"Nein, ich werde sie jetzt nicht zum Einwandern nach
Israel auffordern...!" Es war im großen Saal einer alt-Prager Kneipe, der
Botschafter Israels stand auf der Bühne, eingerahmt von einem
Gummischneemann und einem Weihnachtsbaum, der Ort der Chanukkafeier des
Sochnut, unweit der Prager Burg. Alsbald ertönten israelische Volkslieder
aus der Stereoanlage und das anwesende Völkchen raste im Ringelreihen auf
der Tanzfläche umher.
Die Bracha zum Anzünden der Chanukkakerzen ertönte aus dem
Verstärker, ein Kippaträger wirbelte über die Holzbretterbühne, Maos Zur
wurde gemeinsam gesungen und auf den Tischen, rund um die Tanzfläche, gab es
reichlich Krapfen zum Verzehr, wie sich das gehört.
Einen Abend vorher hatte man das Vergnügen, sich vor dem
Rudolphinum, gleich neben der Moldau, an der großen Chanukkia zu versammeln.
Chabad Lubawitsch führte dort die Regie. Es war hübsch kalt, schwere
Smogwolken drückten auf die Stadt und Israels umtriebiger Botschafter hatte
nicht nur den Schal sondern auch die Handschuhe vergessen, als er seine
geübten Worte ins Mikrophon sagte. Der Leiter der Chabadniks mühte sich auf
der Arbeitsbühne in luftiger Höhe damit ab, die Kerze Nummer drei zum
Brennen zu überreden. Trotz der passenden Segenssprüche spielte die Technik
nicht mit. Ein protziges Feuerwerk, im Hintergrund vom Moldauufer
abgefeuert, lenkte die Aufmerksamkeit der zahlreich frierenden Anwesenden
ab, als der virtuose Trompetenbläser das Maos Zur spielte, ständig von
Raketenknallern unterbrochen.
Den Wettkampf um die größte Chanukkia hatte Jerusalem
gewonnen, doch in Europa mühen sich sämtliche Außenstellen der Chabadniks
damit ab, die beinahe größten Leuchter in die Lokalpresse zu bringen. Der
Leuchter in Zürich am besten Platz neben dem Limmat, in München am
Jakobsplatz vor dem neuen Gemeindezentrum, und nun der Leuchter in Prag,
unmittelbar neben der Moldau und vor dem Rudolphinum. Es werden Plätze von
großer Publikumswirksamkeit aufgesucht, um dort jene atemberaubend
hässlichen Konstruktionen aufzustellen und den Nichtjuden vorzuführen, dass
auch in ihrer Mitte wieder jüdische Gemeinden leben und wirken.
Die Juden von Prag hätten diese Zurschaustellung nicht
nötig, zumal das Prager jüdische Leben durch seine große Vergangenheit
weltweit gut bekannt ist, doch die örtlichen Chabadniks müssen vorführen,
dass sie nicht müßig sind und die von ihnen eingenommenen Spendengelder gut
angelegt werden. So blinzelte der Besucher in das grelle Licht des
Fernsehscheinwerfers, als er zusehen wollte, wie der Arbeitsbühnenchabadnik
mit seiner Aktion gegen den Leuchter stößt, diesen umwirft und die eng
beieinander stehenden Gäste unter sich begräbt. Nun, dies geschah dann doch
nicht. Man sang etwas, vergrub die Hände in den Manteltaschen, hielt nach
alten Bekannten Ausschau und versuchte alsbald sich in einem nahen Lokal mit
einem Glas Tee wieder aufzuwärmen.
Prag zu Chanukka besitzt eine Sonderstellung. Es kommen
Israelis als Gäste auf der Suche nach den alten Spuren des Judentums in
Europa, aber auch, um sich eventuell wegen einer Wohnung im
judenfreundlichen Ausland umzusehen. Es kommen Touristen und werden
selbstverständlich ins Judenviertel geführt, welches rund um die Altneuschul
auf die Neugierigen wartet. Bei dieser Gelegenheit sollte man also gleich
die Chanukkafeier am großen Leuchter "mitnehmen". Der Rahmen der
Chanukkafeier gewinnt nicht unbedingt dadurch an Stabilität, dass in Prag,
wie überall in der westlichen Welt, die Tage des großen Umsatzes gefeiert
werden. Noch ist Chanukka keine Geschenkvorwandsfeierlichkeit. Dieses Fest
wird eher im Schatten des Holocaust instrumentalisiert, wobei die
Gelegenheit mit dem großen Leuchter auf einem öffentlichen Platz für
Aufmerksamkeit zu sorgen, günstig scheint.
