Ausstellungseröffnung in
München:
Zufluchtsland Italien während der Nazi-Zeit
Vom 12.
Februar bis 15. April wird die Gesellschaft zur Förderung jüdischer Kultur
und Tradition e.V. in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Hauptstaatsarchiv
zu dem hierzulande bislang kaum bearbeiteten Thema "Zufluchtsland Italien
während der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft in Deutschland" zwei
Ausstellungen präsentieren.
Kurator: Dr. Klaus Voigt, Berlin
Exil in Italien 1933–1945
Tausende von
Emigranten, überwiegend Juden aus Deutschland, fanden während der
nationalsozialistischen Verfolgung Zuflucht im faschistischen Italien. Sie
lebten in bescheidenen, aber erträglichen Verhältnissen in einer ihnen
überwiegend wohlgesinnten Umgebung. Um so entscheidender war der Umschwung
nach Einführung der faschistischen Rassengesetze im Herbst 1938, durch die
das Exil in Italien zu einem der härtesten in Europa wurde. Not,
Ungewissheit, Furcht vor Ausweisung und – während der deutschen Besetzung –
vor allem Angst vor Verhaftung und Deportation beherrschten das Leben der
Flüchtlinge. Die humanen Kräfte in der italienischen Gesellschaft stärkten
jedoch den Überlebenswillen.

Die Internierten der Villa Olivieto in Civitella dell
Chiana beim
gemeinsamen Mittagessen (Sammlung Gottfredo Raimo)
Unter den
Exilanten befanden sich auch viele Künstler und Wissenschaftler, wie der
Medientheoretiker Rudolf Arnheim, der Philosoph Karl Löwith, der
Schriftsteller Klaus Mann, der Regisseur Max Reinhardt, der Maler Felix
Nussbaum, der Komponist Artur Schnabel, der Architekt Konrad Wachsmann u.a.
Die Münchner
Präsentation fokussiert Persönlichkeiten aus Bayern wie die Familie um den
Ethnologen Erich Ortenau, den Religionswissenschaftler Friedrich Georg
Friedmann, der Kunsthistoriker Richard Krautheimer, den Verleger Kurt Wolff
und die Etruskologin Dr. Eva Fiesel.
Eine Ausstellung
der Akademie der Künste Berlin über deutsche Künstler und Wissenschaftler in
Italien 1933-1945" (Restexemplare des Katalogs in der Ausstellung
erhältlich) ergänzt von der Gesellschaft zur Förderung jüdischer Kultur und
Tradition e.V. und dem Bayerischen Hauptstaatsarchiv.
Kurator: Dr.
Klaus Voigt, Berlin - Münchner Ausstellungsbearbeitung: Brigitte Bruns M.A.
Die jüdischen Kinder der
Villa Emma in Nonantola 1942–1943
Die Ausstellung
dokumentiert die außergewöhnliche Rettungsinitiative der Bewohner der
norditalienischen Stadt Nonantola, durch deren Mut und Solidarität es
gelang, 73 jüdische Kinder vor dem Tod zu bewahren.
Die Kinder –
viele von ihnen bereits Waisenkinder – stammten aus Österreich, Deutschland,
Jugoslawien und Polen und waren teils unter dramatischen Umständen zunächst
nach Ljubljana geflüchtet.
Als dort der
Partisanenkrieg ausbrach, wurden sie im Juli 1942 nach Nonantola bei Modena
gebracht. Über ein Jahr bot die Villa Emma ihnen und ihren BetreuerInnen
eine Bleibe. Die Kinder erhielten Unterricht sowie eine handwerkliche und
landwirtschaftliche Ausbildung als Vorbereitung auf ihr Leben in Palästina.

Der Bauer Ernesto Leonardi wies die Jungen der
Villa Emma in die Feldarbeit ein (Archivo Storico
del Comune di Nonantola)
Die Situation
änderte sich schlagartig, als 1943 die deutschen Truppen in Nonantola
einrückten und die innerhalb von 48 Stunden geräumt werden musste. Binnen
kürzester Zeit konnten alle 73 Kinder im Ort versteckt werden – im
Priesterseminar, bei Nonnen sowie bei vielen einheimischen Familien – so
lange, bis nach mehreren Wochen die weitere Flucht der Kinder in die Schweiz
organisiert werden konnte.
