Von Sch. Zahubi, Haifa
Als Rentner in Deutschland ist inzwischen die Preisfrage zum Thema
Nummer eins geworden. Kann man sich das Altwerden noch erlauben? Sollte der
finanziell angeschlagene Staat nicht überlegen, die teuren Alten
auszulagern? Wie wärs mit Ägypten? Gutes Wetter, billige Arbeitskräfte, viel
Platz, und nur ein paar Stunden im Flieger schon sind die lieben Verwandten
zu Besuch. Als Jude im Alter gibt es nur Israel.
Aber was heißt hier "nur"? Israel ist ein Paradies für alte Menschen.
Gutes Wetter und ein paar Stunden im Flieger, schon sind die lieben
Verwandten zu Besuch. Allerdings sind die Arbeitskräfte nicht ganz so billig
und mit dem Platz wird es wohl irgendwann mal zum Handlungsbedarf der
Entscheidungsträger kommen müssen. Ein unschöner Übergang, doch es muss
angesprochen werden: bei den Friedhofsgrundstücken gibt es bereits
Überlegungen und Ideen, wie man den Bedarf an die Gegebenheiten anpassen
könnte.
Das Verpflanzen eines Menschen, der sein ganzes Leben gearbeitet hat und
seinen Freundeskreis aufgebaut, seine Verwandten, seine Ausflugsgegend, den
Gemüsehändler, den Arzt, die Sprache, die Kultur, es ist klar, es wird nicht
leicht sein. Warum sollte der ältere Zeitgenosse nicht dort bleiben, wo er
immer war? Eine einfache Antwort sind die Kosten. Die nächste Antwort ist
der drohende Antisemitismus. Und, sehr pragmatisch, Israel braucht mehr
Menschen, auch solche, die nicht mehr im Arbeitsprozess integriert sind,
aber dennoch tüchtig konsumieren.
Und hier wird das Thema Geld angesprochen. Alte Menschen erhalten
umfangreiche Vergünstigungen im Land. Es sollte nicht verschwiegen werden,
dass vermögende Alte schneller die Vorzüge des Landes erkennen werden, als
solche, die auf Hilfe angewiesen sind. Thailändische Haushaltshilfen haben
sich in Israel bewährt. Es gibt umtriebige Organisationen, die Ausflüge
unternehmen und Veranstaltungen für ältere Bürger organisieren. Viele alte
Menschen bleiben bei ihrer "Heimatsprache" und finden Publikationen aber
auch Fernsehprogramme vor, die eben diese Sprachen pflegen. Das Klima könnte
einigen Menschen gesundheitliche Schwierigkeiten bereiten. Hier gilt es,
vorab den Hausarzt zu fragen; allerdings ist zu bedenken, dass sehr hoch
betagte Menschen, die aus ihrer europäischen Heimat nach Israel gekommen
sind, das Mittelmeerklima gut vertragen, wohl, weil sie bereits in jungen
Jahren eingewandert sind. Aber auch neu hinzugezogene aus der ehemaligen
Sowjetunion schaffen nach einiger Zeit die Anpassung an die klimatischen
Gegebenheiten.
Als wohlhabender Pensionär kann man die Vorzüge dieses hoch entwickelten
Landes jedoch bis zum letzten Atemzug genießen. Hervorragende medizinische
Versorgung, wunderschöne Natur, das Tote Meer, die heiße, trockene Luft in
der Wüste, die feuchte Luft am Küstenstreifen, wenige Wetterschwankungen,
die in Europa den Kreislauf der Rentner plagen - und die Geschichten der
vielen älteren Bürger, die bereits im Land leben und darauf warten sie
jemandem zu erzählen, der sie noch nicht gehört hat.
Gleichwohl ist nicht zu befürchten, dass Israel das jüdische Altersheim
wird. Israels Bürger haben ein offenes Verhältnis zu ihren alten
Mitmenschen. Oft werden die Enkelkinder von den Grosseltern beaufsichtigt,
so kann ein doppeltes Gehalt erwirtschaftet werden und die Oma hat eine
sinnvolle Beschäftigung. Es gibt vorbildlich geführte Altersheime und man
wird nicht mit einem Mitinsassen konfrontiert, der seinem Antisemitismus
offen Ausdruck verleiht. Im "eigenen" Land entsteht ein Bezug zur Heimat,
den man als Jude nur in Israel spüren kann.
Sicherlich gibt es Aspekte, die einen Zuzug von alten Menschen nach
Israel infrage stellen können. Klima und Sprache wurden bereits
angesprochen, aber auch die Sicherheitslage könnte bei entsprechend
disponierten Zeitgenossen Vorbehalte auslösen. Hierzu gehört jedoch
unbedingt, dass Juden in aller Welt mit Antisemitismus konfrontiert werden,
der eine seelische Last darstellt, die bei manchen älteren Menschen zur
Ausbildung von Unruhe und Schlafstörungen führt, in deren Umfeld die Basis
für psychosomatische Krankheiten angelegt würde.
Wenn schon Ärger und Krankheit im Alter, dann doch lieber im eigenen
Land.