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Regressive Kräfte probten Schulterschluss:
Antiglobalisierungsbewegung und Islamisten in Beirut

Der Hass auf die USA und Israel hat manche Kritiker der Globalisierung soweit verblendet, dass sie den Terror im Irak als "Widerstand" feiern. So ist es nur folgerichtig, dass sie im September zu einer gemeinsamen Konferenz mit der Hisbollah und anderen islamistischen Gruppen in den Libanon kamen. Es droht eine gefährliche Koalition.

Von Christian Stock
iz3w (Nov/ Dez. 2004)

Seit Jahrzehnten ist der Nahe Osten eine der Weltregionen, die am meisten unter gewalttätigen Konflikten zu leiden haben. Krieg und Frieden sind hier keine abstrakten Fragen, sondern alltäglich erfahrbar. Die Absicht von zahlreichen Organisationen aus der weltweiten Antiglobalisierungs- und Antikriegsbewegung, Mitte September in der ehemaligen Bürgerkriegsstadt Beirut eine Strategiekonferenz abzuhalten, erschien daher zunächst rundum erfreulich.

Im Aufruf hieß es ausdrücklich: "Wir verurteilen die Kräfte, die in unseren Ländern religiöse, ethnische, rassische und tribale Konflikte zugunsten ihrer Interessen schüren und dadurch das Leiden der Menschen vergrößern sowie Hass und Gewalt multiplizieren."(1) Vorbereitet wurde die Konferenz vor allem von der in Bangkok ansässigen NGO Focus on the Global South, eine der treibenden Kräfte der Globalisierungskritik im Süden.

Doch wer sich die Liste der fünf einladenden Organisationen aus dem Libanon genauer ansah, kam ins Stutzen. Ausgerechnet die radikal islamistische Hisbollah sollte dazu beitragen, "gemeinsame Perspektiven, Strategien und Kampagnen der Antiglobalisierungs- und Antikriegsbewegung" zu entwickeln? Die 1982 gegründete schiitische, pro-iranische Organisation kann mit Fug und Recht als einer jener Faktoren bezeichnet werden, die einer friedlichen Lösung des Nahost-Konfliktes am meisten entgegenstehen. In den 80er Jahren verübte sie unzählige terroristische Aktionen gegen die israelische Besatzung des Südlibanon. Auch nach dem Abzug der israelischen Truppen ist die Hisbollah wiederholt militärisch gegen israelische Einrichtungen vorgegangen, unter anderem mit mittelschweren Waffen wie Granaten und Panzerabwehrraketen, die meist aus dem Iran und aus Syrien stammen. Ihr militärischer Flügel besteht aus 5.000 Soldaten, weitere 50.000 können binnen weniger Tage aktiviert werden. Der politische Flügel der "Partei Gottes" ist zu einem wichtigen Faktor in der libanesischen Innenpolitik geworden und im Parlament vertreten. Beide Flügel unterstützen in Wort und Tat die Hamas und andere islamistische Palästinensergruppen sowie den irakischen "Widerstand" - also jene islamistischen und baathistischen Gruppen, die das Ende der US-Besatzung mit (Selbstmord-)Anschlägen oder Geiselnahmen herbeiführen möchten.

Die Progressive Sozialistische Partei des 'Drusenführers' Walid Jumblatt hat sich in der Vergangenheit mehrfach mit den IslamistInnen von Hamas und Hisbollah solidarisiert. Im September 2004 meinte Jumblatt in einem Interview: "Woher die Hisbollah ihr Geld oder ihre Waffen bekommt, ist nicht mein Problem. Ich weiß nur: Ich unterstütze die Hisbollah. Sie repräsentiert den Widerstand. Und das ist für mich der einzige Weg, wie wir die israelische Okkupation und die amerikanische Besatzung des Iraks beenden können." (zit. nach: jungle world 40/ 2004) Welchen "Widerstand" Jumblatt meint, hatte er bereits im Januar 2004 anlässlich des Selbstmordanschlages einer Palästinenserin in Gaza kund getan: Er qualifizierte die Tat, der vier Israelis zum Opfer fielen, in der libanesischen Zeitung Al-Nahar als "Zeichen der Hoffnung": "...Sie weist die richtige Richtung, weil der Tod eines Juden - gleich ob Soldat oder Zivilist - in Zeiten des Niedergangs, der Selbsterniedrigung und Unterwürfigkeit eine große Leistung in dem Bemühen darstellt, den Plan zur 'Judifizierung' ganz Palästinas zu untergraben".

