antisemitismus.net / klick-nach-rechts.de / nahost-politik.de / zionismus.info

haGalil onLine - http://www.hagalil.com
     

  

Spenden Sie mit PayPal - schnell, kostenlos und sicher!

hagalil.com

Search haGalil

Veranstaltungskalender

Newsletter abonnieren
e-Postkarten
Bücher / Morascha
Musik

Koscher leben...
Tourismus

Aktiv gegen Nazi-Propaganda!
Jüdische Weisheit
 

 

Der Haß der Antiglobalisierungsbewegung auf Israel:
Eine Kritik der No-Globals und ihrer Kritiker

Überarbeiteter Vortrag, gehalten beim Spog-Kongreß in München (Spiel ohne Grenzen. Zu- und Gegenstand der Antiglobalisierungsbewegung, 23. bis 25. Mai 2003)
Von Stephan Grigat

Das Konzept des SPOG-Kongresses vermittelte von Anfang an den Eindruck, als wolle man sich einmal treffen, um über dieses und jenes zu reden, um nachher in etwa so weiterzumachen wie bisher. Anfänglich waren Israel und die antisemitischen Ausfälle der Palästinasolidarität als Themen gar nicht vorgesehen. Als klar war, daß sie doch angesprochen würden, war es wohl kein Zufall, daß gerade dieses Podium herhalten mußte, um den Kongreß als Ganzes anzugreifen. Die Veranstalter konnten sich darin bestätigt fühlen, daß es der Diskussionskultur nicht zuträglich ist, wenn man allzu exponierte antideutsche Kommunisten einlädt.

Fast alle, die sich zur Verteidigung des Kongresses gegen die übergeschnappten Verschwörungstheorien von Robert Kurz, Franz Schandl, der "Krisis" und den "Streifzügen" veranlaßt sahen, haben sich stets beeilt, darauf hinzuweisen, daß doch die Schmuddelkindern von der "Bahamas" gar nicht eingeladen worden seien.

Ein wenig vermittelte das Ganze dann den Eindruck einer Pflichtübung. Schließlich hat sich mittlerweile herumgesprochen, daß "verkürzte Kapitalismuskritik" und "struktureller Antisemitismus" irgendwie nicht in Ordnung, bedenklich und problematisch sind. Und das "Existenzrecht" Israels mag man in grenzenloser Großzügigkeit – oder auch nur wegen des "antideutschen Meinungsterrors" – nicht mehr direkt in Frage stellen. Nachdem diese Themen abgehandelt waren, konnte man befriedigt nach Hause gehen, sich denken, "gut, daß wir mal darüber geredet haben", und dann den nächsten Gegengipfel planen, diesmal mit noch stärkerem "kritischen Einbringen" von Argumenten, die man sich bei SPOG hat erzählen lassen, was dann zu noch mehr "sowohl als auch" und "einerseits-andererseits"-Formulierungen führen wird. Einen deutlichen Bruch mit der antisemitischen Palästina-Solildarität, welche die Antiglobalisierungsbewegung international eint, hat das nicht bedeutet. Das war auch ganz offensichtlich nicht das Anliegen des Kongresses. Wäre es das gewesen, wäre es tatsächlich darum gegangen, die zaghafte Kritik an der Antiglobalisierungsbewegung endlich einmal auf den Punkt zu bringen und dann auch Konsequenzen daraus zu ziehen, so hätte diese Veranstaltung zum Abschluß mit einer Solidaritätsdemonstration für die weltweiten Opfer des Antisemitismus und für Israel geendet.

