Das Weltbild der Naomi Klein:
Naiver Antisemitismus oder Antisemitismus für Naive?
Von Bernhard Torsch
Seit sie mit ihrem Buch "No Logo", einer überflüssigen,
weil längst Bekanntes zusammenfassenden Anklageschrift gegen die weltweit
agierenden Konzerne, den Sprung in die Bestsellerlisten und die Herzen der
theoriefeindlichen Linken geschafft hat, bedient die kanadische Journalistin
Naomi Klein die globalisierungskritische Bewegung mit Kommentaren und
Reportagen, die sich fast immer durch eine fast rührende Naivität
auszeichnen.
So sah sie in den vereinzelten Fabriksbesetzungen, die in
Argentinien während der schweren Wirtschaftskrise vor zwei Jahren
stattfanden, einen Schritt zur Arbeiterselbstverwaltung, was natürlich
Unsinn war, da keine Staatsgewalt eines kapitalistischen Landes solcherlei
Treiben lange duldet und die Zustände in Argentinien sich rascher
normalisierten, als es Klein und ihre Leserinnen und Leser sich erhofft
hatten. Wieso aber werfe ich der Autorin Antisemitismus vor, wo sie doch
selbst einen Aufruf zur Bekämpfung von antisemitischen Strömungen innerhalb
der "Bewegung" veröffentlicht hat, nachdem sogar ihr die antiisraelische
Hetze im "Zentralorgan" Indymedia ein wenig unheimlich geworden war? Ganz
einfach: Weil Klein, ob sie sich dessen bewusst ist oder nicht, den
Antisemitismus permanent schürt.
Die österreichische Tageszeitung "der Standard"
veröffentlicht alle zwei Wochen einen Kommentar von Klein. Am 12. September
fantasierte sie unter der Überschrift "Die Likudisierung der Welt", dass
"Likudisten, die bereits im Weisen Haus arbeiten", die Politik von George W.
Bush bestimmen würden. Doch der "likudistische" Einfluss ist laut Klein
dermaßen wirkungsmächtig, dass selbst Vladimir Putin sich ihm unterwerfen
muss und entsprechend handelt. Die Autorin meint damit, dass sowohl die USA,
als auch Russland sich weltweit gegen Terroristen zur Wehr setzen wollen,
wobei ihnen die israelische Politik als Vorbild herhalte. Einmal davon
abgesehen, dass uns Klein nicht wirklich erklärt, was an der Bekämpfung von
Terroristen so schlimm ist, belebt sie die nazistische Wahnvorstellung vom
allmächtigen Juden, der sowohl die USA, als auch Russland kontrolliert. In
dem "Standard"-Kommentar beschuldigt die den "Likudismus",
Verhandlungslösungen auszuschließen und alleine auf die militärische Karte
zu setzen. Der Gedanke, dass man mit Leuten, die Schulbusse in die Lift
sprengen, nepalesische Geiseln köpfen, weil diese "an Buddha als Gott
glauben" und bei der Besetzung einer Schule den Tod hunderter Kinder
kaltblütig einkalkulieren, nicht verhandeln kann und darf, kommt Frau Klein
nicht in den Sinn. Auch ist der "linken" Journalistin nicht aufgefallen,
dass die islamitischen Mörder gar nicht verhandeln wollen und ganz offen in
ihren Bekennervideos (was ist eigentlich aus den guten alten
Bekennerschreiben geworden? Sind die islamo-faschistischen Terroristen alle
Analphabeten?) zugeben, dass sie erst mit dem Morden aufzuhören gedenken,
wenn die ganze Welt nach den Gesetzen der Scharia lebt? Tatsachen wie diese
werden von Klein und ihren Geistesverwandten vom Tisch gewischt, und vor
allem in Europa kommt die Botschaft, dass an allem Übel eigentlich
"Likudisten" schuld seien, gut an. "Likudisten" wird von den Lesern
selbstverständlich als das wahrgenommen, was es ist: eine Chiffre für Juden.
Und nicht erst seit den Wahlen in Spanien, als ein Volk mit Enthusiasmus der
terroristischen Erpressung nachgab, leben Europas "Linke" in der Illusion,
dass man bloß Israel zu opfern und den Forderungen von Massenmördern
nachzugeben brauche, um die lästigen islamistischen Killerbanden
loszuwerden.
