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Prozess gegen Chirac-Attentäter:
Maxime Brunerie zu 10 Jahren Haft verurteilt

Der 27jährige von 1997 bis 2002 bei rechtsextremen Gruppen aktiv

Von Bernhard Schmid, Paris

Der Herrenmensch ist ein armes Würstchen: Diesen Eindruck hinterließ der fünftägige Prozess gegen den verhinderten Attentäter Maxime Brunerie, der am vorigen Freitag zu Ende ging. Am Freitag Abend wurde der ehemalige rechtsextreme Aktivist zu 10 Jahren Haft verurteilt; die Staatsanwaltschaft hatte 6 bis 8 Jahre Haft gefordert.

Brunerie hatte am 14. Juli 2002, dem französischen Nationalfeiertag, am Rande der Militärparade aus 100 Metern Entfernung auf Präsident Jacques Chirac geschossen, war jedoch schnell durch Umstehende entwaffnet worden. Dabei hatte er die Waffe gegen sich selbst zu kehren versucht, war jedoch nicht zur Selbsttötung gekommen. Nach eigenen Angaben wollte er durch seinen ­ missratenen - Akt vor allem "in die Geschichte eingehen", dabei aber bewusst auch sein eigenes Leben verlieren.

War Maxime Brunerie zum Tatzeitpunkt zurechnungsfähig? Diese Frage hatten sich die Berufsrichter und Geschworenen sowie die von ihnen berufenen psychiatrischen Experten zu stellen. Ja, der damals 25jährige war vollauf zurechnungsfähig, wenngleich sein Urteilsvermögen "beeinträchtigt" war: Zu diesem Schluss kam der zuerst befragte Experte, Michel Dubec, der Brunerie bereits zwei Tage nach seinem Tatversuch untersucht hatte. Das Gegenteil vertrat der zweite Spezialist, Christian Gay, der bei dem Angeklagten eine "Schizophrenie" entdeckt haben wollte. Doch sein Auftritt vor dem Gericht machte einen denkbar schlechten Eindruck: Er hörte sich an, als leiere er ein auswendig gelerntes und nur mäßig beherrschtes Fachbuch herunter. Blieb die dritte Expertenanhörung, zu der dieses Mal ein Psychologenteam gebeten wurde.

Im Namen des dreiköpfigen Teams konstatierte Daniel Zagury, man habe bei Brunerie "geradezu eine Wörterbuchliste von Komplexen" ausfindig machen können. Doch könne von Pathologie im klinischen Sinn keine Rede sein; Brunerie sei zu Verständnis und Einsicht befähigt. Man finde bei ihm ähnliche Züge wie bei "Mördern großer Persönlichkeiten", die durch ihren Akt "ihr missratenes Leben rächen und es in ein Fanal, einen letzten großen Akt verwandeln wollten". Von einem missratenen Leben kann bei Brunerie tatsächlich die Rede sein. Im Alter von 25 Jahren lebte dieser, mit mehr oder weniger misslungenen Studium und sich mit freudlosen Minijobs herumschlagend, im Reihenhaus seiner Eltern im Pariser Umland. Der Vater sagte vor Gericht wörtlich aus: "In der Familie redeten wir nicht miteinander". Er will weder von der seit fünf Jahren anhaltenden Betätigung seines Sohnes in rechtsextremen Gruppen noch von seinen psychischen Nöten das Geringste bemerkt haben. Daneben fand Brunerie, der bis zu einer Operation im Alter von 18 Jahren schielte, keinen Anklang beim anderen Geschlecht; die Experten bescheinigten ihm "Jungfräulichkeit". Zuletzt verliebte er sich in eine Neonazi-Aktivistin, die jedoch nichts davon erfuhr; seine Verzweiflung wuchs. In der Gruppe wollte Brunerie, ähnlich wie in einem Wolfsrudel, Halt finden: "In der Masse" des rechtsextremen Fußball-Fanblocks beim Pariser Club PSG, sagte er vor Gericht aus, "lösten sich meine Probleme auf".

Insofern hatte seine Betätigung in rechtsextremen Gruppen, von Skinheadkreisen über die militante Neonazigruppe Unité Radicale (die infolge von Bruneries Tatversuch am 6. August 2002 verboten wurde) bis zum pseudo-respektablen Mouvement national républicain MNR (National-republikanische Bewegung), für den Brunerie zu den Kommunalwahlen von 2001 in Paris kandidierte, auch tief in seiner Person verankerte Gründe. Doch kann Bruneries Tatentschluss nicht auf rein individuelle Ursachen reduziert werden. So hatte er vier bis sechs Wochen vor dem Attentatsversuch begonnen, von seinen Plänen zu reden und seine Ersparnisse für Geschenke an die Gesinnungskameraden auszugeben. Ein MNR-Aktivist, der ehemalige Deutsche Bernard Gujerell, der durch seinen Dienst in der Fremdenlegion eingebürgert wurde, ließ Brunerie auf seinem Grundstück in der Bourgogne schießen üben, obwohl er ihn heute als "durchgeknallt" bezeichnet.

Der Security-Angestellte Cyril Bozonnet, der zusammen mit seiner Ehefrau Mathilde ­ Parteisekretärin beim MNR ­ vorab in Bruneries Pläne eingeweiht war und ihnen keinen Glauben schenkte, erklärte vor Gericht, er habe in jenen Wochen "bestimmt 50 mal gehört: Man muss Chirac umlegen". Jenem 14. Juli ging die Präsidentschaftswahl um zehn Wochen voraus. In ihrem ersten Wahlgang hatte der rechtsextreme Kandidat Jean-Marie Le Pen ein unerwartet hohes Wahlergebnis erhalten - doch im entscheidenden zweiten Wahlgang wurde er von Amtsinhaber Chirac haushoch geschlagen, während es täglich Demonstrationen gegen Le Pen gab. Die Aktivisten des MNR, dessen Kandidat Bruno Mégret magere 2 Prozent neben Le Pen erhalten hatte, wurden durch diese Niederlage der extremen Rechten ­ die dennoch bei 17 Prozent der Stimmen blieb ­ doppelt ernüchtert und frustriert. In diesem Klima, in dem manche illusionäre Hoffnung rechtsextremer Aktivisten platzte, verlor die extreme Rechte die Kontrolle über einzelne unter ihnen. In dieser Periode fasste auch Brunerie seinen Entschluss. Insofern ist seine Tat nicht nur das Produkt individueller Probleme.

Heute betreut ein rechtsextremes "Hilfskomitee für europäische Gefangene" den Häftling Brunerie. Es steht den so genannten "Identitären" nahe, die in anderer organisatorischer Form die nach Bruneries Tat 2002 verbotene Vereinigung "Unité Radicale" fortsetzen. In ihrem "Bloc identitaire" sind laut eigenen Angaben rund 500 Aktivisten (das wären so viele wie in den Reihen der verbotenen Unité Radicale) organisiert; die französische Presse schätzt ihre Mitglieder auf die Hälfte davon.

hagalil.com 12-12-2004

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