Hassliebe:
Warum sich Juden in Deutschland so wohl fühlen
Von Schimschi Zahubi
Ausgerechnet Deutschland! Weswegen sollten uns die
Deutschen dermaßen mögen, dass sie uns bitten unbedingt mit ihnen zusammen
zu leben? Vor kurzem waren wir noch das Krebsgeschwür.
Die Radikaloperation schnitt den Krebs aus dem Leib des
deutschen Volkes heraus. Doch dann bildeten sich Metastasen. Das hatte daran
gelegen, dass die Operation nicht zu Ende geführt werden konnte. Der Druck
der Invasion durch die Alliierten produzierte neue Metastasen. Mit den
Alliierten kamen wieder Juden ins Land, aus den befreiten Lagern kamen
Überlebende, und nun,- heute, haben sie immer noch nicht genug, und wollen,
dass wir, dieses ehemalige Krebsgeschwür, uns bei unserem Wirt wohl fühlen,
und ausdehnen und sogar aus dem zerbröckelnden Osten wurden welche
eingeführt.
Worunter leidet dieser neue, deutsche Volkskörper derzeit
wirklich? Die misslungene "Operation" von damals tut ihnen leid. Indem also
Juden in Deutschland hofiert werden, sollen die alten Verbrechen unter
Löschkalk verschwinden. Obendrauf das neue Deutschland, mit glücklichen
Juden, und sogar solchen, die vor laufender Kamera erklären, es gäbe für sie
absolut keinen Grund, sich nicht als vollwertige Deutsche zu empfinden. Und
jene ließen sich nicht mittels "Auschwitzkeule" nach Israel jagen.
Jeder wisse doch, wie schwer der Neuanfang in Israel wäre.
Das soziale Netz, wie in Deutschland, ist dort unbekannt. Die Araber
versuchen nebenbei unablässig sich ihrer Nachbaren zu erwehren. Ganz anders
Deutschland! Die Deutschen haben ihre Liebe zu Juden entdeckt. Sie haben
inzwischen auch damit aufgehört, uns Auschwitz zu verzeihen, um sich mit
einer gewissen Normalität in der Beziehung zu befassen. Denn, der gerechte
Kampf der Juden in Israel, die Empörung gegen den Terrorismus, in einigen
Bereichen auch die Kritik an israelischer Politik, und nun, endlich, das
Wiedererwachen rechtsradikaler Parteien - das Verhältnis der Deutschen zu
ihren Juden hat sich völlig entkrampft. Diese Normalität wissen die Juden in
Deutschland zu schätzen.
Erklärt ein Jude in Deutschland einem ebensolchen, er
würde demnächst das Land verlassen, um seiner Bestimmung gerecht zu werden
und sich in Israel nieder zu lassen, so erntet er nicht nur Bewunderung,
sondern eher Verwunderung und mitleidige Blicke. Bei der Hitze, bei der
Arbeitslosigkeit, bei der Bedrohung durch die Nachbarn diesen Herd des
Philosemitismus aufzugeben, dazu fehlt vielen, die sich das anhören, das
Verständnis. "Keine Angst, der rechte Sumpf wird bald von selbst
austrocknen- an eigener Unfähigkeit zugrunde gehen".
Zurück bleibt eine Hassliebe. Die Erinnerung an die größte
Pleite aller Zeiten, läuft als peinlich berührter Harlekin durch die Reihen
der jüdischen Gemeinden in Deutschland. "Die werden doch nicht so dumm sein,
den gleichen Fehler zu wiederholen?" Mit dieser aufgesetzten Gewissheit lebt
es sich als Jude in Deutschland, als trüge man eine unsichtbare Panzerweste
unter der Unterwäsche, hoffend, dass die sicherlich noch vorhandenen "ewig
Gestrigen" die Sinnlosigkeit jedweden Antisemitismus' erkennen würden.
Doch, wie sagte ein berühmter Filmschaffender unlängst:
"Das Leben ist wie alles andere!" Überraschungen kann es immer geben. Sich
damit aufzuhalten, sämtliche zu überdenken, wäre reine Zeitverschwendung. So
gedenken die Juden zwischen dem Neujahrsfest und dem Versöhnungsfest ihrer
Vergehen, ihrer Fehler und ihrer Versäumnisse. An keinem der angeführten
soll es ihnen mangeln.
hagalil.com
21-09-2004 |