Begriffe und Formulierungen wie "verkürzte Kapitalismuskritik", die man vor ein paar Jahren vielleicht noch mit einigem Recht verwenden konnte, oder "Anerkennung des Existenzrechts Israels" sind zu Codes geworden, die es allen in der Linken ermöglichen sollen, Lernfähigkeit zu suggerieren, um dann genauso weiterwerkeln zu können wie früher. Wäre das anders, würde es nicht um "verkürzte Kapitalismuskritik" gehen, die ja offensichtlich nur ein wenig "verlängert" zu werden braucht, damit man etwas mit ihr anfangen kann, sondern um grundfalschen, reaktionären, moralischen Antikapitalismus, der eine der gefährlichsten Erscheinungsformen des Kapitalverhältnisses selbst ist. Und es würde nicht im Stile der UNO oder Josef Fischers um die "Anerkennung" des von den Shoah-Überlebenden in die Welt gesetzten Staates gehen, sondern um bedingungslose Solidarität mit Israel, eine Solidarität, die mehr meint, als das Bedauern der unschuldigen zivilen Opfer der Selbstmordattentate, nämlich Solidarität mit der israelischen Gesellschaft und mit dem Staat, mit der Bevölkerung ebenso wie mit der israelischen Armee.

Genau davon kann weder bei der Antiglobalisierungsbewegung noch bei ihren Kritikern die Rede sein. Selbstverständlich ist diese Bewegung heterogen, was immer wieder als Einwand gegen "pauschalisierende" Kritik angeführt wird. Diese Heterogenitiät existiert auch in bezug auf das Verhältnis zu Israel. Das reicht von der russischen Fraktion der Globalisierungskritiker in Gestalt der Moskauer "Prawda", in der darüber spekuliert wird, ob die Juden nicht doch Außerirdische seien, die sich Israel dann wohl als einen intergalaktischen Stützpunkt halten, um die Menschheit auszurotten, bis hin zur ehemals als Gesamtkunstwerk auftretenden Antifaschistischen Aktion und anderen Antifagruppen, die bei ihren dänischen Genossen um Verständnis bitten, daß sie den Part der Israel-Hasser nicht übernehmen können, da "sie als Deutsche" (so stand das tatsächlich in ihrem Papier zum Kopenhagener EU-Gipfel im Dezember 2002) sich da halt etwas zurückhalten müßten. Da wundert es einen auch nicht, daß der eine Teil der Ex-AAB heute gemeinsam mit Antiimperialisten demonstriert, bei denen Revolution ganz offensichtlich nur noch Pogrom bedeutet.

So unterschiedlich sich die diversen Fraktionen der globalisierungskritischen Bewegung auch darstellen mögen – gerade im Ressentiment gegenüber dem jüdischen Staat findet man das verbindende Element. Und so kann die Frage hier auch nicht sein, ob in dieser Bewegung ein Antisemitismus existiert, der sich auch und gerade in der Kritik an Israel äußert, sondern nur, in welchem Ausmaß es so etwas gibt.

In Österreich ist das alles recht einfach (1). Dort agiert die Avantgarde des linken Antizionismus in Gestalt der Revolutionären Kommunistischen Liga bzw. der Antiimperialistischen Koordination, die auch durch Deutschland tourt und zum Beispiel im Berliner Mehringhof, dem zumindest ehemals wichtigsten linksradikalen Veranstaltungsort der Stadt, problemlos auftreten kann. Diese Antiimperialisten wettern in Flugblättern und Aufrufen gegen die "großen Hexenmeister", schwafeln, Lustfeinde, die sie offenbar sind, von einem "drogenbetäubten Frieden", der nun endgültig vorüber sei und glücklicherweise durch einen "instinktiven, ursprünglichen Antikapitalismus" ersetzt werde, der sich gegen den "politisch-kulturellen Amerikanismus, der Europa und Japan erwürgt" richtet, und die sich dann in einer Mischung aus Heidegger und Friedenspfaffe folgerichtig die Frage stellen: "Wie dem sinnlosen Chaos einen Sinn geben?" Da wundert es einen auch nicht, daß sie ganz offen die Vernichtung Israels fordern und Selbstmordattentate öffentlich bejubeln.

Gerne wird darauf hingewiesen, daß solche Gruppen doch völlig isoliert seien. Das mag bis zum Beginn der Terror-Intifada bedingt auch richtig gewesen sein, hat sich aber seitdem völlig geändert. Auf allen linken Großveranstaltungen sind selbst solche Gruppen gleichberechtigt vertreten, und in Österreich ist die AIK neben Attac die einzige linke, nicht parteiförmige Gruppierung, die ihre Hetze im letzten Jahr im staatlichen Rundfunk und Fernsehen verbreiten konnte.