Wie ernst Klein ihr Engagement gegen den Antisemitismus
nimmt, hat sie selbst in dem Kommentar "Sharons best weapon" dargelegt: "So
at my neighbourhood synagogue, where the humble facade was badly scarred by
a suspicious fire recently, the sign on the door doesn't say, "Thanks for
nothing, Sharon." It says, "Support Israel - now more than ever." (The
Guardian, 25. April 2002). Juden, deren Gotteshaus niedergebrannt wurde,
sollten also gefälligst Sharon kritisieren, anstatt auf Solidarität zu
hoffen, legt Klein uns nahe. Sharon und seine "Likudisten", die laut Klein
die Weltherrschaft übernommen haben, sind dieser gefährlich naiven Weltsicht
nach das Übel, nicht die Todesbomber und die nekrophilien Islamisten, die
das Diesseits verachten. Wenn man nur offen und möglichst unbewaffnet auf
Hamas und Co zugehe, werde sich alles zum Guten wenden. Die Wirklichkeit,
dass nämlich ein Krieg tobt zwischen Zivilisation und Barbarei, will Klein
nicht wahrhaben, und sie ist damit nicht alleine. Jede Grausamkeit, die im
Namen des religiösen Irrsinns verübt wird, findet inzwischen seine
Verteidiger, vor allem unter europäischen und US-amerikanischen Linken. Das
begann mit der Begeisterung für die "iranische Revolution", setzte sich über
die Bewunderung für den Kampf der afghanischen Stammeskrieger gegen die
UDSSR fort und manifestiert sich heute in der gar nicht so klammheimlichen
Freude, wenn die Todesschwadronen Allahs wieder zuschlagen. Leute wie Naomi
Klein unterstützen durch ihre naive Einschätzung der Verhältnisse den Feind,
und Menschen, die andere Menschen deren Glaubens wegen umbringen wollen, die
Israel auslöschen und der ganzen Welt ihre nette Mischung aus
Kleriko-Faschismus und Extrem-Patriachat aufzwingen wollen, sind als Feind
zu betrachten und zu behandeln, so man sich nicht mit ihnen gemein machen
will.
Aber erkläre das jemand Frau Klein und den
"antiimperialistischen" Kampfschreibern auf Indymedia und Co! Zwei Wochen
vor dem antisemitischen Rundumschlag veröffentlichte Klein im "Standard"
einen Kommentar mit dem Titel "Bringt Najaf nach New York!", in dem sie sich
gar bitterlich über das ungehobelte Benehmen der US-Soldaten im Irak
beschwerte. "US-Stiefel trampeln über die heiligen Gräber", zitterte sie vor
Empörung, und wieder und wieder schrieb sie von "Heiligtümern", den
"heiligsten Stätten des Islam" und von der Ignoranz der westlichen
Zivilisation. Und die bewaffnete Bande des Kalaschnikov-Predigers al-Sadr,
der diesen Kampf in Najaf genau mit dem Kalkül, dass sich westliche "Linke"
vom Schlag einer Klein darüber fürchterlich beklagen würden, begonnen hatte?
"Widerstandskämpfer", so Klein, die genau Bescheid zu wissen vorgibt, "dass
al-Sadr die Meinung der überwältigenden Mehrheit der Menschen im Irak
repräsentiert". Woher sie dieses erstaunliche Wissen hat, verschweigt uns
die Streiterin wider Heiligtumsbeschmutzung und "Likudismus". Wer solcherart
gegen Israel, die Globalisierung und die angebliche Arroganz des Westens
anschreibt und gleichzeitig die Realität des faschistoiden politischen
Islams ausblendet, ist entweder naiv, oder berechnend (und hat Marx nicht
gelesen beziehungsweise nicht verstanden). Da sich Kleins Kommentare und
Büchlein verkaufen, wie Schnaps in der Prohibitionszeit, muss man von
Letzterem ausgehen. Da hat jemand erkannt, wie man ein bauchlinkes Publikum
bedienen muss, um "zu den begehrtesten Kolumnistinnen der USA" ("Der
Standard" über Klein) aufzusteigen.
hagalil.com
21-09-2004 |