Ernst Günther Schenck:
Der Arzt von Berlin
Der gute Geist im Führerbunker:
Doch wer war Ernst Günther Schenck, wenn ihn nicht Bernd Eichinger
und Oliver Hirschgiebel zeichnen?
Von Stefan Reinecke
In "Der Untergang" ist er eine Leuchtfigur. Er
hilft den Darbenden, schaut fassungslos auf die Nazi-Rollkommandos,
die "Verräter" erschießen, und läuft tapfer durch sowjetisches
Feuer, um vergessene Alte und Kranke zu retten. Und im großen Finale
versucht er desperate SS-Männer davon abzuhalten, sich eine Kugel in
den Kopf zu jagen.
In Bernd Eichingers und Oliver Hirschgiebels "Der
Untergang" ist Professor Schenck, wie er respektvoll genannt wird,
nur eine Nebenfigur, aber eine wichtige. Denn er verkörpert den
Gegenpol zu Hitler und Goebbels. Wer war Ernst Günther Schenck?
Vor allem ein Multifunktionär. 1933 trat er in die SA
ein. 1940 wurde er Ernährungsinspekteur der Waffen-SS, später auch
der Wehrmacht. Federführend war Schenck bei der so genannten
Plantage im KZ Dachau, einer Großanbaufläche für über 200.000
Heilpflanzen, mit denen unter anderem Vitaminpulver für die
Waffen-SS hergestellt wurde.
Laut Aussagen von Häftlingen in Dachau starben auf
dieser Plantage 1938 mehr als hundert an Entkräftung und der
Zwangsarbeit. Für Schenck war die Dachau-Plantage der Beginn seiner
SS-Karriere. Dort brachte er es 1944 bis zum Obersturmbannführer,
1945 zum SS-Standartenführer. 1943 entwickelte er eine Proteinwurst,
die für die SS-Fronttruppen gedacht war. Die Wurst, die aus Abfällen
bestand, testete Schenck an 370 Häftlingen im KZ Mauthausen. Laut
einem Brief des für das KZ-System verantwortlichen
SS-Obergruppenführers Oswald Pohl an Heinrich Himmler starben bei
diesem Ernährungs- bzw. Hungerexperiment etliche KZ-Häftlinge. Noch
im Winter 1944 veröffentlichte Schenck in Zeitungen, so der
Publizist Ernst Klee, "Durchhalteprosa".
Bis 1955 war Schenck in sowjetischer
Kriegsgefangenschaft. In seinen Memoiren bekundete er, ihm sei es
stets nur darum gegangen, "den Hunger zu bekämpfen. Für mich gab es
keinen anderen Feind als ihn." Zudem rühmte er sich, Kindernahrung
nach Auschwitz gebracht zu haben. In der Bundesrepublik war Schenck
einer der wenigen NS-Ärzte, die ihre Karriere nicht fortsetzen
durften, wohl auch weil er so spät aus der Sowjetunion heimgekehrt
war. 1963 wurde in München ein Dienststrafverfahren gegen ihn
eingeleitet. Das Experiment mit an Hungerödemen leidenden
Häftlingen, so hieß es dort, "erweist den Ernährungsversuch als
frivol und offenbart eine Auffassung, die den Menschen wie eine
Sache oder ein Versuchskaninchen betrachtet". Die rechte
Wochenzeitung Junge Freiheit attestierte ihm 1997, ein "Arzt mit
Leib und Seele" zu sein.
Der Berliner Politikwissenschaftler Christoph Kopke,
der derzeit seine Dissertation über Schenck schreibt, resümiert,
dass in dessen umfangreichen Veröffentlichungen nach 1945 jede
"selbstkritische Auseinandersetzung mit dem NS oder der SS" fehlt.
Die Darstellung Ernst Günther Schencks in "Der Untergang" spiegelt
seine Erinnerungen wider - stets bemüht, das Leid der Zivilisten zu
lindern. Dieses Bild muss für jene letzten Tage in Berlin keineswegs
falsch sein. Aber ein Blick auf die ganze Biografie ergibt ein
schroff anderes Bild als jenes des menschenfreundlichen Arztes, das
"Der Untergang" entwirft.
In dem Buch zum Film (erschienen bei Rowohlt) findet
sich übrigens kein Wort über Schencks SS-Karriere und die
Experimente mit KZ-Häftlingen.
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Während der Spätvorstellung des Films "der
Untergang" am Samstag Abend in Berlin-Friedrichshain störten
zwei Männer (29 und 27 Jahre alt) durch Beifall für antisemitische
Szenen und durch Zeigen des sog. "Hitlergrußes". Beide wurden
während der Vorstellung festgenommen und unter dem Applaus der
anwesenden Zuschauer abgeführt.
"Der Untergang" im Kino:
Vergesst Hitler!
Es herrscht eine merkwürdige Stimmung:
eine Mischung aus Aufgeregtheit und Ermüdung: "Der Untergang" kommt
ins Kino - und alles tut so, als hätten wir es mit einem bedeutsamen
Ereignis zu tun...
Rechte Publikationen:
"Die Sterne Adolf
Hitlers" im Presseklub Concordia
Was den Kinos recht ist, war auch dem angesehenen Wiener Presseclub
Concordia billig, als der nationalfreiheitliche Akademiker Heinz
Fidelsberger am 14. September sein Buch "Die Sterne Adolf Hitlers"
in diesem Club vorstellen durfte...
"Der Untergang":
Mitleiden mit Hitler?
Ein Bestseller von Joachim Fest sowie die
Erinnerungen der Hitler Sekretärin Traudl Junge liefern den Stoff
für den 150 Minuten Film. Ab 16. September wird der Film in den
Kinos gezeigt. Bereits im Vorfeld der Aufführungen ereignet sich
Ungeheuerliches...
haGalil onLine
19-09-2004 |