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Jungle World 7 - 16. Februar 2005
URL: www.jungle-world.com/seiten/2005/07/4931.php

Fällt die Mauer?

Seit zehn Jahren informiert Hagalil über jüdisches Leben. Der Online-Dienst ist ein Bollwerk gegen Rassismus und Antisemitismus. Nun droht ihm das Aus.

von markus ströhlein

»Im Moment sieht es zappenduster aus.« Die Stimmung bei Andrea Livnat, einer der Macherinnen von Hagalil, ist, gelinde gesagt, gedrückt. Denn Hagalil, Europas größtes deutschsprachiges Internetmagazin zum Judentum, steht vor dem finanziellen Aus. Weitere Fördergelder aus dem Programm »Entimon – gemeinsam gegen Gewalt und Rechtsextremismus«, das vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des so genannten Aufstands der Anständigen initiiert wurde, werden von der zuständigen Stelle verweigert.

Dabei hatte es sich bei der Sicherung weiterer staatlicher Zuschüsse im Oktober 2004 nur um eine vermeintliche Formalie gehandelt. Die Betreiber von Hagalil waren wegen anhaltender Differenzen mit ihrem Förderverein Tacheles reden e.V. übereingekommen, die Trägerschaft für die Beantragung und Verwaltung der Fördergelder einem anderen Verein, haGalil e.V., zu übergeben. Bis dahin hatte sich Tacheles reden e.V. um das so genannte Interessenbekundungsverfahren gekümmert, mit dem das Ministerium beziehungsweise Entimon die Bewerber um Zuschüsse ausgewählt hatte. Die Beamten meldeten bei der Frage eines Trägerwechsels damals keinerlei Einwände an. Jetzt hat sich die Lage ins Gegenteil gewendet. Sven Olaf Obst, der zuständige Referent im Ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, hat die mit der Verwaltung betraute Servicestelle angewiesen, den Trägerwechsel grundsätzlich abzulehnen.

Die Realität hinter all dem Bürokratensprech ist bitter. Kein Träger, keine Zuschüsse. Keine Zuschüsse, kein Hagalil. Eine Einigung zwischen Tacheles reden e.V. und Hagalil, um so zum Zustand vor dem geplanten Trägerwechsel zurückzukehren, ist nicht möglich. Tacheles reden e.V. hat mittlerweile die Zusammenarbeit per Einschreiben für beendet erklärt.

Man scheint nicht weiterzukommen. Die Behörde verschanzt sich hinter Vorschriften. Neben der Problematik des Trägerwechsels verweist man im Ministerium auch darauf, dass Tacheles reden e.V. nicht Hagalil, sondern »haOr – Licht. Bildung gegen Antisemitismus« als zu unterstützendes Projekt angegeben habe. Das ist richtig. Doch ein Blick in die Projektbeschreibung von haOr genügt, um die Verknüpfung mit Hagalil augenfällig zu machen: »Ziel des Projekts ›haOr – Licht. Bildung gegen Antisemitismus‹ ist auch im Jahr 2004 die Sicherung und der Ausbau der redaktionellen Tätigkeit von Hagalil.« Die Förderung von haOr schloss also die Förderung von Hagalil implizit ein.

Ins Feld führen die Beamten um Dr. Obst auch die vermeintliche Kommerzialität des Internetmagazins. Als Beweismittel dienen auf der Seite platzierte Werbebanner. Dass Reklame reich macht, kann Livnat jedoch nicht bestätigen: »Die Werbeeinnahmen durch Banner sind minimal und haben beispielsweise 2004 nicht annähernd die Prozesskosten abgedeckt, die völlig unerwartet auf uns zukamen.« Prozesse mussten geführt werden, weil die Berichterstattung von Hagalil es nicht immer jedem Recht macht.

Dass das Internetportal auch Feinde hat, merkten nicht nur die Betreiber. In einem Gespräch im Herbst 2003 mit David Gall, einem der Herausgeber von Hagalil, wies Dr. Obst darauf hin, dass keines der über 3 000 bisher von Entimon geförderten Projekte in Zuschriften so heftig angegriffen werde wie Hagalil. Die Menge an Hate-Mails war auch der Grund für die damalige Bitte Obsts, jegliche Verweise auf Entimon und das Bundesministerium von den Internetseiten zu tilgen.

Das Problem, vor deutschnationalen Kreisen den Advokaten für ein jüdisches Internetmagazin spielen zu müssen, hat sich für Dr. Obst mit der Beendigung des Projekts haOr nun erledigt. Hagalil steht jedoch vor dem wohl größten Problem seit seiner Gründung. Die vorhandenen Mittel reichen noch bis März 2005. Die dann zu erwartende finanzielle Not mit Spenden auszugleichen, scheint für Livnat illusorisch. Denn anders als viele ihrer bisherigen Gesprächspartner im Ministerium vermuteten, stünden hinter Hagalil keine »reichen jüdischen Gönner«.

Ehrenamtlich und ohne finanzielle Förderung wird die umfangreiche Arbeit des Internetmagazins nicht möglich sein. Seit der Gründung im Jahr 1995 gelang es den Betreibern, ein massives Gegengewicht zum antisemitischen und nazistischen Angebot im Internet zu schaffen und Judenhasser, Revisionisten und sonstige Hasspropagandisten von den höheren Rängen der Suchmaschinen zu verdrängen. Im Jahr 2004 wurden ungefähr 3 500 Artikel veröffentlicht. Die Chaträume waren 1 800 Stunden geöffnet. In den Büros in München und Tel Aviv wurden 2 200 Anrufe angenommen. Von 4 000 bei Hagalil gemeldeten Internet-Seiten mit potenziell strafbarem antisemitischem oder volksverhetzendem Inhalt wurden 120 zur Anzeige gebracht. Wie wirksam die Berichterstattung sein kann, zeigte 2003 unter anderem der Fall Martin Hohmann, auf den zuerst Hagalil aufmerksam machte.

Von den momentan 237 von Entimon geförderten Projekten befassen sich zwar einige mit Antisemitismus, Hagalil ist jedoch das einzige, das an effektiven Gegenstrategien zu rechter Propaganda im Internet arbeitet. »Hundert Seiten Wahrheit gegen jede NS-Seite«, dieses Prinzip wird, auch wenn die Betreiber von Hagalil ihren Dienst keinesfalls einstellen wollen, ohne staatliche Finanzierung nicht aufrechtzuerhalten sein. Dann könnten in Fragen jüdischen Lebens wieder das Nationaljournal, das Deutsche Kolleg und Horst Mahler die Definitionsmacht im Internet übernehmen.

hagalil.com 17-02-2005

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