Österreich:
"Alle Macht dem Stammtisch"?
Neonazi Franz Radl jun. tritt für die Gemeinderatswahl 2005 in Fürstenfeld
an
Von Karl Pfeifer
Der 1967 geborene Franz Radl ist kein unbeschriebenes Blatt. 1990 beim
letzten Versuch österreichischer Neonazis, legal bei einer Wahl mit einer
Liste "Nein zur Ausländerflut" (NA) anzutreten, kandidierte auch Franz Radl.
Der Verfassungsgerichtshof hatte in einem Urteil vom 26. Februar 1991 die
Nichtzulassung dieser Liste bei Nationalratswahlen unter anderem wie folgt
begründet:
"Ebendies für die NSDAP geradezu typische programmatische Ziel aber machte
die einschreitende wahlwerbende Gruppe – wie ihre Parteibezeichnung ("Nein
zur Ausländerflut" NA) in Verbindung mit der die angestrebte Kandidatur
begleitenden Wahlwerbung zeigt – in deutlicher Anlehnung an die
hetzerisch-rassistischen Parolen der Nationalsozialisten zu ihrem
ausschließlichen Wahlprogramm, das sich einem (wenn auch teilweise
kulturpolitisch verbrämten) biologisch-rassistischen Volksbegriff anhängend,
im Kern in – Prinzipien und Postulate der "Rassentrennung" preisenden und
verherrlichenden – fremdenfeindlichen Schlagworten nach Art der
NS-Propaganda erschöpft."
Ende September 2001 wurde ein Flugblatt mit Radls Adresse veröffentlicht, in
dem es heißt:
"Dieser Kreis [von hohen Beamten in Justiz und Exekutive] ist seit längerem
darüber informiert, dass Israel radioaktiv bestrahlte und mit in Österreich
nicht zugelassenen Chemikalien 'sonderbehandelte' Nahrungsmittel nach
Österreich exportiert. [...] Das Nicht-Einschreiten der Beamten erscheint im
Zusammenhang damit, dass ebendieser informierte Personenkreis seit Jahren
bemüht ist, an Israel geübte Kritik mit Hilfe des NSDAP-Verbotsgesetzes zu
verfolgen und mit bis zu 20 Jahren Freiheitsstrafe zu bedrohen, als
vorsätzlich und damit strafbar als Verbrechen des Missbrauches der
Amtsgewalt (§ 302 StGB). Der Verdacht, dass die betreffenden Beamten -
darunter Richter und Staatsanwälte - im Interesse einer fremden Macht tätig
waren und sind, ist nicht von der Hand zu weisen." (Neues von ganz rechts
www.doew.at, Okt. 01)
Im Januar 2004 meldete die gleiche Quelle: "Der steirische Neonazi Franz
Radl, enger Vertrauter des flüchtigen Holocaust-Leugners Gerd Honsik, wurde
von der Arbeitsgemeinschaft für demokratische Politik (AFP) mit dem
"Ehrenzeichen für Verdienste um Volk und Heimat" ausgezeichnet. Über das
"Silberne AFP Abzeichen" darf sich Rene Lang vom Förderwerk "Junge Familie"
(Marchtrenk/OÖ) freuen. Das Förderwerk entstand im Umfeld der
neonazistischen Volkstreuen Außerparlamentarischen Opposition (VAPO) und
verfügt über engste Kontakte zum Bund Freier Jugend (BFJ). Zuletzt
veranstaltete das Förderwerk gemeinsam mit dem BFJ und der
AFP-Oberösterreich am 20. Dezember eine "Wintersonnwendfeier". Im Sommer
2000 wollte das Förderwerk gemeinsam mit bayrischen Neonazis in Freilassing
gegen den "Österreich-Boykott" der EU angesichts der
FPÖ-Regierungsbeteiligung demonstrieren, was jedoch von den deutschen
Behörden verboten worden war (Neonazi-Grenzverkehr)."
Radl – in einem Anfall von Größenwahn – tritt nun nicht nur für die lokale
Wahl, sondern gleich "zur Rettung der Welt" an. Und er stellt sich das so
vor: "Rückkehr zum Vaterland. Raus aus dem fremdbestimmten 'europäischen'
Vielvölkerstaat."
Laut Radl schützt nur das Vaterland
"a) die Arbeit des Bauern vor tödlichen Importen von Korn und Fleisch
b) die Arbeit des Arbeiters vor Import von Billigarbeitskräften
c) die Arbeit des Unternehmers vor Enteignung und feindlicher Übernahme
d) Regierung, Presse und Kunst vor Zwangsverpflichtung im Dienst von Lüge
und Fremdherrschaft".
Die ersten drei Punkte weisen auf den Wunsch Radls hin, in Österreich die
Autarkie einzuführen. Österreicher esst österreichische Orangen und Bananen!
