Partei-Vize des rechtsextremen Front National:
Gollnisch zieht den Holocaust öffentlich in Zweifel
Von Bernard Schmid, Paris
Keine Kreide gefressen hatte er dieses Mal, bei seiner
Pressekonferenz am Montag (11. Oktober). Bruno Gollnisch,
"Generalbeauftragter" (délégué général) des rechtsextremen Front National
und zweithöchster Parteifunktionär hinter dem Chef Jean-Marie Le Pen,
reagierte auf einen Untersuchungsbericht über die Umtriebe von
Auschwitzleugnern an der Universität Lyon-III. Lyon-III ist seit Jahrzehnten
als "die"
universitäre Hochburg der extremen Rechten bekannt. Hier unterrichtet
auch Bruno Gollnisch, der einst Jura in Japan studiert hat und später, in
den 80er Jahren, sogar Dekan der Japanisch-Fakultät an Lyon-III wurde.
"Nicht ein einziger seriöser Historiker verteidigt mehr
hundertprozentig die Ergebnisse des Nürnberger Prozesses", legte Gollnisch
los. "Ich bestreite nicht, dass Konzentrationslager existiert haben, aber
die Zahl der Toten betreffend gäbe es Diskussionsstoff für die Historiker.
Und hinsichtlich der Existenz von Gaskammern liegt es an den Historikern,
sie festzustellen." Das war nicht etwa nur so daher geredet, denn Gollnisch
fügte zur Bekräftigung hinzu, er wisse nicht, "ob ich für diesen Satz von
meinem Lehrstuhl gejagt oder ins Gefängnis gesteckt werde, aber ich stehe zu
ihm". Den Untersuchungsbericht wischte er mit den Worten vom Tisch, der
Vorsitzende der Enquêtekommission, der Historiker Henry Rousso, sei "eine
jüdische Persönlichkeit eine achtenswerte Persönlichkeit, aber deren
Neutralität nicht gesichert ist".
Das Strickmuster, nach dem Gollnisch hier argumentiert,
ist nicht wirklich neu. Der Parteigründer Jean-Marie Le Pen selbst hatte im
September 1987 noch einen Skandal provoziert, die so genannte
"Detail-Affäre", als er ganz ähnlich lautende Sätze im französischen
Fernsehen äußerte. Daraufhin rissen die bis dahin guten Kontakte seiner
Partei zum rechten Flügel der britischen Tories, der US-amerikanischen
Republikaner und bei einem Teil der französischen Konservativen weitgehend
ab, und Le Pens Bewegung trat für ein Jahrzehnt in ihre sozialdemagogische
und pseudo-systemoppositionelle Phase ein.
Im Dezember 1997 wiederholte Le Pen seine Äußerung, die
Existenz der Gaskammern sei ein "Detail der Geschichte", in München an der
Seite des früheren SS-Mannes Franz Schönhuber. Doch in späteren Jahren
bemühte er sich sehr um verbale Zurückhaltung: Nachdem infolge der
Parteispaltung ein Jahr später die Mehrzahl der Kader und Aktivisten den FN
verließen, wurde die innerparteiliche Führung weitestgehend personalisiert,
und Le Pen versuchte zu Anfang dieses Jahrzehnts eher mit einer relativ
entpolitisierten Personality show zu punkten.
Dass dennoch auch weiterhin keine Berührungsängste etwa zu
deutschen Nazis bestehen, belegte die Reaktion des FN auf die jüngsten
Wahlerfolge der NPD in Sachsen. "Saxe ist gut, noch einmal", mit dieser
Überschrift wurde das braune Stimmergebnis in einem Kommuniqué der
französischen rechtsextremen Partei begrüßt, das über ihre Mailingliste an
alle eingetragenen Sympathisanten ging. Darin feierte man den Erfolg der
"nationalen, den kleinen Leuten verpflichteten und sozialen deutschen
Rechten". Mit genau denselben Worten - droite nationale, populaire et
sociale - bezeichnet der Front National sich seit seiner Gründung im Oktober
1972 gewöhnlich selbst.
Bereits Anfang April 2004, als Gollnisch für den Vorsitz
des Lyoner Regionalparlaments kandidierte, hatte er ungeniert für sich damit
geworben, er werde aus Lyon eine "Hauptstadt des Widerstands gegen die
Gedankenpolizei" etwa in Sachen Geschichtsdebatten - machen.
hagalil.com
13-10-2004 |