Hannah Pick:
Die Schulfreundin Anne Franks
Ein Dokumentarfilm von Nina Rücker in
Zusammenarbeit mit dem Anne-Frank-Zentrum Berlin
Bericht von Heide Kramer, November 2003
Filmpremiere am 2. November 2003 um 11.00 Uhr im 'Haus
Schwarzenberg', Rosenthaler Str. 39, Kino "Central" (Berlin-Mitte, neben den
Hackeschen Höfen). Eine Veranstaltung des Anne-Frank-Zentrums Berlin
Frau Hannah Pick-Goslar hatte mich im September darüber
informiert, dass sie sich Ende Oktober/Anfang November mit ihrer Schwester
Frau Rachel Mozes erneut in Wittenberge und Strausberg/Brandenburg aufhalten
und zur Filmpremiere am 2. November nach Berlin von: „Hannah Pick – Die
Schulfreundin Anne Franks“ nach Berlin kommen würde. Ich freute mich über
die Nachricht, denn das war erstens eine erneute Gelegenheit zum
Wiedersehen, zweitens für mich eine Einladung zur Teilnahme an der
Filmpremiere. Selbstverständlich wollte ich dabei sein.
Haus Schwarzenberg
Das Kino "Central", Ort der Filmpremiere, befindet sich im
'Haus Schwarzenberg'
in der Rosenthaler Straße 39, Berlin-Mitte, neben den "Hackeschen Höfen".
Für mich haben aus historischer Sicht die baufälligen Gebäude ein ganz
besonderes (themenbezogenes) Ambiente.
Das Modul "Familie Goslar" in den Ausstellungsräumen
des Anne-Frank-Zentrums und die Begegnung mit den Schwestern Hannah Pick und
Rachel Mozes
Vor dem Start der Filmveranstaltung im Kino "Central"
treffe ich in den Ausstellungsräumen des Anne-Frank-Zentrums die Schwestern
Hannah Pick und Rachel Mozes. Wir freuen uns über das Wiedersehen. Hannah
und Rachel sind schon länger hier und haben sich umgeschaut, ihr
hauptsächliches Augenmerk gilt der Zusatzausstellung "Familie Goslar".
Anfang 2003 wurde dieses sensibel konzipierte Modul in die ständige
Ausstellung des Anne-Frank-Zentrums Berlin integriert.
Frau Rachel M. mit Herrn Thomas H. in den
Ausstellungsräumen des Anne-Frank-Zentrums Berlin.
(Foto: ©Heide Kramer, Hannover, November 2003)
Die Geschichte der Familie Goslar zieht sich darin als
"roter Faden" durch das dargestellte Zeitgeschehen in Ton, Wort und Bild.
Gleichzeitig werden dem Betrachter geschickt Informationen bzw.
Gelegenheiten zur Erweiterung des (historischen) Kenntnisstandes angeboten.
Die Präsentation ist deshalb auch für Schulen als "außerschulischer Lernort"
hervorragend geeignet. Dieses außergewöhnliche Ausstellungsprojekt habe ich
mir erstmals im Februar 2003 angesehen. Hannah erläutert den interessierten
Anwesenden das Modul und beantwortet Fragen.
Frau Hannah Pick-Goslar in den Ausstellungs-
räumen des Anne-Frank-Zentrums Berlin. Am
Modul "Familie Goslar".
(Foto: ©Heide Kramer, Hannover,
November 2003)
"Hannah Pick – Die Freundin Anne Franks".
Ein Film von Nina Rücker
Frau Nina Rücker, die Berliner Fotojournalistin und
Filmemacherin, ist anwesend. Sie wird uns im Kino "Central" ihren
Dokumentarfilm mit einer anberaumten Dauer von ca. 30 Minuten vorstellen.
Mit den Schwestern Hannah und Rachel, Angehörigen des Anne-Frank-Zentrums
sowie einigen Vertretern von der RAA Strausberg bin auch ich sehr gespannt.
Die Zuschauer erleben im Film die Konfrontation mit Frau
Hannah Pick, die ihr Leben als Zeitzeugin aus gegenwärtiger Sicht und aus
der Perspektive des Kindes Hannah Goslar darstellt. Sie wird im November
1928 als erste Tochter von Ruth und Hans Goslar in Berlin geboren.