Der deutsche
Historiker Dr. Klaus Voigt, Berlin, hat die Geschichte der Kinder der Villa
Emma recherchiert und die vorliegende Wanderausstellung gestaltet. Den
historischen Hintergrund bietet die angeschlossene Dokumentation "Zuflucht
auf Widerruf - Exil in Italien 1933-1945".
Eine Ausstellung
der Gemeinde Nonantola in Zusammenarbeit mit der Region Emilia-Romagna und
dem Goethe-Institut, Mailand. Kurator: Dr. Klaus Voigt, Berlin
In der
Ausstellung sind ein Katalog (€ 9,-) sowie die Dokumentation von Dr. Klaus
Voigt -Villa Emma. Jüdische Kinder auf der Flucht 1940-1945 (€ 19,-)
erhältlich.
Veranstalter:
Gesellschaft zur Förderung jüdischer Kultur und Tradition e.V. und
Bayerisches Hauptstaatsarchiv
Ort: München
- Schönfeldstraße 5 – U-Bahn Odeonsplatz
Öffnungszeiten: Mo - Do 8-18 Uhr, Fr 8-16 Uhr
24.2. und Feiertage geschlossen
Eintritt frei
Führungen frei
Spontane Hilfe: Villa Emma
Begleitprogramm:
Kostenlose
Führungen nach Voranmeldung Tel. 089-221253
12.2. um 17.30 Uhr, an den übrigen Veranstaltungsabenden jeweils um 16.30
Uhr
Veranstalter: Gesellschaft zur Förderung jüdischer Kultur und Tradition e.V.
Do 12.02. 19
Uhr
Einführung in die Ausstellungen durch Dr. Klaus Voigt (Kurator) und
Vorstellung seines Buches "Villa Emma. Jüdische Kinder auf der Flucht
1940-1945" durch Prof. Dr. Titus R. Heydenreich; anschließend Gespräch mit
Zeitzeugin Frau Ruth Saker (Tel Aviv)
Di 17.02.
18.00 Uhr
Dokumentarfilm: Bella Italia – Zuflucht auf Widerruf
D 1996 - R: Peter Voigt - 102 min, OmU, Interviews mit Emigranten, u.a.
Di 02.03.
18.00 Uhr
Spielfilm: Die letzte Chance
CH 1945 - R: Leopold Lindtberg - 104 min – Deutsch - s/w
Es wird die Geschichte einer jüdischen Flüchtlingsgruppe aus Italien
erzählt, die in der Schweiz Asyl zu finden hofft. Dabei finden sich Soldaten
– ein an der Schweizer Grenze ausgesetzter Amerikaner sowie ein Brite –
plötzlich als Anführer der multinationalen Gruppe. Mit Therese Giehse.
Di 09.03.
18.00 Uhr
Dokumentarfilm: The Righteous Enemy
UK, USA, 1987 - R: Joseph Rochlitz, 57 min.- s/w, Farbe - OmeU
Kroatien/Frankreich 1941-1943: Während der italienischen Besatzungszeit
schützen die italienischen Behörden Juden vor der Deportation. Interviews
mit Zeitzeugen und Historikern.
Do 18.03.
18.00 Uhr
Gespräch: Emigrantenschicksale in Italien
mit Henrike Leonhardt, Dr. Hiltrud Häntzschel und Brigitte Bruns M.A. über
Erich Ortenau, Friedrich Georg Friedmann, Max Hirschberg, Dr. Eva Fiesel, im
Anschluss Anhörung des dokumentarischen Hörspiels "Jahrzeit - Erinnerung an
Maria Ehrlich" (Bayerischer Rundfunk, 1994)
Di 23.03.
18.00 Uhr
Vortrag von Dr. Hans Woller, Institut für Zeitgeschichte, München
Antisemitismus in Italien zur Zeit des Faschismus
Di 30.03.
18.00 Uhr
Der Schauspieler Lino Capolicchio liest aus dem Roman "Il giardino dei Finzi
Contini" von Giorgio Bassani. Anschließend Filmvorführung "Il Giardino dei
Finzi Contini" (OF), Regie: V. De Sica (1970) und Gespräch mit dem
Schauspieler. (Es wird simultan übersetzt).
In Zusammenarbeit mit der Kulturabteilung des Italienischen Generalkonsulats
München/Istituto di Cultura.
Eintritt frei
Kontakt: Tel. 089/221253
E-Mail:
juedischekulturmuenchen@t-online.de
hagalil.com
12-02-2004 |