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Historische Debatte in Kosova/Kosovo:
Die Juden in Kosova und Albanien

Von Max Brym

In der albanischen und albanischsprachigen Presse Kosovas ist eine Debatte über das Schicksal der Juden in Kosova im vergangenen Jahrhundert entstanden. Ein Autor schrieb in der Zeitung Gazeta Shiqiptare (Albanische Zeitung) am 01.02.2004: "In der Zeit der Nazibesatzung Kosovas wurden von den deutschen Faschisten rund 500 Juden aus Kosova deportiert und vernichtet."

Am 03.05.2004 widersprach Dr. Apostol Kotani dieser Darstellung in der bekannten Tageszeitung Koha Ditore. Herr Kotani ist Autor eines Standardwerkes mit dem Titel: "Die Juden in Albanien im vergangenen Jahrhundert". Kotani beginnt seine Untersuchung in Koha Ditore mit der Entwicklung der jüdischen Gemeinden in Kosova zu Beginn des 20 Jahrhunderts. Nach der Darstellung von Kotani gab es in Kosova bis 1910-1912 etwas mehr als 3000 jüdische Menschen. Herr Kotani bezieht sich auf erhalten gebliebene Unterlagen von örtlichen und von internationalen jüdischen Organisationen.

Die Juden und der Balkankrieg

Im Jahr 1912 begann der Balkankrieg, in ihm kämpften Serben, Albaner, Mazedonier, Montenegriener und Griechen gegen das osmanische Reich. Im zweiten Balkankrieg 1913 wurde die Beute unter den beteiligten Staaten aufgeteilt. Serbien erhielt Mazedonien und Kosova. Nach zuverlässigen Schätzungen ermordete die serbische Soldateska an die 25000 Albaner. Anschaulich schilderte der sozialistische Balkan Korrespondent Leo Trotzki in einer Kiewer Zeitung das Blutbad. Auch der österreichische Jude und Sozialist Leo Freundlich appellierte damals an das Weltgewissen.

Der serbische Sozialistenführer Dimitrije Tucovic (1881-1914) sprach von einem "klassischen Kolonialkrieg" und von "einem bewußten Mord an einer ganzen Nation". So beschrieben in seinem Buch "Serben und Albaner", erschienen im Januar 1914 in Belgrad. In keinem der Bücher findet allerdings das Schicksal der Juden in Kosova Erwähnung. Diese Lücke schloß erst Herr Dr. Kotani mit seinem Buch. In dem Artikel in Koha Ditore schreibt Kotani: "Der serbische Chauvinismus richtete sich damals auch gegen die Juden, die Masse von ihnen wurden nach dem Balkankrieg in die Türkei (offiziell nannte man sie türkische Agenten) vertrieben, die Juden wurden genauso schlecht behandelt wie die Albaner".

Nach dem Balkankrieg verblieben in Kosova 300 Juden. Es gab Jüdische Gemeinden in Prishtina, Peje (Peja) und Prizeren. Nach dem Ende des ersten Weltkrieges (zwischen 1915 und 1918 war Kosova von Österreich – Ungarn besetzt, die jüdischen Gemeinden verzeichneten ein leichtes Wachstum), wurden die Juden in Kosova neuerlich attackiert. Der serbische Nationalismus warf den Juden "Antislawentum" und "Kollaboration mit den Feinden der serbischen Nation vor". Die jüdischen Menschen waren in der Regel arm und fristeten ihr Leben als Kleinhändler. Ihr Kundenstamm war zumeist der albanische Bauer. Am 13 Juni 1936 erließ das serbische Innenministerium ein Gesetz, das jedem "Nichtserben" in Kosova den freien Wohnortwechsel und den freien Handel verbot. Es war geplant, Kosova vollständig zu serbifizieren.

Darunter litten auch die Juden in Kosova. Im Jahr 1937 erschien im Auftrag der serbischen Akademie der Wissenschaft eine Arbeit des Akademiemitgliedes Vasso Tschubrilowitsch unter dem Titel: "Die Vertreibung der Albaner". Unter den Sondersteuern, Gewerbeverboten und gezielten Enteignungen litt auch die kleine jüdische Gemeinde in Kosova. Dr. Kotani zitiert dazu David Levy: "Die Juden in Kosova sind in der schwierigsten Lage ihrer Geschichte angelangt ( Bericht an die zionistische Exekutive 1937)."

