Der Tod in Itamar:
Er
schoss und er weint
Shimon Ifergan in Maariv, Wochenendbeilage,
p.28
Quelle: Medienspiegel der Deutschen Botschaft Tel Aviv
Jehoshua Elitzur, ein Siedler aus Itamar, vor zwei
Jahren aus Deutschland nach Israel eingewandert, steht unter
Anklage, einen Palästinenser erschossen zu haben.
Jehoshua Elitzur, ein 33-jähriger Siedler aus
Itamar, der unter der Anklage steht, Zahil Ashtija, einen
Palästinenser aus dem Dorf Salem, getötet zu haben, ist erst seit
zwei Jahren in Israel. Zuvor hatte er, wie er sagt, alles, was man
sich nur wünschen könne. Eine Kette italienischer Restaurants in
Deutschland, ein Examen in Industrie-Design von der Universität
Mailand, Geld, ein gutes Leben, eine liebevolle Familie und viele
Freunde. Aber eines Tages ließ er alles zurück, kam nach Israel und
wurde Siedler.
Jetzt muss er am Bezirksgericht in Tel Aviv beweisen, dass sein
Beschluss, auf den Palästinenser zu schießen und ihn zu töten,
Notwehr war: "Mir tut leid, was passiert ist. Ich hatte keine
Absicht, ihn zu töten. Aber es war entweder er oder ich. Ich war
sicher, dass er in mich reinfahren will. Er kam mir mit vollem Tempo
auf meiner Spur entgegen, in einem Lieferwagen voller Palästinenser.
Ich wusste, dass er mich rammen wird, wenn ich weiterfahre. Ich
beschloss, ihn aufzuhalten und seinen Ausweis zu kontrollieren, und
ihn dann an die Soldaten am Checkpoint zu übergeben. Ich hielt also
an, meine Waffe hielt ich nach unten. Ich hob die Waffe und schrie:
Anhalten! Er drückte voll aufs Gas und raste in meine Richtung. Ich
sah mich schon unter seinen Rädern liegen. Dann schoss ich auf den
Fahrer. Es gab ein kurzes Durcheinander im Auto, ich glaube, sie
wechselten den Fahrer aus. Dann stiegen sie aus und brüllten: 'Du
hast ihn getötet!' Ich rief ihnen zu: 'Bleibt stehen!' Aber sie
flüchteten. Ich gab noch einen Schuss ab, und dann keinen mehr".
Sein M-16 Gewehr bekam er, wie er sagt, als er Bereitschaftsdienst
bei der Bewachung der Siedlung hatte.
Abb.
von der Website
http://www.shechem.org
Die Palästinenser sagten aus, als sie Elitzur auf
der Straße sahen, habe er bereits das Gewehr auf ihren Wagen
gerichtet gehabt.
Auch die Polizei vermutet, er habe den Palästinenser als Rache für
den Tod von Rabbiner Miller ermordet, der ein guter Freund von ihm
war. Jedenfalls ist die Polizei der Meinung, es handle sich hier
nicht um einen klassischen Fall von Selbstverteidigung und stellte
eine Anklageschrift gegen ihn aus.
Jehoshua Elitzur wurde als Sohn einer
christlichen Mutter und eines jüdischen Vaters in einem kleinen Dorf
an der deutsch-österreichischen Grenze geboren. Sein Vater war lange
Jahre Zollbeauftragter. Wo - das will Elitzur nicht verraten. Seine
katholische Mutter war Lehrerin, und sein kleiner Bruder ist
Chirurg. Im Alter von zehn Jahren schickte ihn seine Mutter in ein
katholisches Internat in der Nähe von München: "Meine Mutter wollte,
dass ich mich von der aristokratischen, deutschen Kultur
beeinflussen lasse, kombiniert mit katholischen Elementen. Es war
ein hochangesehenes Internat, aber für mich war es die Hölle. Meine
Mutter wollte, dass ich Apotheker werde".
Nach einigen Jahren traf er einen Freund aus dem Internat, dessen
Vater Inhaber eines italienischen Restaurants war. Die beiden
Freunde beschlossen, eine Kette von Restaurants zu gründen. "Das war
eine gute Zeit. Die Geschäfte liefen zunächst blendend, aber dann
sind wir zusammengestürzt. Wir hatten zu hoch gesetzt. Plötzlich war
ich arm".
Danach begann er auf dem Bau zu arbeiten, bis er dann beschloss,
Deutschland zu verlassen und in Italien zu studieren. "Aber dann
wurde mein Vater schwer krank und ich kehrte nach Hause zurück, um
ihn zu pflegen. Zwei Minuten vor seinem Tod wurde mein Vater zu
einem gläubigen Juden. Wir beteten zusammen, und von dem Moment an
begann ich, an eine Auswanderung nach Israel zu denken", erzählt er.
"Meine Mutter wollte mich überreden, in Deutschland zu bleiben, aber
ich hatte mich entschlossen. Hier fühle ich mich zu Hause, trotz
aller Probleme, und von hier gehe ich nicht mehr weg".
Er
wanderte also nach Israel aus, konvertierte zum Judentum, lernte in
einer Jeshiva bis er dann beschloss nach Itamar zu ziehen, wo er
eine kleine Farm gründete und in einem Wohncontainer lebt.
(*Anm.: Itamar ist eine Siedlung in der Nähe
von Nablus)
Die kleinen Details seines persönlichen Lebens
hält er streng geheim. Er sagt, er habe Angst, die Deutsche
Botschaft in Israel werde ihm seine Staatsbürgerschaft entziehen. So
weigert er sich zu sagen, wie er in Deutschland hieß, in welchem
Dorf er zur Welt kam oder wie die Restaurants hießen, die er
leitete. "Es geht hier nicht nur um meinen Pass, sondern auch um
meine persönliche Sicherheit. Ich habe Angst, dass alle möglichen
Leute mir etwas antun wollen".
Wie reagierte die Familie in Deutschland auf das,
was passiert ist?
"Meine Mutter rief an und bat mich, nach Deutschland zurückzukehren.
Ich sagte ihr, dass ich bis zu meinem Lebensende hier bleiben werde.
Sie nimmt sich das Ganze sehr zu Herzen".
Wenn er noch einmal vor der Entscheidung stünde, würde er wieder
schießen: "Auf jeden Fall. Es ging hier um Leben und Tod".
hagalil.com
05-11-2004 |