Nun haben nicht alle Gruppen eine derart nazikompatible Diktion drauf wie AIK und RKL, die Veranstaltungen mit Gruppen mit so passenden Namen wie "Treue zu Mensch und Erde" organisieren und auch schon mal mit der radikal-islamistischen Terrortruppe Hizbollah zusammenarbeiten. Aber allzu groß sind die Unterschiede nicht. Bei den Gegenaktivitäten zum EU-Gipfel in Kopenhagen forderten die "Globalen Wurzeln" als Hauptorganisatoren bekanntlich zum umfassenden Boykott Israels auf, auf Transparenten war vom "israelischen Faschismus" zu lesen und auf den T-Shirts der Ordner stand "Burn, Israel, Burn". Kein Wunder also, daß jenes irgendwie kritisch gemeinte Papier von deutschen Antifa-Gruppen, von der AAB bis zur Göttinger Antifa (M), die sich partout an dieser ekelhaften Großveranstaltung beteiligen wollten, dermaßen anbiederisch ausfallen mußte und in jenem unglaublichen, oben bereits erwähnten "wir als Deutsche" gipfeln mußte.

Der Kopenhagener Gipfel ist aber auch deswegen interessant, weil er gezeigt hat, wie sogenannte "Interventionen", auf die ja auch der SPOG-Kongreß zielte, in solch einen Mob von Israel-Hassern ablaufen. Jene Linken aus Halle, die auf ihrem Transparent die "tripple oppression" um ein weiteres Trippel ergänzt hatten und sich gegen Kapitalismus, Rassismus, Patriarchat, Sexismus, Antisemitismus und Antizionismus gewendet hatten, wurden unter der Androhung von Prügel aus der Demo geschmissen.

In anderen Ländern schaut es nicht besser aus. In Polen haben Leute, die von ganz ordinäre Nazis nur schwer zu unterscheiden sind attac übernommen. Und die italienischen No-Globals geben sich die größte Mühe, jede auch noch so zugespitzte Kritik von antideutschen Kommunisten als Verharmlosung erscheinen zu lassen. Man denke nur an ihren mit "Intifada, Intifada"-Rufen untermalten Fackelzug rund um das ehemalige jüdische Ghetto in Rom. Auf der Abschlußdemo des Florenzer Sozialforums sind 500.000 bis eine Millionen Demonstranten unter anderem mit "Intifada – Inschallah"-Rufen und einem ganzen Meer von palästinensischen Fahnen durch die Stadt gezogen. Im Nachhinein hört man von globalisierungskritischen Halbaufgeklärten häufig, unter so vielen Menschen gäbe es halt immer ein paar Spinner. Aber einmal abgesehen davon, daß es sich in Florenz, durchaus im Gegensatz zu Genua, ganz offensichtlich nicht um "ein paar Spinner" handelte - auf dem Aufrufplakat zur Demo war vorab und für alle wahrnehmbar klargestellt, daß sich Israel nicht etwa gegen seine vernichtungswütigen Nachbarn zur Wehr setzt, sondern einen "Krieg gegen das palästinensische Volk" führe.

Bei den Workshops in Florenz arbeitete auch die deutsche Sektion von Attac mit den Trotzkisten von Linksruck zusammen, die ganz offen an der Seite der islamistischen Nazis von der Hamas stehen (2), deren politischer Arm zeitweise auch vom Sprecher der EU Kommission, Reijo Kemppinen, unterstützt wurde (3). So ist es auch gar kein Wunder, daß bei der Attac-Friedenstour im Januar diesen Jahres der italienische Globalisierungskritiker Alfonso De Vito die israelische Politik gegenüber den Palästinensern mit der Räumung des Warschauer Ghettos durch die Deutschen gleichsetzte. Das führte nicht dazu, daß Attac die Veranstaltung sofort abgebrochen hätte, sondern dazu, daß jene drei (!) Personen, die sich über diese Ungeheuerlichkeit empörten, unter wüsten Beschimpfungen aus dem Saal geschmissen wurden.

