Interview mit Klaus Joelsen von den "Löwen gegen Rechts":
Fußballfans gegen Rassismus und Antisemitismus
Das Gespräch führte Max Brym
Ihr nennt euch "Löwen gegen Rechts", was ist darunter zu
verstehen ?
Wir sind Fans des TSV, die Lust auf Fußball und Leidenschaft
für unseren Verein haben. Wir haben keine Lust auf rassistische und
ausländerfeindliche Rufe und Gesänge. Wir wollen durch unser präsent sein
rechten Sprüchen und Parolen keine Chance geben.
Wann habt ihr eueren Fan-Zusammenschluß gegründet und was
macht ihr so ?
Es gab schon mal die "Löwen gegen Rechts", die Initiative hat
sich dann mit dem Umzug ins Olympiastadion aufgelöst. Als dann wieder
vermehrt rechte Gesänge und Rufe zu hören waren, haben wir die Initiative
Ende 2000 neu aufleben lassen.
Wir sind im Stadion präsent und mischen uns ein, wenn solche
Rufe kommen. Wir machen Informationsstände, beteiligen uns an Demos gegen
Nazis, stellen Forderungen an den Verein und geben Informationen zum Thema
heraus. Außerdem haben wir die Ausstellung "Tatort Stadion", die sich mit
Rassismus und Diskriminierung im Fußball beschäftigt, nach München geholt
und veranstaltet.
Seid ihr in Kontakt mit anderen Fangruppen mit ähnlicher
Zielsetzung im Bundesgebiet ?
Wir sind Mitglied in BAFF (Bündnis Aktiver Fußballfans). Dies
ist ein bundesweiter Zusammenschluss von einzelnen und Fanorganisationen,
die alle antirassistisch und antifaschistisch arbeiten. Darüber hinaus
spielen Themen wie Versitzplatzung, Kommerzialisierung usw. eine Rolle. Über
BAFF läuft eine reger Kontakt und Austausch. Zweimal im Jahr gibt es ein
bundesweites Treffen. Hier werden konkrete Vorhaben geplant und koordiniert.
Wie äußert sich Rassismus und Antisemitismus im
Fußballstadion ? Gibt es organisierte rechte Gruppen bei verschiedenen
Vereinen ?
Sprüche wie: "Niggersau", "Judenclub", "Zick-Zack
Zigeunerpack" oder das altbekannte "Uh-Uh-Uh"-Rufen sind nur ein paar
Beispiele für rassistische und antisemitische Äußerungen. Bei den Löwen gibt
es momentan keine organisierte rechte Gruppen. Bei anderen Vereinen soll es
so etwas schon geben, ob das stimmt, weiß ich nicht.
Habt ihr konkrete Forderungen an den Verein TSV 1860
München ? Welches Verhältnis habt ihr zur Leitung der Fußballabteilung ?
Eine unsere wichtigsten Forderungen ist die Aufnahme eines
Antirassismus und Antidiskriminierungsparagraphen in die Vereins- bzw.
Stadionordnung. Dies scheint sogar demnächst zu klappen. Weiterhin fordern
wir eine Auseinandersetzung des Vereins mit seiner Rolle in der Nazizeit,
die bisher noch nicht geschehen ist.
Momentan liegt unser Kontakt, aufgrund der aktuellen
Situation im Verein, brach. Allerdings hoffen wir mit der neuen Führung bald
zu Gesprächen zusammen zu kommen.
1860 ist aus der ersten Fußballbundesliga abgestiegen.
Welche Ursachen hat das nach euerer Meinung ?
In aller erster Linie ist Karl-Heinz Wildmoser dafür
verantwortlich. Er hat mit seiner Alleinherrschaft viel kaputt gemacht im
Verein. Zerstörung einer lebendigen Fankultur, Aufgabe einer eigenen
Identität, Umzug ins Olympiastadion, schrittweise Aushöhlung der
Mitgliederrechte sind hier nur ein paar Schlagworte dafür. Das da auch keine
Spielertypen oder Trainer mehr da waren , die sich mit dem Verein
identifizieren war fast zwangsläufig. Außerdem war die Struktur im Verein so
umgestaltet, das alle Positionen nur noch mit "Ja-Sagern" und inkompetenten
Menschen besetzt waren. So konnten keine vernünftigen Entscheidungen
getroffen werden. Wenn Spieler, Trainer, Angestellte oder Fans nicht offen
sagen dürfen, was sie denken, ohne, dass sie gleich mit einem
Vereinsausschluss rechnen müssen, ist klar, das irgendwann viele sagen, dass
es keinen Spaß mehr macht für diesen Verein zu arbeiten, sich einzusetzen
oder zu spielen. Und so eine Situation führt zum Abstieg.
Der Verein hat wegen dem "Schmiergeldskandal" um das neue
Stadion in Fröttmaning mehr als Schlagzeilen gemacht. Wildmoser jun. sitzt
noch in Haft und Wildmoser sen. musste von seinem Posten als
Vereinspräsident zurücktreten. Wie bewertet ihr die Vorgänge und hat der
Verein die richtigen Konsequenzen gezogen ?
Das oben geschilderte System Wildmoser hat dazu geführt, das
es soweit kommen konnte. Absolut richtig ist, dass er zurücktreten musste.
Der Verein hat die ersten Schritte (Rückkehr ins Grünwalder Stadion,
Entlassung vom Sportdirektor) in die richtige Richtung gemacht. Es müssen
allerdings weitere folgen, so muss vor allen Dingen wieder eine
demokratische Struktur in den Verein.
Was fasziniert euch eigentlich am Fußball, warum sollte
man Löwen Fan und kein Bayern Fan sein ? Am Spiel allein kanns ja nicht
liegen.
Fußball ist Emotion, Leidenschaft, Liebe, Hass... Fußball
vereint so viel an Gefühlen. Fußball eint, Fußball polarisiert. Erleben im
Fußballstadion ist pure Gänsehaut. Freundschaft, Gemeinsamkeit, Geselligkeit
und Feiern ist Fußball. Anders kann ich es nicht ausdrücken und das kann
auch nur der/die verstehen, der/die Fußball eben nicht nur vorm Fernseher
erlebt hat.
Bei den Löwen ist alles geboten. Es gibt ein Auf und Ab. Es
geht von Himmelhochjauchzend bis zu Tode betrübt. Man freut sich über viele
kleine Dinge und Erfolge. Es gibt immer wieder Überraschungen. Leiden und
Freuen ist immer nah beieinander.
Bei Bayern zählt nur der Titel, Siege gelten als alltäglich.
Wenn man mal Bayern-Fans nach einem Sieg nach Hause gehen sieht, feiern, die
nicht mal. Sie nehmen das als alltäglich hin. Das ist langweilig!!
hagalil.com 08-06-2004 |