Punkt d wurde im Parteiprogramm der NSDAP vom 25. Februar 1920 so
formuliert:
"23. Wir fordern den gesetzlichen Kampf gegen die bewusste politische Lüge
und ihre Verbreitung durch die Presse. [...] Zeitungen, die gegen das
Gemeinwohl verstoßen, sind zu verbieten. Wir fordern den gesetzlichen Kampf
gegen eine Kunst- und Literatur-Richtung, die einen zerstörerischen Einfluß
auf unser Volksleben ausübt und die Schließung von Veranstaltungen, die
gegen vorstehende Forderungen verstoßen."
Dieses NSDAP Programm forderte auch: "11. Abschaffung des arbeits- und
mühelosen Einkommens. Brechung der Zinsknechtschaft."
Neonazi Radl formuliert so: "Aufstand wider die Zinsschuld. Entschuldung und
Zinsverbot – das heißt Arbeit für alle. Nach sechzig Jahren der
Hochkonjunktur und des angeblichen Reichtums sind unsere Staaten veramt. Die
Staatsschuld unbezahlbar. Warum? Durch den Zinsbetrug. Christentum und Islam
verbieten den Zins. Geld kann keine Jungen kriegen. Jeder Zins, der höher
ist als die Geldentwertung, ist ein Verbrechen wider die Naturgesetze und
wider die Menschheit.
Entschuldung der Welt durch Entlarvung des Weltbetruges."
Ohne das Wort Jude, jüdisch zu schreiben ist die Richtung klar, implizit den
Juden alles Übel zu unterstellen, denn ihre Religion verbietet nicht das
Zinsnehmen. Immerhin hat Adolf Hitler nicht nur nicht den Zins abgeschafft,
sondern sich von den größten Zinsnehmern, den deutschen Banken unterstützen
lassen. Das Postulat den Zins abzuschaffen ist nicht nur irreal, sondern
schlichtweg unsinnig.
Doch Radl begnügt sich nicht damit, er fordert dazu auf, die ÖVP-FPÖ
Koalitionsregierung zu ermuntern, "sich mit Hilfe des Volkes die Macht
zurückzuholen, die sie an die Globalisten verspielt hat!" Dankenswerterweise
bringt er diese Forderung auch auf den Punkt: "Alle Macht dem Stammtisch."
Doch Träume von Autarkie und antisemitische Auslassungen sind nichts ohne
Ausländerfeindlichkeit:
"Das Eindringen von Wirtschaftsflüchtlingen in unsere zusammenbrechende
Sozialsysteme heißt 'Asylpolitik'."
Als langjähriger Neonazi greift er die seriösen österreichischen Historiker
an: "Obwohl Leopold Figl meinte, daß Österreich erst 1955 befreit wurde,
siedeln unsere 'Zeitgeschichtler' die Befreiung 1945 an." Und der
Holocaustleugner und Wiederbetätiger Radl pro domo: "Warum? Wer
Geschichtslügen aufdeckt, läuft Gefahr, als 'Extremist' vor Gericht gestellt
zu werden."
Sicher kein Zufall, wenn gerade fünf Jahre, nachdem die rechte ÖVP mit der
FPÖ – in der es von rechtsextremistischen Politikern nur so wimmelt – eine
Regierungskoalition geschlossen hat, Franz Radl es wagt sich mit einem
Neonaziprogramm zur Wahl zu stellen.
Franz Radl ist militanter Kämpfer gegen "rassische Vermischung" und hat die
Demokratie öffentlich als "jüdisch-freimaurerisches Verbrechersystem"
attackiert. Er hat unter anderem die neonazistische Schülerzeitung "Gäck"
herausgegeben, die vor Schulen verteilt wurde. In ihr fanden sich
Textstellen wie diese: "Nur das Beste für unsere Ausländer! Sportpistole
'Hermann Göring' trifft jeden Turban auf 30 Meter Entfernung, wird mit 3-cm
Dum-Dum Geschossen geladen und gehört in jeden Schulranzen." Radl gab an für
Honsiks Wiesenthal-Hetzschrift "Schelm und Scheusal" den Ghostwriter
gespielt zu haben.
Für das Buch des arabischen Holocaustleugners Ahmed Rami "Zuerst nach
Casablanca" besorgte er Satz und Lektorat.
Auf Seite 4 ist Ahmed Rami mit dem verstorbenen gerichtsnotorischen Neonazi
Otto Ernst Remer abgebildet. Das Buch ist "gewidmet dem Andenken des im
spanischen Exil verstorbenen Generalmajors a.D. Otto Ernst Remer, des
Freundes des palästinensischen Volkes, der seit der Niederlage Deutschlands
im Zweiten Weltkrieg als persönlicher Freund des Großmuftis von Jerusalem
und als Berater Präsident Nassers im Sinne seiner Vision von der
deutsch-arabischen Freundschaft gelebt und gewirkt hatte."
Franz Radls Programm deckt sich zwar nicht wortgleich mit dem 25 Punkte
Programm der NSDAP, kann aber als eine modernisierte Version dieses gesehen
werden. Wir finden in ihm massiven Antisemitismus, Ausländerfeindlichkeit,
Chauvinismus und soziale Demagogie. Es bleibt abzuwarten, ob im von der
österreichischen Bundesregierung zum "Gedankenjahr" erklärten 2005, Radls
Liste genehmigt wird.
hagalil.com
24-01-2005 |