Bei diesen Vorfällen handelt es sich nicht um Ausrutscher, sondern in ihnen kommt das Wesen der globalisierungskritischen Bewegung zum Ausdruck. Das ist im Abschlußdokument von Porto Alegre nachzulesen, wo von der Notwendigkeit "zur Solidarität mit dem palästinensischen Volk und seinem Kampf um Selbstbestimmung", nicht aber vom Terror und vom Antisemitismus die Rede ist. Ein Redner von attac Stuttgart zog daraus unlängst bei einer Palästina-Solidaritätsveranstaltung die deutschen Konsequenzen und erklärte die Mitglieder des Zentralrats der Juden zu einer "ungeheuerlichen Bedrohung Deutschlands" und will sie "vor ein Kriegsgericht stellen" (4).

Das Problem bei den No-Globals ist, daß sie bei weitem nicht so isoliert sind wie bekennende Nazis. Wenn die NPD hergeht und "Freiheit für Palästina" und Entsprechendes fordert, bleibt beim halbpolitischen Angestellten oder bei der humanistisch gesinnten Sozialarbeiterin eine gewisse Skepsis. Schließlich sind das Leute, die sich im Visier der Staatsmacht befinden. Die No-Globals aber, die genau das gleiche postulieren, sind doch nette junge Leute mit berechtigten Anliegen. Deswegen - nicht wegen der subjektiven Intentionen von jugendlichen Linksruckanhängern und anderen Aktivisten, auch wenn deren Wünsche jenen der Nazis oft sehr viel mehr ähneln als ihnen bewußt zu sein scheint - ist die Antiglobalisierungsbewegung in diesen Punkten durchaus gefährlicher als bekennende Nazis.

Einer der Gründe dafür dürfte auch nach jahrelanger seminaristischer Bewirtschaftung des Themas im semiakademischen Bereich in einer recht merkwürdigen Vorstellung vom Antisemitismus zu finden sein. Dieses diffuse Verständnis des Antisemitismus vereinigt die No-Globals ebenso mit ihren Kritikern wie die permanente Empörung über die Solidarisierung mit Israel. Das zeigt sich an jenen Personen und Gruppierungen, die ursprünglich als Kritiker der "Bewegung der Bewegungen" zum SPOG-Kongreß eingeladen waren, dann aber doch nicht bei einem Kongreß gemeinsam mit antideutschen Kommunisten auftreten wollten.

Als Beispiel dafür kann Manuela Bojadzijev von der Gruppe kanak attak genannt werden, die in ihrem gemeinsam mit Alex Demirovic verfaßten Vorwort zu dem Buch "Konjunkturen des Rassismus" vorführt, daß Antisemitismus immer nur als eine Spielart des gewöhnlichen Rassismus begriffen wird, der sich halt im konkreten Fall gegen Juden und Jüdinnen richtet – eine Einschätzung, die exemplarisch für große Teile der Linken ist und fast immer auch eine implizite Verharmlosung von migrantischem Antisemitismus beinhaltet (5). Ähnliches, wenn auch in abgefeimterer Form, findet sich bei Café Morgenland, das dem Antisemitismus den Antiislamismus an die Seite stellt – und dabei mit Antiislamismus nicht einmal einen gesamtgesellschaftlichen antiarabischen Rassismus meint, der sich des Ressentiments gegenüber dem Islam bedient, etwas also, das in Deutschland insbesondere in den Medien mittlerweile in sehr viel geringerem Ausmaß existiert als die meisten Linken behaupten, aber beispielsweise in Österreich mit seinem katholischen Obermullah Kurt Krenn und dem eher antiquiert-rassistischen Anhang der FPÖ nach wie vor eine bedeutende Rolle spielt, sondern sie meinen mit Antiislamismus, der ähnlich zu kritisieren sei wie der Antisemitismus, die völlig richtige und dringend notwendige Kritik am politischen Islam. Dazu paßt dann auch, daß sie allen, die versuchen, in Anlehnung an die Kritische Theorie eine materialistische Antisemitismuskritik zu formulieren, nicht nur vorwerfen, einen Fehler oder Irrtum zu begehen, weil man dem Antisemitismus ihrer Meinung nach ausschließlich mit Moral kommen darf, sondern sie bescheinigen allen, die sich in Anknüpfung an Moishe Postone dem Zusammenhang von Wertverwertung und Antisemitismus zuwenden, "Vernichtungsvorboten", also die Vorbereiter eines neuen Auschwitz zu sein (6).

