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Al Manar-TV:
Aus für Hizbollah-Kanal in Frankreich?

Frankreich diskutiert über das Verbot von Al Manar-TV. Dem Fernsehsender der libanesischen Hizbollah wird antijüdische Hetze vorgeworfen. Der Sender strahlt seit vier Jahren nach Frankreich aus.

Von Bernhard Schmid, Paris

Die guten Vorsätze hielten vier Tage lang. Nein, die Rede ist nicht von den anstehenden Neujahrsvorsätzen, sondern von den Selbstverpflichtungen, die sich der arabischsprachige Fernsehsender Al-Manar TV für die Ausstrahlung auf französischem Staatsgebiet auferlegt hatte. Keine antijüdische oder antisemitische Hetze mehr sollte es geben, hatte der Sender versprochen. Vier Tage lang hielt er sich daran.

Al Manar bedeutet "der Leuchtturm", und der gleichnamige Fernsehsender wird durch die libanesisch-schiitische Hizbollah ("Partei Gottes") betrieben. Durch die in Tunis ansässige Sendestation Arabsat werden seine Programme digitalisiert und per Satellit übertragen. Über den französischen Satellitenbetreiber Eutelsat kann er, als einer von insgesamt zehn bei Eutelsat beherbergten arabischen Sendern, auch auf französischem Staatsgebiet empfangen werden.

Al Manar-TV überträgt seit nunmehr vier Jahren nach Frankreich, am Anfang ohne Kontrolle seiner Programme. Doch der für die Beobachtung der Medien auf rechtswidrige und andere problematische Inhalte zuständige Oberste Fernsehrat CSA (Conseil supérieur de l¹audiovisuel) in Frankreich schlug im vorigen Jahr Alarm.

In Deutschland, wo Al Manar-TV ebenfalls empfangen werden kann, taucht der Sender in den Berichten der Verfassungsschutzämter auf. In Frankreich kritisieren die jüdischen Organisationen wie der Zentralrat CRIF seit einem Jahr, dass der Sender trotz antisemitischer Skandale weitersenden durfte.

Im Jahr 2003 sandte der Hizbollah-Sender eine Fernsehserie unter dem Titel Asch-Schatat (ungefähr: Die Diaspora) aus. Die Serie in 30 Teilen ist im Wesentlichen die Verfilmung der berüchtigten "Protokolle der Weisen von Zionen", jenes Klassikers der antisemitischen Fälschungen, der im Russland des frühen 20. Jahrhunderts durch die zaristische Geheimpolizei fabriziert und später durch die deutschen Nazis zu Propagandazwecken eingesetzt wurde. In der zwanzigsten Episode wird die Zuschauerin beispielsweise Zeugin eines vorgeblichen Ritualmords von Juden an einem christlichen Kind, der angeblich dazu dient, aus seinem Blut Matzen zu backen.

In einer anderen Folge wird ein "Talmudisches Strafgericht" inszeniert, das der Darstellung zufolge einen Mann bestrafen soll, der ein Verhältnis zu einer nichtjüdischen Frau unterhalten hatte. Das "talmudische Gericht" straft ihn, in dem ihm die Nase zugehalten und der Mund mit siedender Flüssigkeit gefüllt wird; ihm werden die Ohren abgeschnitten und der Hals aufgeschlitzt.

Gerichtsprozesse gegen Al Manar-TV

Der CSA erstattet daraufhin zwei Strafanzeigen, die durch die Staatsanwaltschaft an den Conseil d¹Etat ­ das oberste Verwaltungsgericht ­ weiter verwiesen werden, dessen Urteil am 20. August dieses Jahres fällt. Mittlerweile ist dem Conseil d¹Etat, durch ein Gesetz vom 9. Juli 04, die Zuständigkeit für das eventuelle Verbot von Fernsehsendern auf französischem Staatsgebiet erteilt worden. Bis dahin konnte der Fernsehrat (CSA) ihnen noch selbst die Zulassung verweigern oder entziehen, was er im vorigen Jahr auch in einem Falle ­ dem des kurdischen Senders Medya TV, dem seine Nähe zur verbotenen PKK vorgeworfen wurde ­ unternahm.