Weitere Infos: "Geschichte
der Familie Goslar"
Hannah erinnert sich an zahlreiche Begebenheiten und
Szenen in ihrem Berliner Kinderdasein, das ab dem fünften Lebensjahr eine
schreckliche Zäsur erfährt. Noch lebt die Familie Goslar 'In den Zelten 21
A' im Bezirk Tiergarten, die Großeltern wohnen in der Tauentzienstraße. So
zum Beispiel sind Hannah die Synagogenbesuche ihres Vaters zur Passauer
Straße oder sonntägliche Spaziergänge im Tiergarten, aber auch damit
verbundene Kinderstreiche im Gedächtnis geblieben. Hannahs Präsentation und
ihre Berichte ergeben einen geschickten Kontext zu dem eingebrachten
historischen (kommentierten) Film- und Bildteil.
Hanneli Goslar als Zweijährige im Berliner
Tiergarten, um 1930
In Amsterdam lernt Hannah Anne Frank und deren Familie
kennen. Auch aus jener Periode erzählt Frau Pick Erlebnisse, die schließlich
zur innigen Freundschaft mit Anne Frank führen. Die Mädchen werden auf
tragische Weise Schicksalsgefährtinnen und "beste" Freundinnen. Im Oktober
1940 kommt in Amsterdam die zweite Tochter Rachel Gabriele zur Welt.
Die Mutter Ruth stirbt während der Geburt des dritten
Kindes, das ebenfalls nicht am Leben bleibt.
Weitere Infos: "Eine
ganz persönliche Begegnung"
Die Interviews mit den Schwestern Hannah und Rachel im
Dokumentenhaus der Gedenkstätte Bergen-Belsen und die Szenen auf dem Gelände
des ehemaligen Konzentrationslagers habe ich dort während der Dreharbeiten
am 12. November 2002 persönlich erlebt. Ich bedaure jetzt die stark
reduzierte Wiedergabe im Film.
Weitere Infos: "Spurensuche"
Der Film endet mit der sachlichen Film/-Bilddokumentation
zur Befreiung des deutschen Konzentrationslagers Bergen-Belsen am 15. April
1945 durch die Britische Armee, die die dort inhaftierten Schwestern Goslar
jedoch nicht erleben. Denn Anfang April 1945 schicken die Nazis die Kinder
gemeinsam mit anderen Häftlingen von Bergen-Belsen mit dem Todestransport in
Viehwaggons nach Theresienstadt. Die Rote Armee befreit diesen Zug, der in
die Geschichtsschreibung als“ Verlorener Transport“ eingegangen ist, am 23.
April 1945 bei Tröbitz in Brandenburg.
Weitere Infos: "Die
Opfer vom verlorenen Zug in Tröbitz"
Im Rahmen der Filmaufführung wird danach in den Räumen des
Anne-Frank-Zentrums eine Podiumsdiskussion angeboten, die auch einige
Pressevertreter von Berliner Lokalzeitungen wahr nehmen. Auch die anwesenden
Kinder richten erfreulicherweise Fragen an die Schwestern Hannah Pick und
Rachel Mozes und an Frau Rücker, die eingehend beantwortet werden.
Podiumsdiskussion nach der Filmpremiere in den Räumen
des Anne-Frank-Zentrums Berlin.
(Foto: ©Heide Kramer, Hannover, November 2003)
Der Film "Hannah Pick – Die Schulfreundin Anne Franks" hat
bei allen Anwesenden einen tiefen Eindruck und eine positive Resonanz
hinterlassen, so auch bei mir. Leider aber wird mir von den Vertretern des
Anne-Frank-Zentrums eine Absage auf meine Frage erteilt, ob und zu welchem
Zeitpunkt der Film für die interessierte Öffentlichkeit käuflich erwerbbar
sei. Der Film diene künftig, so lautet die Antwort, ausschließlich
'schulischen Zwecken', das bedeute: er könne von Schulen ausgeliehen oder
"vor Ort" angeschaut werden, müsse jedoch im Anne-Frank-Zentrum verbleiben.
Über diese Information sind mit mir viele andere enttäuscht.
Nach der Veranstaltung ist ein Mittagessen im "Beth Cafe"
in der Tucholskystraße vorgesehen. Hannah und Rachel bitten mich hinzu, und
ich erlebe hier gemeinsam mit den Schwestern, den Vertretern des
Anne-Frank-Zentrums Berlin und der RAA Strausberg einen guten und wichtigen
Ausklang des heutigen Geschehens und der daraus gewonnenen Erkenntnisse.
Vor dem Beth-Café in der Tucholskystraße.
(Foto: ©Heide Kramer, Hannover, November 2003).
Erlebt und aufgezeichnet von ©Heide Kramer, Hannover,
November 2003, Fotos und Internetbeiträge: ©Heide Kramer
Foto "Hanneli Goslar als Zweijährige im Berliner Tiergarten, um 1930": Mit
freundlicher Genehmigung von ©Frau Hannah Pick-Goslar, Jerusalem/Israel,
August 2007.
hagalil.com
08-12-2003 |