Von Ulrich W. Sahm
Hochgesteckte Erwartungen in den "Friedensgipfel" von Scharm A Scheich
sind fehl am Platze. Die Ägypter werden der Welt ein perfekt inszeniertes
Schauspiel von Hoffnung, Einvernehmen und Frieden präsentieren. Israel und
die Palästinenser werden einander Ruhe und Gewaltfreiheit schwören.
Jordanien und Ägypten werden wohl ankündigen, ihre Botschafter nach Tel Aviv
zurückzuschicken. Die wurden auf dem Höhepunkt der Intifada abgezogen, aus
Protest gegen israelisches Vorgehen.
Aber das alles darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Gipfel
lediglich den Friedensprozess feierlich anschieben soll. Denn die großen
Aufgaben stehen erst noch bevor. Niemand kann garantieren, dass es keinen
großen Anschlag mehr geben wird. Täglich fassen die Israelis
Selbstmordattentäter mit Sprengstoffjacken auf dem Weg nach Jerusalem.
Einmal ist es ein 15-jähriger Junge, gestern war es eine Frau aus Nablus.
Täglich müssen frisch gelegte Bomben im Gazastreifen entschärft werden. Und
es sterben weiterhin schwerbewaffnete Palästinenser, die nach
palästinensischen Angaben nur von Beth Hanoun nach Gaza wollen, von
israelischen Soldaten aber erschossen werden, während sie den Grenzzaun in
Richtung eines Kibbuz in Israel überwinden. Wohl aus guten Gründen wurde
wegen schlimmster Befürchtungen die Jerusalemer Polizei in höchste
Alarmstufe versetzt. Der israelische Geheimdienst befürchtet sogar ein
Attentat auf Mahmoud Abbas.
Die zarte Blume der Friedenshoffnung in Nahost kann durch die kleinste
Unaufmerksamkeit abgeknickt werden. Auch Missverständnisse und schlechte
Stimmung sind nicht auszuschließen, wenn etwa die Palästinenser völlig
unrealistisch jetzt schon eine Freilassung aller ihrer Gefangenen fordern
und die Israelis wegen schlechter Erfahrungen so sehr geizen, dass es
Mahmoud Abbas den Kragen kosten könnte.
Der Gipfel in Ägypten ist zu begrüßen. Er setzt ein Zeichen und kann
helfen, die Extremisten in die Schranken zu weisen. Er fordert Israelis wie
Palästinenser heraus, jetzt schnell und zügig aufeinander zuzugehen, um den
erneuten Friedensprozess in seiner kritischen Anfangsphase Konturen gewinnen
zu lassen. Doch stellt der Gipfel nur einen Anfang dar, noch längst nicht
das Ende des Weges.