Die obersten Richter fordern in ihrem Urteil, dass Al Manar-TV unter strenge Auflagen gestellt wird. Durch eine bis spätestens zum 1. Oktober abzuschließende Vereinbarung, deren Verletzung den Entzug der Sendelizenz nach sich ziehen kann, soll der Sender eine vertragliche Verpflichtung gegenüber dem Fersehrat eingehen. Nach einigen Verhandlungen gibt die Aufsichtsbehörde dann grünes Licht, um Al Manar-TV wieder in Frankreich auf Sendung gehen zu lassen.

Das geschah am 19. November. Doch am 23. desselben Monats werden dem CSA erneute Verstöße des Hizbollah-TV gegen das französische Fernsehgesetz von 1986, das unter anderem "jedwede Aufstachelung zum Hass, insbesondere aufgrund der Religion oder der Nationalität" verbietet, gemeldet. In einer Presseschau hatte Al Manar-TV einem "Experten für zionistische Angelegenheiten" das Wort erteilt, der frei von der Leber weg schwadronierte: "Der zionistische Feind versucht durch seine Warenexporte in arabische Länder ansteckende Krankheiten und Epidemien wie etwa AIDS zu verbreiten." Die Anklänge an übelste Weltverschwörungstheorien sind überdeutlich.

Damit war das Ende der Fahnenstange erreicht, und vielen französischen Politikern ist mittlerweile die "Toleranz" gegenüber dem Sender zu weit gegangen. Vertreter der Konservativen wie der damalige Wirtschaftsminister Nicolas Sarkozy, der Außenpolitikexperte Pierre Lellouche oder der Christdemokrat François Bayrou fordern ebenso das Verbot solcher Hetze wie führende sozialistische Politiker, darunter Parteisprecher François Hollande. Eine Wochenzeitung der jüdischen Community, Actualité juive, publizierte am vorigen Donnerstag (2. Dezember) eine ganzseitige Petition für das Verbot von Al Manar-TV.

Auch die antirassistischen Organisationen gingen auf die Barrikaden und sind sich dieses Mal einig: Die LICRA (Ligue contre le racisme et l¹antisémitisme, Liga gegen Rassismus und Antisemitismus), die eher die jüdische Community vertritt, und die sozialdemokratische Vereinigung SOS Racisme wissen sich in ihrer Verurteilung mit dem MRAP (Mouvement contre le racisme et pour l¹amitié entre les peuples, Bewegung gegen Rassismus und für Völkerfreundschaft; ehemals KP-nahe), der eher die Interessen arabischstämmiger Immigranten repräsentiert, einig. Ansonsten klaffen ihre Ansichten, etwa über den Nahostkonflikt, oft deutlich auseinander, was eine universalistische Mobilisierung gegen Rassismus und Antisemitismus in Frankreich in den letzten drei bis vier Jahren erschwert hat. Doch dieses Mal ziehen die LICRA, die von ihrer "tiefen Besorgnis" spricht, und der MRAP ­ "infame antisemitische Botschaften" ­ am selben Strang.

Der CSA leitete ein Abmahnungsverfahren gegen den Fernsehsender ein und rief zugleich, am vorigen Donnerstag, ein weiteres Mal das oberste Verwaltungsgericht an. Dieses Mal im Eilverfahren zwecks Erlass einer einstweiligen Verfügung und mit dem erklärten Ziel, die Ausstrahlung von Al Manar-TV in Frankreich verbieten zu lassen. Die Richter werden am kommenden Samstag, den 11. Dezember entscheiden. Falls sie das Verbotsbegehren bestätigen, dann könnte der Empfang des Senders in Frankreich, falls erforderlich, durch Störsender verhindert werden.

