die Politik der
Führungsgruppe um Hitler und der von ihr dirigierte Einsatz der NSDAP
kennzeichnen diese als bürgerliche Partei. Zugleich wurde schon früh
erkannt, dass die NSDAP innerhalb des herkömmlichen Parteienspektrums einen
neuen Typ verkörperte. Dies zeigte sich an der Art und Weise, mit der sie
ihre Mitglieder für die Gewinnung und später der Behauptung der Macht
einsetzte. Das wurde an der Skrupellosigkeit und Brutalität deutlich, mit
der sie ihre Gegner bekämpfte, vor Terror, Totschlag und Mord nicht
zurückschreckend. Das ließ sich an ihrer Frontstellung gegen Aufklärung und
Humanismus ebenso erkennen wie an ihren in Wort und Schrift offen und
massenhaft verbreiteten menschenfeindlichen, national- und
rassenchauvinistischen Lehren und insbesondere auch an der Propagierung
eines mörderischen Antisemitismus. Und das war – last but not least – an
Inhalt und Methoden ihrer sozialen Demagogie ablesbar, die das Versprechen
einer beispiellosen Revolution und eines aus ihr hervorgehenden
solidarischen Zusammenlebens der Deutschen einschlossen. Dass das Wesen und
die Ziele dieser Partei lange im Dunkeln gelegen hätten, war eine spätere
und tatsachenwidrige Behauptung, entsprungen aus dem Bedürfnis nach
Selbstrechtfertigung. Auch in einer Zeit, als die "Konturen von Auschwitz"
sich noch nicht abzeichneten, waren Grundsätze, Vorhaben und Zielstellung
dieser Partei doch für jeden abstoßend genug, der sich immer begründeten
humanistischen Ideen und Gefühlen der Menschlichkeit verpflichtet fühlte."
(4)
Pirker setzt seine Anführungszeichen ironisch bei den Begriffen
Antifaschismus, Nationalsozialismus und Volksgemeinschaft und entlarvt sich
dabei selbst. Es ist eine Ungeheuerlichkeit wenn im Lande Möllemanns,
Walsers und Hohmanns, Pirker den "neuen alten Eliten" unterstellt, sie
würden "dann auch noch mit dem besten antifaschistischen Gewissen der
Gesellschaft ihren asozialen und zunehmend undemokratisch werdenden Diskurs
aufzwingen." Und es kommt noch der demagogische in eine Frage gekleidete
Hammer von Werner Pirker: "Sozialabbau als Strafe für den Holocaust?"
Das könnten die Antikapitalisten der NPD nicht besser
ausdrücken.
Anmerkungen: