Der deutsche Bundespräsident Horst Köhler hat heute an einer
Sondersitzung der Knesseth teilgenommen und seine im Vorfeld viel
diskutierte Rede gehalten. Köhler überraschte seine israelischen Gastgeber
mit einer hebräischen Einleitung. "Kwod haNasi", sehr geehrter Herr
Präsident, begann Köhler und verursachte einige Sekunden der Verwirrung und
schließlich anerkennendes Nicken. Nach einigen Worten der Begrüßung bedankte
sich Köhler in hebräisch für die Möglichkeit, in der Knesseth zu sprechen
und fuhr schließlich auf deutsch fort.
In den vergangenen Tagen habe er eine Reise zurückgelegt, eine
Reise von Auschwitz über Berlin nach Jerusalem. In Auschwitz sei er zu den
Feierlichkeiten der Befreiung mit Überlebenden der Schoah durch das Tor
gegangen, sie haben ihm, dem Deutschen, bei diesem Weg geholfen. Von
Auschwitz kehrte er nach Berlin zurück, in jene Stadt, von wo aus die Schoah
geplant und durchgeführt wurde und die heute wieder Hauptstadt Deutschlands
ist.
Köhler betonte die wichtige Bedeutung der politischen
Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus. Gleichzeitig müsse man jedoch
auch Vertrauen in die deutsche Demokratie haben. Die goldene Kuppel der
Synagoge in der Oranienburger Straße gehöre heute genauso unverrückbar ins
Stadtbild Berlins wie die Kuppel des Reichstages, von der aus man das
Mahnmal für die ermordeten Juden sehen kann, mitten im Herzen der Stadt.
Nach 40 Jahren diplomatischen Beziehungen gäbe es viele Gründe,
sich über den Erfolg zu freuen, so Köhler weiter. Gemeinsam könne man noch
Vieles erreichen. Deutschland könne den Innovationswillen Israels als
Vorbild sehen.
Für eine gesicherte Zukunft sei jedoch Frieden nötig. Viele
Israelis fragen sich heute, so Köhler, ob sie jemals in Frieden leben
werden. Er glaube nicht, dass man in Deutschland die beständige Bedrohung
verstehen könne, die Angst, die der tagtägliche Begleiter auf der Weg zur
Arbeit im Bus ist. "Ich komme zu Ihnen aus Sderot", berichtete Köhler, jene
Stadt, die durch die Bedrohung der Kassam Raketen in ständiger Todesangst
lebt. Er hoffe, dass Sderot zum Symbol der Hoffnung werde. Sicherheit und
Wohlstand in Europa seien untrennbar mit der Region des Nahen Osten
verbunden, nicht nur auf Grund der nachbarschaftlichen Nähe, die sich durch
die EU Aufnahme Zyperns, das so nah an Israel liegt, ergeben hat.
"Ich danke, dass ich vor Ihnen sprechen durfte", schloss der
deutsche Bundespräsident seine Rede.
Köhler reagierte mit seiner hebräischen Einleitung auf die
Diskussionen, ob es legitim sei, im israelischen Parlament auf deutsch zu
sprechen. Seine Vorredner Reuben Rivlin, Vorsitzender der Knesseth,
Ministerpräsident Ariel Scharon und der Vorsitzende der Opposition, Tommy
Lapid, hatten jeweils auf die Frage Bezug genommen. Köhler komme als "echter
Freund", so Rivlin, und als solcher hat sich der Bundespräsident mit seiner
Rede auch bewiesen.