Die Erben des Likud und das aufgeblasene Ego der
Linken:
Der Weg ins politische Chaos
Für klare Linien, auch in der Politik, spricht sich
die Tageszeitung Jedioth achronoth aus. Diejenigen, die gegen das
Gaza-Loslösungsprogramm und damit gegen Premier Sharon gestimmt
haben, seien die wahren Erben der revisionistischen Bewegung, von
Beitar, Cherut und Likud.
Sie sollten sich, so ein Leitartikel, jetzt den
Überresten der NRP anschließen oder dem Ichud Haleumi und eine neue
rechte Union gründen, deren Programm lautet: dagegen, dagegen,
dagegen: "Sharon und seine Befürworter haben heute nichts mehr im
Likud zu suchen, denn sie haben die Vision vom "Gesamt-Israel"
längst aufgegeben. Es ist deshalb an der Zeit, die politischen
Karten völlig neu zu mischen. Sharon muss alle zionistischen
Parteien, die das Loslösungsprogramm unterstützen, zu einem neuen
Block vereinen, der, wie es die Meinungsumfragen zeigen, eine große
Mehrheit im Volk erhalten würde. Die Alternative dazu ist das
Abgleiten in völliges politisches Chaos".
In der Tageszeitung M'ariw kritisiert Jael Paz
Melamed im selben Zusammenhang "das aufgeblasene Ego der Linken",
die den Abzug aus Gaza nicht entschieden genug fördere: "Zum ersten
Mal steht ein Führer, noch dazu der Rechten, auf und sagt, es gäbe
keine andere Wahl, als die Siedlungen zu räumen. Aber die Linke ist
sich zu fein dazu, ihm das Leben leicht zu machen und sein Programm
als das geringere Übel zu werten, das in diesem Fall sogar sehr gut
ist. Die Linke weiß natürlich besser, wie man das Problem lösten
könnte. Jossi Beilin, der Führer von Jachad, Jossi Sarid, der
ehemalige Führer von Meretz und Shimon Peres, der Führer der Avoda,
sie alle rümpfen die Nase. Das sei ja nun doch nicht das Wahre,
diese einseitige Maßnahme. Das wird doch den Konflikt nicht beenden,
das ist längst nicht so gut wie das Genfer Abkommen, nicht mal eine
Lösung für die Flüchtlingsfrage gibt es, auch nicht für Jerusalem.
Lasst uns mal machen, deuten sie an, wir werden euch zeigen, wie man
es besser macht".
Was aber wünscht die grosse Mehrheit der Israelis, fragt Pas Melamed
und gibt auch gleich die Antwort: "Wir wollen, dass ihr euer
aufgeblasenes Ego beiseite legt und Sharon voll und ganz bei seiner
Maßnahme unterstützt. Ohne Ausreden, ohne uns ständig zu erzählen,
wie schlecht die Loslösung für uns sei, und ohne den Zynismus Jossi
Sarids. Auch wenn die Loslösung nicht optimal ist, so ist sie doch
tausendmal besser als das, was wir jetzt haben. Und was wir noch
wollen ist, dass ihr das Lager anführt. Dass ihr von Stadt zu Stadt,
von Straße zu Straße und wenn’s sein muss auch von Haus zu Haus
zieht, um die zu überzeugen, die vielleicht noch zweifeln.
Wir befinden uns kurz vor einem historischen Moment. Das ist der
Moment, in dem der Führer des Likud, der Vater der Siedlungen, zu
der Überzeugung gelangt ist, dass man sie räumen und den
Gazastreifen für immer verlassen muss. Das ist das, was Sharon in
der Knesset gesagt hat. Und ihr habt dagegen gestimmt. Seid ihr denn
verrückt geworden?"
Die Likud-Rechte beobachtet mittlerweile jede
Zusammenkunft der Befürworter Sharons mit einiger Sorge. Sie
befürchten Sharon könne es ganz bewusst zum Bruch mit ihnen kommen
lassen, um den Weg frei zu bekommen in Richtung Neuauflage einer
Regierung der "Nationalen Einheit".
Zur Abstimmung zum Gaza-Loslösungsprogramm in der
letzten Woche meinte ein Mitglied der Ablehnungsfront*: "Sharon
wollte die Abstimmung verlieren, er lehnte einen Kompromiss ab,
damit er sich mit der Linken zusammentun kann". Ein anderer
Likud-Mann sagte: „Sharon umgibt sich mit linken Abgeordneten, die
ihre eigenen Intessen verfolgen und Sharon gegen den rechten Flügel
der Partei aufhetzen". Interessant ist der Ton, insbesondere auch
die Tatsache, dass sich inzwischen Likud-Abgeordnete gegenseitig als
"links" beschimpfen.
Aber nicht nur im Likud, auch rechts der
revisionistischen Bewegung rumort es. An einem geheimen Treffen im
Haus von Rabbiner Shlomo Aviner, Vertrauter der damaligen Jigal Amir
Vertrauten Margalit Har Shefi und letzter rabbinischer
Gesprächspartner des Rabin-Mörders, nahmen der Chef der
National-Religiösen "Messias" Effi Eitam und MdK Itzhak Levy teil.
Sie beschlossen Maßnahmen für die Gründung einer neuen Partei.
Wie Nechama Duak in Jedioth enthüllte, wollen die
National-Religiösen nach der Abstimmung über die Loslösung aus der
Regierungskoalition ausscheiden und eine neue Fraktion bilden.
Kandidat für den Vorsitz einer neuen grossen rechten Partei sei
Oberst d. R. Mosche Hagar. MdK Shaul Jahalom kritisierte unterdessen
Eitam und Levy, denen er vorwarf "persönliche Interessen" zu
verfolgen. Das gesamte nationale und religiöse Lager müsse nun
zusammenstehen um endlich "effektive Wege zur Torpedierung des
Loslösungsprogramms" zu finden.
*)
Die israelische Presse nannte die Namen der 15 "Rebellen": David Levy, Neomi
Blumenthal, Gila Gamlieli, Michael Razon, Ehud Jatom, Minister Usi Landau,
Michael Gorlowsky, Jechiel Hasan, Gilad Arden, Lea Ness, Chaim Katz, Hiob
Kara, Reuven Rivlin, Juli Edelstein, Mosche Kachlon.
hagalil.com
17-10-2004 |