Die Libanesische Kommunistische Partei (LCP), die ebenfalls zur Konferenz einlud, ist ähnlich wie ihre Schwesterparteien in Syrien, Ägypten oder Palästina einem autoritären panarabischen Nationalismus verpflichtet, der seine Hauptaufgabe im Kampf gegen den "US-Imperialismus" und den "Zionismus" sieht. Solange es gegen die USA und Israel geht, ist die LCP bei der Wahl ihrer politischen Freunde nicht zimperlich, selbst wenn es sich dabei um Leute handelt, die Tausende KommunistInnen in den Tod geschickt haben. So sagte ihr Generalsekretär Anfang 2004 bei einer Konferenz gegen den Irakkrieg: "Saddam Hussein verteidigt die arabische Nation. Deshalb gehört er zu den progressiven Kräften." (zit. nach iz3w 268)

An der Vorbereitung der Beiruter Konferenz waren neben rund 20 weiteren libanesischen und palästinensischen Gruppen auch die Fatah von Palästinenserführer Arafat, die DFLP (Democratic Front for the Liberation of Palestine) und die PFLP (Popular Front for the Liberation of Palestine) beteiligt – ebenfalls Gruppierungen, die im Konflikt mit Israel auf gewaltsame oder terroristische Strategien setz(t)en.

Glorreicher Islamismus...

Nun könnte man zugunsten der internationalen Initiatoren des Beiruter Kongresses annehmen, sie suchten den "kritischen Dialog" mit Hisbollah und Co – in der Absicht, mäßigend auf sie einzuwirken. Doch weit gefehlt. Bereits zur Eröffnung des Kongresses hielt der prominente Globalisierungskritiker Walden Bello von Focus on the Global South eine antiimperialistisch gestimmte Brandrede, in der er alle Themen miteinander vermengte, die derzeit auch die Islamisten umtreiben: die "zionistische Mauer" und die "US-amerikanisch-israelische Achse" in Palästina, die USA als "Inkarnation von Empire, Blut und Terror" und die Berechtigung des "irakischen Widerstandes". Dass dieser Widerstand teilweise islamistisch gesinnt ist und zu Selbstmordanschlägen greift, wie Bello selbst feststellte, ist für ihn kein Hindernis für aktive Solidarität. Im Gegenteil kritisierte er jene westliche Friedensaktivisten, die den Widerstand in Irak und Palästina wegen seines islamistischen Charakters nicht gutheißen - mit dem Argument, dass sie damit "anderen Leuten ihre Bedingungen aufzwingen." Es gehe daher um "bedingungslose Unterstützung" von "Progressiven wie uns" für die "nationale Befreiung".

Nachdem Bello die "glorreiche Geschichte" Beiruts im Widerstand gegen die "israelische Aggression und US-Intervention" gepriesen hatte, stieß der Vertreter der Hisbollah, Ali Fayyad, ins selbe Horn und bejubelte die Erfolge des "islamischen Widerstandes" im Südlibanon. Er pries den Islam als friedliebende Religion und stellte fest, dass sich die "Befreiung des Islam" vom Terrorismus unterscheide, wie man am "Widerstand" in Palästina und Irak sehen könne. Doreid Yaghi von der Progressiven Sozialistischen Partei konnte da nur noch die Forderung nach einem Boykott Israels ergänzen.

Von Seiten der rund 300 Delegierten aus 200 Organisationen der Antiglobalisierungsbewegung stieß derlei Feindbildkonstruktion nicht auf Kritik. Stattdessen solidarisierten sie sich in ihrer Abschlusserklärung mit dem palästinensischen und irakischen "Widerstand" und geißelten den "rassistischen und kolonialen Charakter des Zionismus" sowie die "Apartheid-Mauer". Kritik an den Zielen und Aktionsformen islamistischer und baathistischer Terrorgruppen wird mit keinem Wort geübt. Ebenso wenig befassten sich die Delegierten mit jenen irakischen und kurdischen Linken, die den realexistierenden "Widerstand" im Irak strikt ablehnen. (2)