Als solch ein vermeintlicher Vorbote möchte ich hier nochmals versuchen, kurz darzustellen, worum es bei dem Zusammenhang von Wertverwertung und Antisemitismus geht und was das mit Israel zu tun hat. Dieser Zusammenhang kann zwar inzwischen in größeren Teilen der Linken als bekannt vorausgesetzt werden, aber immerhin wurde der SPOG-Kongreß auch von Teilen der PDS und der FDJ mitveranstaltet.

Nimmt man die Rede von einer gesellschaftlichen Totalität ernst und hält man Marx` Hinweis, daß die Ware die Elementarform der kapitalistischen Gesellschaft ist ebensowenig für ableitungssüchtigen Hegelmarxismus wie Georg Lukács' Äußerung, daß es "kein Problem dieser Entwicklungsstufe der Menschheit (gibt), dessen Lösung nicht in der Lösung des Rätsels der Warenstruktur gesucht werden müßte,"(7) so versteht es sich von selbst, daß auch der Haß auf Israel, wie er sich in der Antiglobalisierungsbewegung, bei ihren Kritikern und in der von ihnen mal kritisierten, mal benörgelten Gesellschaft artikuliert, in Beziehung zur Warenstruktur und dem ihr eigenen Fetischismus gesetzt werden muß.

In der Gleichung x Ware A = y Ware B, in dieser Keimform des Fetischismus, der zugleich verkehrten und richtigen Wahrnehmung und Praxis, wie Marx sie gleich zu Beginn des "Kapitals" kritisiert, werden zwei gleich große Quanten verausgabter abstrakter menschlicher Arbeit verglichen. Der Warenkörper der Ware B, die rein sinnliche, konkrete, stoffliche Seite dieser Ware muß das Gesellschaftliche, das Abstrakte der Ware A, ihren Wert, ausdrücken. Dadurch wird nach Marx der Gebrauchswert zur Erscheinungsform seines Gegenpols, des Werts. Damit ist der Gegensatz von Abstrakt und Konkret bereits in dieser harmlos daherkommenden Gleichung ausgedrückt, die man nur dann adäquat kritisieren kann, wenn man ihre historischen und gegenwärtigen Implikationen mit ins Visier nimmt. Dieser Gegensatz von Abstraktem und Konkretem materialisiert sich heute nicht zuletzt in dem im besten Sinne künstlichen Staat Israel einerseits und der Blut- und Boden-Intifada der Palästinenser, der sich die Antiglogalisierungsbewegung und die Friedensbewegung mehrheitlich als Hilfstruppe andient, andererseits.

Der Wert der Waren ist nichts Reales insofern er nicht greifbar ist. Er bedarf seiner dinglichen Darstellung im Geld. Seine endgültig mystifizierte Form erhält das Geld, wenn es sich in Kapital verwandelt. Die mystifizierteste Form des Kapitalfetischs ist die Form des zinstragenden Kapitals. Bereits Marx war bewußt, daß das Kapital in "dieser seiner wunderlichsten und zugleich der populärsten Vorstellung nächsten Gestalt" der bevorzugte "Angriffspunkt einer oberflächlichen Kritik" (8) sein wird, der Angriffspunkt eines ressentimentgeladenen Antikapitalismus, der sich jedoch nicht, wie es sowohl in der Rede von der "verkürzten Kapitalismuskritik" als auch in bestimmten Verwendungen des Begriffs "struktureller Antisemitismus" suggeriert wird, einfach nur gegen das Finanzkapital richtet, um das Industriekapital zu affirmieren, sondern der sich zu einer groß angelegten Rettung des vermeintlich Konkreten und Natürlichen vor dem Abstrakt-Künstlichen im Kapitalismus aufschwingt. Der Nationalsozialismus kann vor diesem Hintergrund, als "die größte antikapitalistische Bewegung, die jemals zur Rettung des Kapitals mobilisiert wurde" (9) verstanden werden. Der Vernichtungsantisemitismus entpuppt sich so als fetischistische Revolte gegen das Kapital "auf der Grundlage des Kapitals." (10) Darin, eine Revolte gegen das Kapital auf seiner eigenen Grundlage anzuzetteln, ist der moralische Antikapitalismus, wie er für einen Großteil der No-Globals charakteristisch ist, bei allen offenkundigen Unterschieden der Nazi-Ideologie verwandt.

Moishe Postone hat bekanntlich nachgewiesen, wie mit der Entwicklung und zunehmenden Mystifizierung des Warenfetischs zum Kapitalfetisch die bereits dem Warenfetisch innewohnende Naturalisierung zunehmend biologisiert wird. Als Kapital besitzt der Wert die extremste Form von Abstraktheit und Mobilität. Diese Abstraktheit wird nun in den Jüdinnen und Juden versucht festzuhalten. Aus solcherart wahnhafter Projektion resultiert eine Form von fetischistischem Antikapitalismus, der letztlich bei der Biologisierung des Kapitalismus im internationalen Judentum landet. (11)

Darin unterscheidet sich der Antisemitismus grundlegend von anderen Formen des Rassismus. Der Antisemitismus tritt als eine allumfassende Welterklärung auf. Er ist die denkbar barbarischste Reaktionsweise auf den Zwang zu Kapitalproduktivität und Staatsloyalität und zugleich die weitestgehende Einverständniserklärung mit diesem Zwang. Der Antisemitismus, insbesondere in seiner geopolitischen Reproduktion als Antizionismus, speist sich genau aus dem, was für große Teile der Antiglobalisierungsbewegung konstitutiv ist, also, wie das in zahlreichen Texten bereits ausführlich dargestellt und begründet wurde (12), aus dumpfen Ressentiments gegen Zivilisation und Individualität, gegen Intellektualität, Abstraktheit und Liberalität, gegen Ausschweifung und Freizügigkeit, gegen Bürgerlichkeit im ursprünglichen Sinne und gegen Kommunismus im einzig emanzipativen Sinne, nämlich der Herstellung der Möglichkeit individuellen Glücks als absoluter Gegensatz zum völkischen Identitätswahn.

Bei dem aus der Wertform zugleich entspringenden und sie konstituierenden Fetischismus kann von einem notwendig falschem Bewußtsein gesprochen werden. Darin unterscheidet sich der Fetischismus, wie er der Warenproduktion und Kapitalakkumulation eigen ist, vom Antisemitismus. Zwar ist man angesichts der Geschichte und der Gegenwart verleitet, auch beim Antisemitismus von einem notwendig falschen Bewußtsein zu sprechen, aber es handelt sich dabei zumindest um eine andere Art von Notwendigkeit. Der Antisemitismus impliziert immer eine persönliche Entscheidung. Der Fetischismus der bürgerlichen Produktionsweise ist schon insofern notwendig als er alleine durch das Handeln – unabhängig vom Bewußtsein – praktiziert wird und praktiziert werden muß. Für die Identifikation der Juden und Jüdinnen mit der Wertdimension bedarf es durchaus der Agitiation, sei es von Staats wegen oder privat (13). Die islamistischen oder den Islam als Bündnispartner akzeptierenden Gruppen innerhalb der globalisierungskritischen Bewegung betreiben diese Identifizierung ganz offen. Den sich nach wie vor als links begreifenden Gruppen ist solch eine direkte Identifizierung – in der Regel – versagt. Dennoch haben sie in ihrer Fixierung auf Israel und dessen Schutzmacht USA Anteil an der Agitiation für diese antisemitische Identifikation.

