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Presse- und Genderforschung:
Frauen und Frauenbilder in der jüdischen Presse

"Erzieherin zur Tradition", "radikale Frau", "Repräsentantin des Anderen"

Auf Spurenlese in der jüdischen Presse von 1750-1945 begeben sich internationale WissenschafterInnen vom 5. bis 7. Juli 2004 im Rahmen der 14. Internationalen Sommerakademie in Wien, um der Rolle der Frauen im Wandel der Geschichte nach zu gehen. Organisatoren sind das Institut für Geschichte der Juden in Österreich und das Institut für Deutsche Presseforschung der Universität Bremen.

Zeichnet die traditionell von Männern dominierte Presse ein realistisches Bild oder reflektiert sie vielmehr männliche Wünsche an und Projektionen über Frauen? Sind Journalistinnen objektive, wertfreie Berichterstatterinnen über die weibliche Lebenssituation oder verfolgen auch sie mit ihrer Darstellung von Frauen bestimmte Ziele?: Die jüdische Presse als Spiegel des Einflusses sozialer, politischer und ökonomischer Entwicklungen auf weibliche Identität und die gesellschaftliche Stellung der Frau beleuchten internationale Historikerinnen und Historiker im Rahmen der Sommerakademie des Instituts für Geschichte der Juden in Österreich.

Verbürgerlichung und "Leserevolution": Die neue Rolle der jüdischen Frau als Erzieherin im 18. und 19. Jahrhundert

Die "Leserevolution" des 18. Jahrhunderts beeinflusste zwischen 1750 und 1850 auch die Lesegewohnheiten der Frauen wesentlich. Durch den sprachlichen Wechsel vom – den Männern vorbehaltenen – Hebräisch auf das auch von Frauen gesprochene und gelesene Deutsch wurde die Presse für Frauen zugänglich.

Die Verbürgerlichung der jüdischen Gemeinschaft im 18. Jahrhundert veränderte den innerjüdischen Status und den Wirkungsbereich der Frau, die nun für die religiöse Erziehung auch der männlichen Kinder und die Bewahrung der Tradition zuständig wurde. Dieser Wandel äußerte sich im entsprechenden Frauenbild der jüdischen Presse, welche die Frauen nun aufrief, ihren mütterlichen und hausfraulichen Verpflichtungen nachzukommen. Als Voraussetzung für deren Erfüllung sah sie die gute religiöse Ausbildung und allgemeine Erziehung der Mädchen. Diesen sozialpolitischen Entwicklungen widmen sich Louise Hecht (Jerusalem) und Johannes Schwarz (Potsdam).

Emanzipation und Weiblichkeit: Ost- und Westjüdinnen im Vergleich

Die Förderung der Erziehung der Mädchen aufgrund ihrer neuen Aufgaben in der jüdischen Gesellschaft trugen dazu bei, dass Jüdinnen um die Jahrhundertwende überproportional sowohl unter Studentinnen als auch in der entstehenden Frauenbewegung vertreten waren. Eszter Gantner (Budapest/Berlin) untersucht den Realitätsgehalt des – vor allem von nicht-jüdischer Seite in Ungarn – erhobenen Vorwurfs der "Radikalität" jüdischer Studentinnen.

Elisabeth Malleier (Wien/Meran) beleuchtet die durchaus kontroversielle Rezeption der Frauenbewegung in der österreichischen jüdischen Presse. Dass politische Radikalität auch unter Juden als "unweiblich" galt, beweist die Argumentation der jüdischen Presse Österreichs gegen weiblichen Antisemitismus, der den Journalisten gerade deshalb verwerflicher erschien als der männliche, weil er nicht den Vorstellungen von "weiblicher Natur" entsprach (Alison Rose, Providence).

Wie die jüdische Presse und jüdische Organisationen unterschiedlicher religiöser und politischer Ausrichtungen in Deutschland und Österreich auf das neue Rollenverständnis der Frauen, auf ihren Eintritt ins öffentliche und ins Berufsleben und auf die daraus resultierenden Veränderungen im jüdischen Familienleben reagierten, untersuchen Claudia Prestel (Leicester), Dieter Hecht (Wien) und Eleonore Lappin (St. Pölten). Die Bandbreite der Meinungen zog sich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts von Aufrufen zu erhöhter Gebärfreudigkeit, um den "Untergang des Judentums" zu verhindern, bis zur Hoffnung auf einen radikalen Wandel der überkommenen Gesellschafts-, Erziehungs- und Familienstrukturen mithilfe der Frauen.