Dass in der Beiruter Abschlusserklärung auch die Solidarität mit Oppositionellen gefordert wird, die gegen nicht näher benannte "Diktaturen" der Region opponieren, dürfte ein Zugeständnis an die unabhängigen libanesischen Linken sein. Sie hatten – wie etwa ein Vertreter der linken Zeitschrift Al Yassari – im Vorfeld der Konferenz bemängelt, dass viele libanesische Grassroot-Organisationen und NGOs von den Vorbereitungstreffen ausgeschlossen waren. Erst nachdem auch Indymedia Beirut und weitere Gruppen die enge Zusammenarbeit mit der Hizbollah und anderen etablierten Kräften der libanesischen Politik kritisierten, ließen sich die internationalen Organisatoren der Konferenz zu besänftigenden Gesprächen herab. Auswirkungen auf die Gestaltung des Programms hatten sie allerdings nicht. Die unabhängigen Linken verfolgten den im einem Beiruter Luxushotel abgehaltenen Kongress somit ohne große Begeisterung. Zu seinem Boykott wollten sie allerdings auch nicht aufrufen, teilen sie doch die militante Ablehnung der israelischen und US-amerikanischen Politik weitgehend.

..und rabiater Thirdworldism

Die Konferenz von Beirut als kopernikanische Wende der Antiglobalisierungsbewegung und Abkehr von bisherigen Zielen zu charakterisieren, wäre falsch. In Beirut war vor allem der radikale antiimperialistische Flügel der Bewegung präsent, der schon seit Jahren mit immer schrilleren Tönen gegen die USA und Israel agitiert. Er spitzte in Beirut nur das zu, was er bereits 2001 bei der UN-Rassismuskonferenz in Durban (siehe iz3w 256) und seither bei vielen anderen Gelegenheiten proklamiert hatte. Die gemäßigten Teile der Bewegung hingegen hielten sich in Beirut auffällig zurück.

Damit stellt sich die Frage, ob sich innerhalb der Antiglobalisierungsbewegung eine Spaltung vollzieht zwischen den Protagonisten eines rabiaten antiimperialistischen "Thirdworldism" einerseits und den moderaten Kräften andererseits. Bislang findet diese jedoch nicht statt. Das Ausbleiben einer kritischen Diskussion über die Konferenz von Beirut innerhalb der Bewegung zeigt vielmehr, dass diese kein Interesse an den dringend notwendigen Klärungsprozessen hat. Ein Fehler, der sich rächen wird: Denn die moralische und politische Integrität einer Bewegung, die sich weltweite Gerechtigkeit und Frieden auf die Fahnen geschrieben hat, wird nicht nur von der bedingungslosen Solidarität mit islamistischen und baathistischen Terrorgruppen untergraben, sondern auch vom Schweigen darüber.

Christian Stock ist Mitarbeiter des iz3w.

Anmerkungen:
(1) Der Aufruf und zahlreiche weitere Dokumente zur Beiruter Konferenz finden sich unter www.focusweb.org
(2) Abu Tara von Kommunistischen Partei Kurdistans beispielsweise erklärte in einem Interview: "Die Linken, die den Terrorismus im Irak als »Widerstand« verklären, haben einfach ein völlig falsches Bild von der Situation vor Ort. ... Er (der Terrorismus, CS) stellt eine reaktionäre Antwort auf den Weltkapitalismus und die Entwicklung der Menschheit dar. Deshalb müssen alle freiheitsliebenden Menschen weltweit, nicht nur Kommunistinnen und Kommunisten, gegen diesen Terrorismus zusammenarbeiten." (jungle world 40/ 2004)
Ähnlich äußerte sich Kajaw Jalal von der Arbeiterkommunistischen Partei des Irak: "Wir ArbeiterkommunistInnen haben ein großes Problem mit Linken in Europa, denen es egal ist, ob Terroristen hier Anschläge verüben oder die IrakerInnen irgendwann unter der Sharia leben müssen. All das scheint diese Linken nicht zu interessieren. Ihnen sind die IrakerInnen egal. Es geht ihnen nur um die USA." (jungle world 33/ 2004)

hagalil.com 12-10-2004

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