Eine Installation von Wolfram P. Kastner und Peter Weismann
Am Freitag, den 19. November 2004 um 11.00 Uhr wurde vor dem
Hildebrandhaus in der Siebertstraße neben dem Eingang zur
Monacensia-Bibliothek eine Installation aus 17 Koffern aufgebaut. Das
Hildebrandhaus war 1934 -41 im Besitz von Elisabeth und Rosa Braun, die im
Sinne der NS-Gesetze als Jüdinnen deportiert und ermordet wurden, ebenso wie
15 Bewohner, denen sie Zuflucht gewährt hatten:
Elisabeth Braun,
Rosa Braun, Lilly Rosenthal, Käthe Singer, Franziska
Schmikler, Maria Schmikler wurden am 20.11.1941 nach Kaunas
deportiert und dort am 25.11.1941 ermordet.
Simon Schmikler
starb am 3.10.1941.
Getti Neumann
beging am 21.11.1941 Selbstmord.
Charlotte Carney,
geb. Lewin, wurde am 30.4.1943 in
Auschwitz ermordet.
Valerie Theumann
wurde am 3.7.1942 nach Theresienstadt
deportiert und in Treblinka ermordet.
Helene Sulzbacher,
am 14.9.1942 nach Theresienstadt deportiert, wurde in Auschwitz ermordet.
Heinemann Edelstein,
am 1.7.1942 nach Theresienstadt deportiert, wurde dort am 10.6.1944
ermordet.
Jeanette Edelstein,
am 1.7.1972 nach Theresienstadt
deportiert, wurde dort am 6.2.1943 ermordet.
Victor Behrend
wurde am 4.4.1942 deportiert.
Albert Marx.
Sophie Marx,
am 15.7.1942 nach Theresienstadt deportiert, wurde in Auschwitz ermordet.
Klara Rosenfeld,
am 10.6.1942 nach Theresienstadt deportiert, wurde am 24.3.1943 ermordet.
17 KOFFER WEISS
setzt sich künstlerisch mit der aktuellen, vielschichtigen Problematik des
Geschehenen auseinander und stellt keine historische Authentizität nach. Die
Koffer wurden ohne bestimmten Zeitbezug ausgewählt. Die Koffer sind
transparent weiß gefasst, (mit Gips) gefüllt und zu einer Skulptur
arrangiert. Durch diese Verfremdung gewinnen sie Symbolcharakter. Eine weiße
Linie auf der Siebertstraße zeigt in Richtung Kaunas.

17 KOFFER WEISS ist kein Beitrag zur
institutionalisierten Gedenk- und Mahnmalkultur, will nicht dokumentieren
und "aufarbeiten", sondern als Kunst im öffentlichen Raum die Geschehnisse
an ihrem konkreten geschichtlichen Ort thematisieren, ihre Bezüge zu heute
wahrnehmbar machen und Auseinandersetzung provozieren. (Das zuständige
Baureferat der Stadt München hat den Anfang August 2004 gestellten Antrag
auf Genehmigung von 17 KOFFER WEISS bis heute nicht beschieden. Der
Bezirksausschuss 13 befürwortet die Installation.)
Auf 17 Koffer war
das Hab und Gut der Opfer aus der Maria-Theresia-Straße 23 reduziert worden,
bevor sie gewaltsam auf die Reise ohne Wiederkehr gezwungen wurden. Von den
ermordeten Menschen blieb kaum eine Spur, aber die weitverzweigten Spuren
ihres enteigneten Hab und Gutes lassen sich bis in die Gegenwart verfolgen
und sichtbar machen. 17 KOFFER WEISS ist ein Beitrag, das Vergessene
und Verdrängte aufzuspüren.
Die Monacensia ist
als Institution der Stadt mit der Aufgabe betraut, Münchner Kulturgeschichte
zu archivieren und zugänglich zu halten. Sie residiert seit Anfang der 70er
Jahre im Hildebrand-Haus und begann erst vor kurzem, sich mit der Geschichte
des Hauses während der NS-Zeit auseinander zu setzen. Spät, sehr spät, aber
nicht zu spät, um einer der Orte zu werden, an denen Geschichte im Alltag
lebendig ist.
17 KOFFER WEISS entstand als Idee im Rahmen des
Projektes "auf einmal waren sie weg..." und wurde von Wolfram Kastner und
Peter Weismann realisiert. Die Skulptur steht vom 20. November 2004 bis zum
27. Januar 2005, dem Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz, in der
Siebertstraße.
"auf einmal da waren sie weg ...":
Ausstellung
zur Erinnerung an jüdische Personen in München/Bogenhausen
Unser Projekt ist ein Einspruch gegen Ausgrenzung und Vergessen, gegen die
Verbrechen der deutschen Nazis und ihre anhaltenden Folgen. Es bedarf einer
Fortsetzung an vielen Orten und zu allen Zeiten. Was in Bogenhausen geschah,
geschah so ähnlich überall in Deutschland...