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Filmtipp:
Wer denkt bei Dachau schon an Heimat?

Von Gudrun Wilhelmy

Die Assoziationen bei der Erwähnung des Namens "Dachau" sind weltweit festgelegt. Es ist ein Ort, der nur als ehemaliges Konzentrationslager im Bewusstsein verankert ist. Wie kann dieser Ort Heimat sein?


Dachau-Ortsschilder

Wie ist es, wenn beim Vorzeigen der EC-Karte der Kreissparkasse Dachau in den USA gefragt wird, wieso KZ-Bewohner eine EC-Karte benötigen? Wie ist es, wenn aufgrund des Autokennzeichens, die Auslandsreise oft mit zerstochenen Autoreifen endet? Was heißt es, wenn werdenden Eltern eine Geburtsklinik außerhalb ihres Wohnortes aufsuchen, damit ihr Kind nicht mit dem Geburtsort Dachau im Pass leben muss? Was nötigt es bereits Kindern an Auseinandersetzung mit der Vergangenheit ab, wenn ihr erster englischer Satz, den sie lernen, lautet: "Can you show me the way to the concentration-camp?" Was ist das alles, gegen das, was im Konzentrationslager Dachau Menschen angetan wurde?


Bernd Fischer,  Buch und Regie

In Bernd Fischers Dokumentarfilm "Grüsse aus Dachau", der 2003 auf der Berlinale gezeigt wurde, gelingt der Versuch, den Alltag in Dachau als Heimat-Stadt und die Erinnerung an die Vernichtung von Juden und Zwangsarbeitern als Alltagsbestandteil miteinander zu verknüpfen. Fischer ist selbst in Dachau aufgewachsen. Viele Dachauer kommen zu Wort, die einen weichen der Vergangenheit, die ihre Gegenwart weitgehend mitbestimmt, nicht aus. Die anderen suchen eine verkrampfte Loslösung von der Schande, die mit dem Namen Dachau verbunden ist. Der KZ-Überlebende Max Mannheimer, der Besucher und Gäste durch die Gedenkstätte begleitet, die Klosterschwester Elia, die mit Max Mannheimer befreundet ist und Porträtaufnahmen von ehemaligen Häftlingen und Zwangsarbeitern macht, Oberbürgermeister Piller und Robert Konopka, der Stadtrat der Republikaner, Barbara Distel als Leiterin der Gedenkstätte, der Pressesprecher der Polizei und die Stadtführerin Anni Härtl neben Bruno Schachtner, einem engagierten Dachauer äußern sich vor der Kamera in Einzelinterviews. Die einen leben damit und auch teilweise davon, die anderen versuchen den Blick vollständig abzuwenden vom KZ-Standort, der den Namen Dachau weltweit bekannt machte.


Klosterschwester Elia

Die filmische Umsetzung beginnt im späten Frühling, wenn alles blüht und gleitet durch alle Jahreszeiten, in dessen Kreis die Interviewten immer wieder zu Wort und ins Bild kommen. Auf der einen Seite der Versuch der Politiker und politisch Engagierten, das Bild der Welt von Dachau als Standtort eines Konzentrationslagers nicht allein bestimmen zu lassen. Auf der anderen wirkt  Max Mannheimer, der als ehemaliger Lagerhäftling an die dort umgekommenen Häftlinge und Zwangsarbeiter erinnern will und muss. Einerseits die Stadtführerin, die sich wortreich über die schönen Seiten Dachaus äußert und die Gedenkstätte ausspart. Andererseits die Gedenkstättenleiterin, die noch immer um historisch richtige Zugänge zum ehemaligen Lager kämpft. Ein Bürgermeister und ein republikanischer Stadtverordneter, denen der bayerische Charakter Dachaus näher liegt, als die Nazi-Vergangenheit des Städtchens.

Unentrinnbar bricht mit Touristen und Überlebenden immer wieder die Vergangenheit in den Alltag aller Bewohner ein, dass die Idylle und das Verlangen danach nachhaltig stört. Für die unmittelbaren Anwohner der Gedenkstätte, ist der Blick auf die Überreste des Konzentrationslagers, in dem unmenschliche Vorgänge alltäglich wiederholt wurden, ist der Blick aus dem Garten auf die Umzäunung des Geländes kein nachbarschaftliches Wunschbild. Die Gedenkstättenbesucher irritieren die Klänge sommerlicher Gartenfeste, wenn sie den Erinnerung an erlittenes Leid, der Spurensuche nach Verstorbenen und Familienmitgliedern nachgehen oder sich auf die Suche begeben, Unfassbares zu verstehen. Hier in Dachau muss man "damit" leben, hier ist Vergangenheit für alle Beteiligten unentrinnbarer Bestandteil am Morgen wie am Abend. Max Mannheimer, der für alle dort inhaftierten und getöteten täglich Touristen empfängt, Besuchergruppen begleitet und mit ehemaligen Gefangenen und Zwangsarbeitern in Kontakt steht, die hier von Erinnerungen gequält das Gelände nach Spuren eigener Vergangenheit absuchen. Die fassungslos das Grauen noch einmal empfinden müssen, was hier an ihnen verübt wurde. Daneben, in unmittelbarer Nachbarschaft der Gedenkstätte, sitzen Dachau-Bewohner vor ihrem Eigenheim mit Garten und Blumen.


Max Mannheimer, ehemaliger Häftling, Überlebender

Dachau ist eine Chance, mit dem zu leben, was man nicht ändern kann und sich immer wieder klar zu machen, niemals die Grenzen dessen aus den Augen zu verlieren, was man mitmacht und wo Verweigerung die einzige Antwort sein darf. Ein nicht immer leichtes Erbe, doch Fischer setzt es souverän ins Bild und zeigt Menschen, die bereit sind, dem Anspruch nicht ausweichen, Vergangenheit nicht zu leugnen sondern sich ihr jeden Tag zu stellen, als lebenslangen Prozess auf sich zu nehmen.

Der Film ist ab 22. Januar im Kino Hackesche Höfe in Berlin zu sehen und demnächst auch in anderen Großstädten und Universitätsstädten zu sehen sein. Unbedingt ansehen.

hagalil.com 16-01-2004

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