Ähnliche Debatten wurden auch in Osteuropa geführt. Katrin Steffen (Warschau) veranschaulicht anhand der Warschauer Frauenzeitschrift "Ewa", dass auch in Polen Jüdinnen zur Avantgarde der Frauenrechtsbewegung gehörten und schon früh Geburtenkontrolle und verstärkte politische Repräsentanz aller Frauen forderten. Susanne Marten Finnis (Belfast) stellt mit Esther Frumkin eine ebenso umstrittene wie einflussreiche jiddischsprachige Journalistin und Politikerin vor, deren Forderungen von der Anerkennung des Jiddisch als nationale Sprache der Juden (1908), bis zu radikal-säkularen sozialistischen Reformen unter sowjetischer Herrschaft reichten. Am Beispiel jiddischer Schriftstellerinnen untersucht Esther Jonas-Märtin (Potsdam) den Einfluss des ostjüdischen Milieus sowie der späteren Emigration nach Israel/Palästina oder die USA auf das Selbstbild ostjüdischer Frauen.

Das zionistische Frauenbild: Ideologie und Realität

Keine andere jüdische Bewegung machte sich die Gleichberechtigung der Frau zu einem so dezidierten Anliegen wie die zionistische. Malgorzata Maksymiak-Fugmann (Beer Schewa) vergleicht das zionistisch-sozialistische Ideal der Frauenemanzipation durch Arbeit, welches von der, für polnische Leserinnen bestimmten, Jerusalemer Zeitschrift Bath Ami gezeichnet wurde, mit der gesellschaftlichen Realität im vorstaatlichen Israel.

Miroslava Kyselá (Ostrava) behandelt den Beitrag der Journalistinnen des Wochenblatts Selbstwehr zur Propagierung des Zionismus unter Frauen und weist damit auf bisher unbeachtete Aspekte dieser Zeitschrift hin, deren ausgezeichneter Ruf nicht zuletzt auf der Mitarbeit von Schriftstellern des Prager Kreises beruht.

Stefanie Leuenberger (Berlin) geht der Konstruktion des Bildes der Dichterin Else Lasker-Schüler in der kulturzionistischen Presse nach, die in Rezensionen als zutiefst "jüdisch", ja "asiatisch" und als "Repräsentantin des Anderen" dargestellt wurde. Unter Rückgriff auf den gängigen Rasse-Diskurs wurde dies mit ihrem jüdischen und weiblichen "Wesen" argumentiert, obwohl ihr aufgrund ihrer Ambivalenzen gegenüber dem jüdischen Bürgertum und der jüdischen Erneuerung der bewusste Wille zum Jüdisch-Sein fehlte.

Bewältigungsstrategien jüdischer Frauen während der NS-Zeit

Der nationalsozialistische Rassenwahn stellte die jüdische Gemeinschaft in Deutschland ab 1933 vor ungeheure Probleme. Martina Steer (Wien) weist anhand eines Fortsetzungsromans von Berta Badt-Strauss darauf hin, dass in der Zeit der Krise auch Belletristik Bewältigungsstrategien anbieten konnte. Michael Nagel (Bremen) zeigt den Beitrag von Kinder- und Jugendbeilagen in der jüdischen Presse der Jahre 1933–38 zur Entwicklung neuer Lebensentwürfe für Mädchen, aber auch zur inneren Stabilisierung der jüdischen Jugend im nationalsozialistischen Deutschland.

Während die Blattlinie des New Yorker Aufbau, der wichtigsten Zeitschrift der deutschsprachigen EmigrantInnen in den USA, ein konservatives Frauenbild vertrat, vermitteln die zahllosen Kleinanzeigen über Geschäftseröffnungen und Existenzneugründungen, die mitunter über ein Drittel des Zeitungsumfangs einnahmen, dass sich Frauen bisweilen rascher als ihre Männer auf die neuen Lebensumstände einstellen konnten, und resolut zu "Businessgründungen" schritten (Lothar Mertens, Bochum).

14. Internationale Sommerakademie:
"Frauen und Frauenbilder in der jüdischen Presse"

hagalil.com 30-06-2004

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