Distanzierungen nach Beslan:
EKD weist Kritik der Muslime zurück
Der Tagesspiegel, Stuttgarter Nachrichten (ots) - Der
Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof
Wolfgang Huber, hat gegenüber dem in Berlin erscheinenden "Tagesspiegel"
(Mittwochausgabe) die Kritik des Zentralrats der Muslime an seinen
Äußerungen zum Geiseldrama in Beslan „in aller Entschiedenheit"
zurückgewiesen.
Huber hatte von den Muslimen in Deutschland gefordert,
sich eindeutig von dem Terrorakt zu distanzieren. Daraufhin hatte der
Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Nadeem Elyas, dem
"Tagesspiegel" gesagt, Huber solle eine namhafte muslimische Organisation
benennen, welche sich nicht von Terrorismus distanziert habe. Die Kritik
Hubers sei „geeignet, in der Allgemeinheit den Eindruck entstehen zu lassen,
dass sich die Muslime in Deutschland mit dem Terrorismus im Geheimen
solidarisieren".
Huber sagte nun der Zeitung, er habe an keiner Stelle die
Muslime in Deutschland verurteilt oder sie der geheimen Solidarität mit den
Terroristen verdächtigt. „Ich habe den Wunsch geäußert, dass auch die
Muslime in Deutschland in aller Klarheit ihre Abscheu gegenüber dem Anschlag
in Beslan zum Ausdruck bringen, so wie das zum Beispiel der russische
islamische Geistliche Raschid Chalikow getan hat." Einen ähnlichen Wunsch
habe neben verschiedenen anderen auch der Stellvertreter von Nadeem Elyas,
Mohammed Amman Hobohm, in einem Interview im Deutschlandradio Anfang
September geäußert. „Statt unberechtigte Vorwürfe zu erheben und einen
Konflikt zwischen den Kirchen und den Moscheegemeinden zu konstruieren, wäre
es hilfreicher, wenn der Zentralratsvorsitzende über diesen von
verschiedenen Seiten geäußerten Wunsch nachdenken würde", so der
Ratsvorsitzende.
Demgegenüber verwahrte sich auch der Vorsitzende des
Islamrats für die Bundesrepublik Deutschland, Ali Kizilkaya, gegen Vorhalte,
die in Deutschland lebenden Muslime würden den Terrorismus nicht klar genug
verurteilen. Den „Stuttgarter Nachrichten“ (Mittwochausgabe) sagte
Kizilkaya: „Es ist für Muslime in Deutschland selbstverständlich, die
Unmenschlichkeit des Terrorismus zu verurteilen. Wir haben das immer wieder
getan, zuletzt mit einer gemeinsamen öffentlichen und sehr eindeutigen
Erklärung nach den Anschlägen in Madrid.“
Kizilkaya stellte klar: „Terroristische Gewalt bedroht nicht nur eine
bestimmte Gruppe von Menschen, sondern die gesamte Menschheit – und damit
auch die Muslime. Die Frage ist nur, ob es sinnvoll ist, das jeden Tag zu
wiederholen. Der Islamratsvorsitzende zeigte sich verärgert über die
Aufforderung des EKD-Ratsvorsitzenden, Bischof Wolfgang Huber, die Muslime
müssten sich klar vom Terrorismus distanzieren. „Ich bin überrascht, dass
auch die evangelische Kirche offenbar nicht frei ist von gewissen
Vorurteilen. Die Äußerung von Herrn Huber unterstellt, muslimische
Organisationen würden sich nicht ausreichend vom Terrorismus distanzieren.
Das grenzt an Beleidigung.“ Er fügte hinzu: „Ich weiß nicht, was Herr Huber
erwartet. Sollen wir Polizeiaufgaben übernehmen? Sollen wir nach Beslan
fahren? Sollen wir uns in den Tschetschenien-Krieg einmischen? Ich glaube
nicht, dass das unsere Aufgabe ist. Die Aufforderung von Herrn Huber ist
populitsisch. Frei nach dem Motto: Jetzt sollen die Muslime endlich mal was
machen.“
hagalil.com
08-09-2004 |