Stephan Braun warnt vor Verharmlosung der NPD:
"Mehr als nur Protest"
Die Erfolge rechtsextremistischer
Parteien bei den Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen sind ein
deutliches Alarmsignal für die deutsche Demokratie. "Ich warne
ausdrücklich davor, dieses Wahlergebnis als reinen Protest abzutun",
kommentiert Stephan Braun, Sprecher der SPD-Fraktion für
Verfassungsschutzangelegenheiten und Fragen des Extremismus, das
Ergebnis.
"Der Begriff Protestwähler verharmlost das
Problem. Immerhin ist in Deutschland ein stabil zweistelliger Prozentsatz
der Bevölkerung anfällig für rechtsextremes Gedankengut. Es stehen zwar
nicht hinter jeder Stimme für die NPD rechtsextreme Motive - bei dem größten
Teil ihrer Wähler aber leider doch."
Der Abgeornete Landtag von Baden-Württemberg warnt auch davor, die NPD als
politische Organisation zu verharmlosen: "Wer NPD wählt, gibt seine Stimme
der dienstältesten Neonazipartei Deutschlands. Sie steht für extremen
Rassismus, Nationalismus und Autoritarismus in Reinkultur. Ihre Mitglieder
sind bekennende Rassisten und Antisemiten, sie glorifizieren den
Nationalsozialismus und predigen eine Ideologie der Ungleichheit." Im
Gegensatz zu anderen Rechtsaußenparteien sei die NPD äußerst straff
organisiert und greife auf die Konzepte der NSDAP zurück: "Einkreisung der
Städte durch das Land, Kampf auf der Straße, Kampf um die Köpfe und nun auch
wieder Kampf im Parlament."
Braun geht davon aus, dass der Erfolg der NPD in Sachsen das
Selbstbewusstsein der extremen Rechten stärken werde. Die politische
Großwetterlage mache es ihnen dabei leicht, mit wirklichkeitsfremden
Versprechungen auf Stimmenfang zu gehen. "Wir müssen jetzt deutlich machen,
dass die Extremisten außer platten Parolen inhaltlich nichts zu bieten
haben".
Das Problem sei aber keineswegs auf den deutschen Osten begrenzt, meint der
Rechtsextremismusexperte. Auch in Baden-Württemberg versuchen seinen Worten
nach Organisationen wie die Jungen Nationaldemokraten, derzeit massiv
Mitglieder zu werben. Diese laden im Internet zu obskuren Mittelalterfesten,
auch zu Feierstunden rechtsextremer Zeitungsverlage oder zur Teilnahme am
Rudolf-Hess-Gedenkmarsch ein.
Vor allem die szenentypische Musik diene oft als Einstiegsdroge in die
rechten Cliquen. Dabei schrecken die Extremisten nicht einmal davor zurück,
ihre Hörproben an Schulhöfen zu verteilen. So sollte in diesem Sommer eine
bundesweit propagierte "Aktion Schulhof" mit der Verteilung von
RechtsRock-CDs beginnen. Die Aktion konnte jedoch durch die
Aufklärungsarbeit der Verfassungsschützer und engagierter Bürger verzögert
werden. Die Internet-Domain "aktion-schulhof.de"
reservierte sich kurzerhand der Onlinedienst haGalil und leitete Anfragen
auf ein Aufklärungsangebot für Schüler und Pädagogen.
Braun hat mit einer parlamentarischen Initiative auf die Gefährlichkeit der
rechtsextremen Werbekampagne und die massive Aktivität der rechten
Musikszene in Baden-Württemberg hingewiesen. Im letzten Sommer fand in
Schwetzingen das größte Skinhead-Konzert der vergangenen Jahre statt. Die
Zahl solcher Musik-Events ist hierzulande innerhalb eines Jahres um das
Zweifache gestiegen. "Das ist in der Tat ein Grund zur Beunruhigung. Wir
dürfen dem rechten Treiben nicht tatenlos zusehen", so Braun.
MdL
Stephan Braun ist u.a. Sprecher der SPD-Fraktion für
Verfassungsschutzangelegenheiten und Fragen des Extremismus, er ist
Mitglied im Medienrat der Landesanstalt für Kommunikation (LfK) und dort
Mitglied im Medienpädagogischen Ausschuss, er ist Mitglied im Vorstand
der Landesakademie für Jugendbildung und einer von drei
gleichberechtigten Vorstandsmitgliedern der Gesellschaft zur Förderung
der Aktion Jugendschutz Landesstelle Baden-Württemberg.
hagalil.com
14-01-2005 |