Kosova im zweiten Weltkrieg

Im Jahr 1941 wurde Jugoslawien vom faschistischen Deutschland überfallen und besetzt. Teile Dalmatiens, Mazedoniens und der Großteil von Kosova fiel an das faschistische Italien. Viele Juden aus Kroatien und Serbien flohen vor dem eliminatorischen Antisemitismus der Nazis in die von Italien besetzten Gebiete. Diese Regionen galten als relativ sicher, besonders die albanische Bevölkerung als "judenfreundlich". Im Jahr 1942 verlangte das nazistische Deutschland eine Erfassung der Juden in Kosova und ihre Überstellung an die deutschen Behörden.

Statt der deutschen Aufforderung Folge zu leisten, wurde von den albanischen Behörden den Juden nahegelegt, nach Albanien zu gehen. Ab April 1942, schreibt Dr. Kotani, gingen zirka 500 Juden nach Albanien. Das erste Kontingent ging nach Berat, das zweite Kontingent mit 195 Personen ging nach Kavaje und das dritte Kontingent mit 175 Personen nach Kruja. Anfangs wurden die Menschen in Camps untergebracht. Nachdem albanische Nazikollaborateure wie der fanatische Arzt Spiro Liton die Camps untersuchen wollte, um die Menschen den Nazis auszuliefern, wurde der Doktor liquidiert.

Als nach der Kapitulation Italiens das nazistische Deutschland Kosova und Albanien besetzte, fanden die jüdischen Menschen Aufnahme bei albanischen Bauern und Partisanen. Dem Historiker Kotani ist der Stolz anzumerken, wenn er in Koha Ditore festhält: "Kein einziger Jude fiel den Nazis in Albanien in die Hände, sie wurden versteckt und verteidigt." In der Tat, Albanien war das einzige Land in Europa, indem es nach der Nazibesatzung mehr Juden gab als vorher. Darunter viele Juden aus Kosova, die nach dem Krieg entweder nach Kosova zurückkehrten, oder nach Israel/Palästina auswanderten.

Fazit

In der Zeit der nazistischen Barbarei konnte die Behörde aus Belgrad an das RSHA in Berlin melden: "Serbien ist judenfrei". Die Untaten der faschistischen kroatischen Ustaschi sind bekannt. In Mazedonien wurden von 7762 Juden 6982 getötet. In allen Gebieten gab es Kollaborateure und antifaschistischen Widerstand. Am wenigsten Anklang fand der eliminatorische Antisemitismus damals in Kosova und Albanien. Dieser historische Fakt ist wichtig und hat aktuelle Bedeutung.

In der "linken" innerdeutschen Debatte gibt es oftmals per se gute und negative Nationen. Das ist absolut daneben, schon die alten Griechen wußten "alles fließt, alles bewegt sich und du gehst niemals mehr in den selben Fluß baden". Es bleibt festzuhalten, dass in dem mehrheitlich moslemischen Gebieten Albaniens in der Zeit der Hitlerbarbarei die Juden Schutz und Sicherheit fanden. Demzufolge ist die gegebene moslemische Welt nicht an sich "judenfeindlich" und antisemitisch. Alles hat seine Dynamik im historischen Prozeß, Dinge entstehen, entwickeln sich und vergehen. Gegebene Mehrheitshaltungen oder historische Ereignisse entwickelten sich im Rahmen der vorhandenen Kräfteverhältnisse im Kampf der Gegensätze.

Es gibt demzufolge nicht die guten oder schlechten Nationen, jedes Ding hat zwei Seiten und es besteht die Aufgabe, Menschlichkeit und Toleranz, gegen die Intoleranz zu entwickeln. Wenn es in der albanischen Presse eine positive Bezugnahme zur antifaschistische Tradition gibt, dann ist das gut und nicht schlecht. Noch besser ist diese Tatsache, wenn Dr. Apostol Kotani aktuelle Konsequenzen aus der antifaschistischen Tradition für Kosova heute fordert.

hagalil.com 04-05-2004

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