Hinsichtlich Israels könnte für an Emanzipation interessierte Menschen alles ganz einfach sein: Der Antisemitismus, der auch schon bei den Nazis antizionistisch war, hat zur Shoah geführt. Deutsche, Österreicher und ihre Hilfsvölker haben die Vernichtung organisiert und durchgeführt. Alle anderen Staaten waren lange nicht willens oder fähig den Massenmord zu verhindern. Die Gründung Israels war in einer Situation, in der auch nach dem Nationalsozialismus keine Anstalten gemacht wurden, Staat, Nation und Kapital, und damit die Grundlage für den modernen Antismitismus ein für alle mal aus der Welt zu schaffen, die notwendige und leider viel zu spät gezogene Konsequenz. Von seiner Gründung an bis heute ist Israel mit Vernichtungsdrohungen und –versuchen konfrontiert. Um sich dagegen zu wehren, bedarf es einer mit allen erdenklichen Waffen ausgestatteten Armee.

Die Solidarität mit Israel und seiner Selbstverteidigung, für die man weder zum begeisterten Militaristen mutieren muß noch sich darüber hinwegzutäuschen braucht, daß Militär- und Polizeiaktionen immer auch zu grauenhaften Übergriffen führen, hätte eine Selbstverständlichkeit zu sein und bedarf keiner großartigen Begründungen. Dennoch sollte man sich des Zusammenhangs von kapitaler und staatlicher Vergesellschaftung und Antisemitismus bewußt sein. Dann braucht man sich als Demokratie- und Staatskritiker bei der Verteidigung Israels auch nicht auf so zweifelhafte Argumente wie "die einzige Demokratie im Nahen Osten" zu berufen, auch, wenn der Unterschied zwischen der israelischen und allen angrenzenden Gesellschaften offensichtlich ist, sondern kann feststellen: Wer sich mit der Formel x Ware A = y Ware B nicht nur irgendwie beschäftigen, sondern sie in all ihren Konsequenzen kritisieren möchte, muß sich mit der bewaffneten Selbstverteidigung Israels solidarisch erklären. Zum einen aus der leider gar nicht selbstverständlichen Solidarität mit Personen, die mit kollektivem Mord bedroht sind. Zum anderen aus dem Interesse an der Aufrechterhaltung der Möglichkeit der allgemeinen Emanzipation - ein Interesse, das ganz ohne Projektionen, falsche Identifikation und selbstgewählte Vaterländer auskommt. Israel ist gegenwärtig das einzige Land in der Region, wo die Bedingungen von gesellschaftskritischer Reflexion und Praxis nicht unmittelbar von einer autoritären Vergesellschaftungsweise bedroht sind – und das, obwohl die israelische Gesellschaft im permanenten Notstand lebt (14). Kommunistische Kritik muß sich über eine zentrale Differenz bewußt sein: Das bürgerliche Ideal vom sich frei entfaltenden Individuum scheitert an seiner eigenen ideologischen Konstitution und materiell an der Verlaufsform kapitalistischer Vergesellschaftung. Das islamistische Ideal vom "einfachen und gerechten Leben" hingegen, daß insbesondere bei der Graswurzel-Fraktion und den Anarcho-Abstinenzlern in der Antiglobalisierungsbewegung große Sympathien genießt, weist nur mehr den Weg in die vollendete, zwar aus der Zivilisation entsprungenen, aber keinesfalls mit ihr identischen Barbarei. (15)