Man lenkt ab von Israel und den Schwierigkeiten mit seinen
Arabern und kehrt zurück zu jüdischen Werten, die außerhalb des nationalen
Gedankens angesiedelt scheinen. Nun, der Schein trügt! Zu Chanukka wird der
Besatzung des Heiligen Landes durch die Hellenen gedacht, des Widerstandes
der Makkabäer, der Zwangslage, die damals in Palästina herrschte. Das Wunder
mit dem Öllicht, welches länger leuchtete, als erwartet, mag aber auch
darauf hindeuten, dass quer durch die gesamte Geschichte des jüdischen
Volkes Wunder dafür sorgten, den Untergang zu vermeiden. So entstand nach
der geplanten Vernichtung der Juden durch die Nazis der Judenstaat, um eben
dieses Volk zu neuem Aufblühen zu verhelfen. Und alsbald erklärt sich der
weise Spruch, wonach kein Realist sei, wer nicht an Wunder glaubte.
In Prag war von den Nazis geplant, eine Stätte der
jüdischen Lebenswelten -nach deren Auslöschung- zu etablieren. Im
Umkehrschluss mag darauf hingewiesen sein, dass es in Antiquariaten immer
wieder gelingt, deutsche Literatur mit dem Hackenkreuz aufzutreiben.
Gleichwohl ist nicht beabsichtigt, in der tschechischen Hauptstadt ein
Museum nazistischer Kulturgüter einzurichten, eher schon mag man ein
merkwürdiges Nebeneinander dieser so gegensätzlichen Ausrichtungen finden.
Ein Buchladen alter und aktueller Literatur zum Judentum, unweit der
Altneuschul weist zusammen mit der lebhaften jüdischen Gemeinde eben darauf
hin. Literatur aus der Zeit von 1930 bis 1946 mit eindeutiger Orientierung
wird sich nur demjenigen öffnen, der die Zeit mitbringt, ausführlich in
verborgenen Antiquariaten zu suchen. So gesehen stellt die erregierte
Chanukkia am Moldauufer den Status Quo auch gegenüber demjenigen klar, der
immer noch der braunen Zeit in Europa nachtrauert. Diese Symbolik beweist
jedoch auch ihre eigene Notwendigkeit im Kontext der frisch aufkeimenden
antisemitistischen Tendenz im Europa unserer Tage.
Chanukka in Prag sollte für praktizierende Juden, die den
Sprung nach Israel nicht wagen wollen, eine Pflichtübung mit Nachwirkung
werden. Immerhin gilt der Mechanismus einer Lebensversicherung auch im Falle
der Beziehung Israels zu seiner Diaspora: Es mag der Genuss den Höhepunkt
erreichen, wenn man sich die Versicherungssumme noch zu Lebzeiten auszahlen
lässt.
Was dies bedeutet sollte klar sein:
Ab nach Eretz Israel !
Mosche Ivgi über Chanukah,
Israel und die freie Welt:
Gekommen bin ich aus Neugierde Moshe Ivgi, wurde vor allem als Kinostar
weltbekannt. In Israel ist er auch als Schauspieler am Theater und im
Fernsehen bekannt und geschätzt. Zahlreiche Preise sind Ausdruck der
Anerkennung seines Schaffens im In- und Ausland. Ivgi, der immer wieder zu
gesellschaftspolitischen Themen befragt wird, sprach zu Chanukah mit Yoav
Bernstein über Spiritualität und ihre Auswirkungen auf die Probleme Israels
und der freien Welt...
In der Mitte der Stadt, am Jakobsplatz, treffen sich am 6. Dezember um 18.00
Uhr jüdische und nichtjüdische Bürger, um sich zusammen zu freuen und das
Lichtfest zu feiern...
Die Zeit der Enthüllung: Licht für die Völker der
Welt
Ich bin mir der Ängste vor einem neuen Krieg und vor der
iranischen Atombombe bewusst, doch wir haben nichts zu befürchten, wenn wir
unsere Pflicht tun und der Welt die Korrektur bringen. Keine der
Schreckensvisionen muss real werden, weder für uns noch für den Rest der
Welt. Doch wir müssen begreifen, dass eine glückliche Zukunft von uns
abhängt. Wir haben eine Aufgabe für die wir "auserwählt" wurden. Die Torah
fordert uns dazu auf, "ein Licht für die Völker" zu sein...
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