"Die Geschichte der deutschen Postbank hat schon vor langer Zeit meine
Aufmerksamkeit erweckt", schreibt Sever Plotzker in "Mamon", der
Wirtschaftsbeilage der Jedioth achronoth.
Bis vor drei Jahren handelte es sich um eine bescheidene staatliche Bank,
die ähnlich zur israelischen Postbank lediglich grundlegende Zahlungsdienste
in den Postfilialen anbot. Anfang der 2000-er Jahre nabelte sie sich von der
Regierung ab, vereinigte sich zu einer Bankinstitution, erhielt die
Genehmigung, vielseitige finanzielle Dienstleistungen zu liefern
(einschließlich Bearbeitung von Wertpapieren und Rentensparverträgen), und
schließlich und endlich wurde sie auch erfolgreich an der Börse emittiert.
Diese Wende brachte die Bank an die Spitze des deutschen Bankwesens, und
ihr Marktanteil ist heute sogar größer als der der alteingesessenen
Deutschen Bank. Der Beitrag, den die Postbank zur finanziellen Atmosphäre
Deutschlands leistet, liegt jedoch nicht in ihrer Größe, sondern in ihrem
Charakter. Es ist eine riesige Bank, die sich an den kleinen Kunden richtet:
"Unsere Gebühren", erklärt Ludger Dörr, der Leiter der strategischen
Projekte der Bank, "sind wesentlich niedriger als die unserer Konkurrenten.
Wir sind schneller und unbürokratischer. Unsere Präsenz in ganz Deutschland
ist unvergleichlich - wir haben 9000 Filialen und betreuen 11,8 Millionen
Kunden. Wir sind die Bank des kleinen Bürgers".
Der Hebel, der die deutsche Postbank an die Spitze der finanziellen
Einrichtungen Deutschlands beförderte, war eine erfolgreiche Initiative des
deutschen Programmierungsunternehmens SAP, dem größten Unternehmen dieser
Art in Europa.
Wenn eine öffentliche Bank, die auf Privatisierung zustrebt, ihren Weg mit
einer Investition von Hunderten Millionen Dollar in Technologien und Knowhow
beginnt, dann könnte dies als eine Kaprice der neuen Führung erscheinen. Die
deutsche Postbank hatte jedoch keine andere Wahl. Sie hätte nicht überleben
und die Forderungen ihrer Kunden erfüllen können, wenn sie ihre
Computeranlagen nicht einer Wurzelbehandlung unterzogen hätte. „Wir
brauchten eine neue Bank-Seele“, sagt Dörr. „SAP lieferte uns diese Seele“…
Bei der Besichtigung der technologischen Revolution in der deutschen
Postbank war ich Gast von SAP. Es war regnerisch und höchst interessant. Als
ich diesen rauschenden Erfolg im konservativen Deutschland bestaunte, fragte
ich mich, was wichtiger für die Vorantreibung der Konkurrenz im israelischen
Bankwesen ist: Die Beschlagnahmung der Treuhandfonds und Rentenkassen von
den Handelsbanken und ihr Zwangsverkauf an private
Versicherungsgesellschaften- oder eine große staatliche Investition, mit der
auch unsere Postbank in eine führende und Verbraucher freundliche
finanzielle Institution verwandelt werden kann?
Die Antwort einer hohen Stelle in der Israelbank, „sowohl als auch“, gefiel
mir nicht. In der Wirtschaft gibt es kein „sowohl als auch“. Es gibt nur
Alternativen. Die Regierungsquellen sind begrenzt, und wer die eine
Bank-Reform wählt, wird eine andere nicht wählen. Und das ist schade.