Von Alexandra Cohen
Vergangenen Mittwoch zeigte das Magazin "Zeitspiegel" des
"Bayerischen Fernsehens" einen Bericht über braune Traditionspflege im
Münchner Jagdmuseum. Der Bericht von Jutta Henkel brachte zum Vorschein,
dass dort "Jagdtrophäen" von Hermann Göring zu sehen sind. Das Jagdmuseum in
München liegt in der Fußgängerzone im Stadtzentrum und wird von einer
Stiftung betrieben, an dem das Landwirtschaftsministerium und die Stadt
München beteiligt sind. Jährlich lässt sich die Stadt München das Ganze
45.000 Euro kosten. An der schönsten beinahe kathedralen Stelle des Museums
hängen Hirschgeweihe, die der zweitmächtigste Mann des dritten Reiches,
Hermann Göring, geschossen hat.
Der Massenmörder Göring, von dem der Chef des RSHA im Juni 1941
den Befehl erhielt, die "Endlösung der Judenfrage" vorzubereiten, war damals
auch "Reichsjägermeister". Mit keinem Wort wird im Museum auf die Person des
Schützen Göring eingegangen, es wird nur erwähnt, wann, wie und wo Hermann
Göring das Wild erlegte. Die Jagd benützte Göring in der Zeit des
Faschismus, um sich als redlicher jovialer Sportsmann und Schütze zu
verkaufen. Unzählige "Wochenschauberichte" zeigten damals den
"Reichsjägermeister" in Aktion. Diese Tradition scheint das Münchner
Jagdmuseum ungebrochen fortzusetzen. In der ehemaligen Kirche wird das
Andenken an Hermann Göring bewahrt.
"Ein Mann in seiner Zeit"
Der Leiter des Museums verteidigte gegenüber dem Zeitspiegel die
Ausstellungspraxis. Er sagte u.a.: "Sie müssen Göring in seiner Zeit sehen,
er ist halt auch ein Bestandteil der Jagdgeschichte". Der Museumsdirektor
trennte also den Massenmörder Göring vom Jäger Göring und bedient sich dabei
objektiv moderner Geschichtsrevisionisten, die am Nazismus bekanntermaßen
immer mehr "gute Seiten entdecken". Dem wichtigsten Mitarbeiter Görings in
der ehemaligen "Reichsjägerei" sang der Museumsleiter geradezu eine Hymne.
Er erklärte auf die Frage, warum auch Geweihe des Herrn Frevert
undokumentiert gezeigt würden und diesem im letzten Jahr sogar eine
Sonderausstellung gewidmet wurde: "Herr Frevert hat wertvolle Verdienste in
Sachen Hundezüchtung vorzuweisen".
Die Logik solcher Gedanken könnte zu dem Schluss führen, auch den Ärzten
von Dachau und Auschwitz zu gedenken. Es lässt sich mit Sicherheit irgendein
geschichtsentsorgender medizinischer Fachidiot finden, der den Herrschaften
fachliche Verdienste zuordnet. Es verwundert nicht, dass im Jagdmuseum
München dem Münchner "Miniaturgöring" Christian Weber gedacht wird. Dieser
ehemalige Rausschmeißer gab einen der ersten Leibwächter Hitlers und durfte
später als Münchner Ratsherr ein protziges Leben führen. Weber nannte sich
"Jagd- besessen" und als "Jäger" wird er auch im Museum abgehandelt.
Eine Provokation
In der Sendung forderte ein Professor, "Schluß zu machen mit
dieser Darstellung". Der Bericht stellte auch die Frage, wie es denn mit dem
offiziell propagierten Kampf gegen Rechts bestellt sei, wenn gleichzeitig
Exponate von Hermann Göring zur Schau gestellt würden. Zur
Ausstellungspraxis im Münchner Jagdmuseum wollte weder ein Vertreter des
Landwirtschaftsministeriums, noch Oberbürgermeister Ude Stellung beziehen.
Der Journalist Max Brym sagte in der Sendung: "Von meinen von den Nazis
ermordeten Angehörigen ist weder ein Grab, noch ein Bild oder eine Haarlocke
übrig geblieben. Aber die Geweihe des braunen Massenmörders Göring werden
zur Schau gestellt. Das ist eine ungeheuerliche Provokation."