Premierminister Jean-Pierre Raffarin verkündete zudem am 2. Dezember im französischen Senat (Oberhaus des Parlaments), dass das Gesetz über die Kontrolle von Fernsehsendern abgeändert werden solle. Demnach soll zukünftig nicht mehr allein der oberste Gerichtshof, sondern die Regierung selbst den Empfang eines (ausländischen) Fernsehkanals in Frankreich verbieten können; die Entscheidung soll demnach künftig beim Innenminister liegen. Damit wären zwar einerseits vielleicht beschleunigte Prozeduren ermöglicht, andererseits wächst auch eventuell das Risiko einer Regierungskontrolle über - genehme und nicht genehme - Programme. Das Nähere wird die Zukunft erweisen müssen.

Warum erhielt Al Manar-TV in Frankreich Sendeerlaubnis?

Unterdessen wird die Frage aufgeworfen, wie es überhaupt zu der ­ vorübergehenden ­ Zulassung des Hizbollah-TV kommen konnte. Dafür gibt es verschiedene Ursachen. Zum Einen wird die Zulassung arabischsprachiger Fernsehsender in Europa in einem Dokument, das von einem Sachverständigengremium für den damaligen EU-Kommissionspräsidenten Romano Prodi erstellt wurde, angeregt. Das im Oktober 2003 vorgestellte Papier trägt den Titel: "Der Dialog zwischen den Völkern und den Kulturen im euro-mediterranen Raum".

Dabei liegt die konservative Tageszeitung Le Figaro vom vorigen Freitag mit ihrer Bewertung, es handele sich um Naivität eines "nieder gehenden" Europa und um "Feigheit im Todeskampf (Europas)", gründlich daneben. Der Redakteur der Meinungsseite des Figaro sieht den europäischen Kontinent einer "Strategie der Islamisten, (um) ihn zu kolonisieren" gegenüber. Nichts ist falscher als das. Im Kontext einer Strategie der vorgeblichen "Partnerschaft" zwischen Europa und den Mittelmeerländern sowie den Staaten des Nahen Osten will die Union vor allem ihren wirtschaftlichen Einfluss auf die dortigen Ökonomien ausdehnen. Diese Expansionsstrategie wird jedoch in den Mantel des "Dialogs der Kulturen" verpackt. Auf diesem Wege soll vermieden werden, von Macht, Politik und Rohstoffen zu reden, um die es in Wirklichkeit geht. Im Gegenzug werden gesellschaftliche Probleme kulturalisiert, und die Einwohner der arabischen Länder wie auch die in Europa lebenden Immigranten werden in einer behaupteten "kulturellen Identität" eingeschlossen. Statt etwa muttersprachliche Programme im Rahmen der öffentlichen Fernsehanstalten vorzusehen und die Integration der Einwanderer in die allgemeine gesellschaftliche Debatte zu befördern, sollen sie eben "Heimatprogramme" empfangen. Vielleicht wird ihnen das ja auch eines Tages erleichtern, "nach Hause" zu gehen...

Darüber hinaus spielen auch besondere französische Ursachen eine Rolle. Selbstverständlich sind die Entscheidungen des Fernsehrats wie auch des obersten Gerichts eminent politische Weichenstellungen: Der Vorsitzende des Medienrats ist der konservative Politiker, Chirac-Freund und frühere Oberbürgermeister von Toulouse, Dominique Baudis. Dem Conseil d¹Etat gehören etwa qua Gesetz alle früheren Staatspräsidenten an. Es handelt sich also keineswegs um reine Expertengremien, sondern um Institutionen, die politische Beschlüsse fassen oder aber Entscheidungen der Staatsspitze legitimieren.

