Israel im "Standard":
Gleicher Maßstab für alle?
Von Karl Pfeifer
"Der Standard" ist die Wiener Qualitätszeitung. In der
Online-Ausgabe wird oft genug die Diskussion zu jüdischen Themen wegen der
Masse der antisemitischen Zuschriften eingestellt. Was auf das
Verantwortungsbewusstsein der Zeitungsmacher hinweist. In dieser
Wochenendausgabe publiziert "Der Standard" ein Interview mit Iris Berben,
die am 22. April im Wiener Burgtheater eine Benefizlesung zugunsten der
Hebräischen Universität Jerusalem geben wird.
Die Frage: "Nach Ihrer TV-Reportage "Und jetzt, Israel?"
könnte man meinen, niemand in Israel will den Krieg" macht stutzig. Denn die
Journalistin äußert ein allgemein in Österreich verbreitetes Vorurteil, dass
doch Israelis gerne Krieg führen. Es gab eine Zeit, da machte man sich hier
über die fehlende Begeisterung der Juden für das Soldatenhandwerk lustig.
Die Zeit ist vorbei, jetzt wird – dank den Medien – Israels Gesellschaft
unterstellt, sie sei kriegslüstern. Dass die Israelis in ihrer überwiegenden
Mehrheit Frieden wünschen, das zeigen alle Meinungsumfragen. Warum ist das
in Wien so schwer nachvollziehbar, dass nach Jahrzehnten von Krieg und
Terror die Israelis, Juden und Araber, nichts sehnlicher wünschen als
Frieden?
Eine andere Qualität hat die heutige Standard-Karikatur von
Dieter Zehetmayr. Man sieht ein Gebäude im Entstehen, ein Mann der Sharon
ähnelt legt Ziegel und am Dach weht eine israelische Fahne. Etwas entfernt
davon ein Gebäude mit der amerikanischen Fahne und darüber folgende
Sprechblase: "Aber jetzt musst Du einschreiten, George! Auf unserer Ranch
kann er wirklich keine Siedlung bauen!"
Wenn also die Israeli unter der Führung von Ariel Scharon
gerade beabsichtigen alle Siedlungen im Gazastreifen zu räumen, findet der
Karikaturist den Zeitpunkt gekommen, sich darüber lustig zu machen. Was
wieder einmal zeigt, dass die Israeli es den Europäern nicht recht machen
können. Ihre Siedlungen sind ein Dorn im Auge, aber auch die Räumung von
Siedlungen.
Nie würde es Zehetmayr einfallen, eine solche Karikatur mit
der türkischen Fahne zu versehen. Obwohl die Türken Nordzypern militärisch
besetzt und dort über hunderttausend Türken aus Anatolien angesiedelt haben.
Aber da urteilt ja auch die Weltgemeinschaft anders, laut UNO-Plan dürfen
die türkischen Siedler bleiben.
hagalil.com
18-04-2004 |