Rückzug:
Ein historischer Schritt
Ein Kommentar von Ulrich W. Sahm, Jerusalem, 20. Februar 2005
Mit ihrem "historischen" Beschluss zum Rückzug aus Gaza und dem Norden
des Westjordanlandes hat die israelische Regierung eine fast vierzig Jahre
andauernde Ära beendet. Der erste Schritt wurde schon vor zehn Jahren getan,
als Israel die PLO anerkannte und alle arabischen Städte sowie Teile des
Gazastreifens an die Palästinenser übergab. Doch die Osloer Verträge sahen
einen Verbleib aller israelischen Siedlungen vor. Schlimmer noch: mit dem
Segen und der Unterschrift Arafats durften die Israelis nun
palästinensisches Privatland enteignen, um die besetzten Gebiete mit
"Siedler-Umgehungsstraßen" in einen Flickenteppich zu verwandeln.
Ausgerechnet der "Vater der Siedlungspolitik", wie Scharon genannt wird,
schaufelte der ideologischen Siedlungspolitik das Grab. Damit hat Scharon
einen ersten Schritt getan. Weder Jitzhak Rabin noch Schimon Peres oder Ehud
Barak wagten es vor ihm.
Der "Sicherheitszaun" ist zudem das untrügliche Zeichen für die Aufgabe
weiterer Siedlungen in der Zukunft. Israels Regierung hat am Sonntag auch
über den "korrigierten" Verlauf des Zaunes abgestimmt. Das Bollwerk rückt
näher an die "Grüne Linie" (die Waffenstillstandslinie von 1949, von den
Palästinensern als künftige Staatsgrenze beansprucht), schlägt aber
Siedlerstädte und Siedlungsblöcke auf die israelische Seite des Zaunes. Etwa
sieben Prozent des Westjordanlandes sollen bei Israel bleiben. Dafür werden
die Palästinenser eines Tages für ihren von Präsident Bush und Scharon
versprochenen Staat ein zusammenhängendes Gebiet ohne Siedlungen erhalten.
Ob es dazu kommt, hängt zunächst von Scharon ab, ob er den Abzug der Siedler
ohne Blutvergießen und Bürgerkrieg vollbringt. Alles weitere hängt von
Mahmoud Abbas ab und seiner Fähigkeit, den palästinensischen Terror gegen
Israel zu beenden. Denn solange die Israelis Angriffe befürchten müssen,
werden sie allein aus "Sicherheitsgründen" nicht auf ihre Kontrolle über das
Westjordanland verzichten wollen.
hagalil.com
20-02-2005 |