Französische Interessen

Frankreich ist nicht nur ein wichtiger Teilhaber an der EU-Strategie zur Errichtung einer Freihandelszone rund um das Mittelmeer, da es noch bedeutende Interessen in seinen Ex-Kolonien wie Marokko, Algerien und Tunesien aufweist. Darüber hinaus spielte Frankreich auch lange Jahre eine wichtige Rolle im Libanon, der nach dem Ersten Weltkrieg unter französischer Mandatsverwaltung ­ im Auftrag des damaligen Völkerbundes ­ stand.

Bis heute begreift Frankreich sich in dem Land mit der Zeder im Wappen als "Schutzmacht der libanesischen Christen", der Maroniten, und beansprucht darüber ein gewisses Mitspracherecht über die Geschicke des Staates in der Levante. Dort aber besitzt die schiitische Hizbollah ­ im Rahmen einer ohnehin auf allen Seiten starken Konfessionalisierung der libanesischen Gesellschaft und Politik ­ eine weithin anerkannte gesellschaftliche Legitimität.

Diese resultiert vor allem daraus, dass ihre bewaffnete Miliz im Kampf gegen die israelischen Okkupationstruppen im Südlibanon anlässlich des Krieges von 1982 entstand. Anfänglich bekämpfte die Hizbollah vor allem die israelische Armee und nicht vorwiegend Zivilisten, wobei ihr bewaffneter Arm aber in den letzten Jahren auch Angriffe (mittels Katjuscha-Raketen) auf Ortschaften im äußersten Norden Israels durchführte. Anders als die Islamisten in anderen arabischen Ländern oder die palästinensische Hamas, hat die Hizbollah auch nicht von vornherein politische Gegner wie etwa Linke militärisch niedergeschlagen. Vielmehr füllte sie im Laufe der 80er Jahre mit ihrer national-religiösen Ideologie allmählich das Vakuum, das aus dem Niedergang der libanesischen KP resultierte, die zuvor im Widerstand gegen die Präsenz der israelischen Armee und mit ihr verbündete christliche Milizen führend war. Freilich darf all dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass gleichzeitig auch das Regime der Islamischen Republik Iran von Anfang an Geburtshelfer der Hizbollah war, und über sie eine "Ausstrahlung" seines diktatorischen "Gesellschaftsmodells" suchte. Aktivisten der Hizbollah führten im Auftrag des iranischen Regimes auch Terrorakte wie die Ermordung iranisch-kurdischer Oppositioneller in Berlin im September 1992 (Stichwort "Mykonos-Attentat") durch.

Als politischer Akteur im Libanon sucht Frankreich, mit der Hizbollah ­ die 1983 bei einem Anschlag auf französische Blauhelm-Truppen im Libanon 100 Soldaten tötete - nicht offen in Konflikt zu treten. Daraus resultieren sicherlich gewisse Rücksichtnahmen, zu denen jene hinzukommen, die mit der anhaltenden Geiselhaft der beiden französischen Journalisten Georges Malbrunot und Christian Chesnot im Irak zusammen hängen. Die Hizbollah und andere islamistische Organisationen der Region verurteilten ihre Geiselnahme, die sie für strategisch sinnlos erachten - und könnten vielleicht auf jene einwirken, die die beiden Franzosen in ihrer Gewalt haben.

Ein vorläufiges Fazit

Dennoch dürfte es mit der strategisch begründeten "Toleranz" vorbei sein, falls die Richter am kommenden Samstag die Ausstrahlung von Al Manar-TV verbieten. Offen dagegen wandte sich in der vorigen Woche allein der katholische Priester und ehemalige Beauftragte der Bischöfe für den christlich-islamischen Dialog, Michel Lelong. In einem Gastbeitrag in Le Monde plädierte er, zwar seien manche Programme des Senders inakzeptabel ­ aber auch im französischen öffentlichen Fernsehen konstatiere er schockierende Sendungen über "das Christentum, die Kirche, den Papst".

Eine leicht gekürzte Fassung erschien auch in:
Jungle World v. 8. Dezember 04

hagalil.com 03-12-2004

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