Die Solidarität mit Israel impliziert, daß man Essentials der Kritik - oder besser: linke Meinungen, Glaubenssätze und Gesinnungsnachweise - in Frage stellen muß. Mit dem Pazifismus braucht man da gar nicht erst anzufangen. Wären die Israelis mehrheitlich Pazifisten, wären sie schon lange tot. Aber nehmen wir zum Beispiel den Antinationalismus, der in bezug auf Israel in der Regel nicht viel mehr mitzuteilen hat, als völlig geschichts- und begriffslose Phrasen wie "ein Staat wie jeder andere auch". Schließlich hat man in den letzten Jahren gelernt, daß die Nation doch immer ein "Konstrukt" sei, was noch so ziemlich das beste ist, was man über Nationen sagen kann. Derartiges hat sich offenbar auch bei jenem Teil der Berliner Redaktionsgruppe der "Phase 2" niedergeschlagen, die in der "Jungle World" schreiben, es sei eine "wenig reizvolle" Alternative am 1. Mai entweder "inmitten eines Meeres von Palästina- und Irakbannern zu marschieren oder unter den blauweißen Israelfahnen zu latschen." (16) Genau diese Äquidistanz, die keinen Unterschied mehr sieht zwischen einer Gesellschaft, die sich in eine völkische Gemeinschaft fanatischer Judenmörder transformiert hat und innerhalb dieser Gemeinschaft Jagd auf alle tatsächlichen und vermeintlichen Abweichler macht, und einer Gesellschaft, die sich dagegen mit den Mitteln bürgerlicher Staatsgewalt zur Wehr setzt, diese Äquidistanz macht die Linke so ekelhaft. Wenn man die Parolen der Antinationalisten einmal ernst nimmt, dann kennen sie ja selbst keinen Unterschied mehr zwischen der deutschen Nation, die sich immer nur antisemitisch konstituiert und artikuliert hat, und der israelischen, die als einzige auf dieser Welt einen vernünftigen Grund für ihre Existenz anzugeben weiß.

Besonders gewitzt kommt die Delegitimation Israels bei Textverarbeitungsmaschinen wie Robert Kurz daher. In seinem Buch "Weltordnungskrieg" betont er zunächst die Notwendigkeit Israels und wendet sich im Nürnberger Jargon gegen die antinationalen Plattheiten: "Die schiere Existenz Israels bildet einen Art Garantie dafür, dass sich der Marsch des warenproduzierenden Weltsystems in die Barbarei noch nicht vollenden kann, nicht weil dem Staat Israel an sich eine besondere metaphysische Existenz innewohnt, sondern genau umgekehrt deswegen, weil die israelische Realexistenz mit den letzten Konsequenzen der kapitalistischen Realmetaphysik unvereinbar ist." (17) Und weiter: "Auf keinen Fall kann es für eine emanzipatorische, antikapitalistische Position um eine 'Äquidistanz' zu Israelis und Palästinensern gehen." (153) Doch man konnte schon ahnen, worauf der Freund der deutschen Friedensbewegung mit diesen hohlen Bekenntnissen hinaus will. Über die antisemitischen Dschihadisten schreibt er: "Der Westen bekommt mit den wahabitischen und verwandten geheimen Terrorgesellschaften nicht nur, was er verdient, sondern auch, was er selbst gepäppelt und herangezogen hat." (118) Wenn man meint, der Westen bekomme mit dem auf Vernichtung zielenden Terror das, "was er verdient", so ist das keine Kritik, sondern eine widerliche Gehässigkeit, die sich darüber freut, daß, wenn es schon keine Emanzipation gibt, wenigstens die Hölle auf Erden im globalen Maßstab Realität wird.

Vom Antisemitismus, von dem er allen Ernstes behauptet, er besitze "in der aktuellen palästinensisch-arabischen Version keine gesellschaftlich formierende Kraft mehr" (132), abstrahiert er immer dann, wenn dieser seine offensichtlich nur zu Legitimationszwecken postulierte Parteilichkeit für Israel begründen könnte. Er verharmlost den Antisemitismus in den arabisch-islamischen Gesellschaften, wenn er behauptet: "Bis heute gibt es in den meisten nahöstlichen Ländern jüdische Gemeinden mit Synagogen und relativ unbehelligten Existenzmöglichkeiten (…). Der natürlich vorhandene Migrationsdruck in Richtung Israel ist nicht großen Verfolgungswellen geschuldet, sondern entstammt anderen (kulturellen und vor allem sozialen) Motiven." (135)

Wenn man Kurz' Kritik an der antinationalen Äquidistanz im Zusammenhang mit seinen vorangegangenen Ausführungen liest, entpuppt sie sich als Absicherung gegen die antideutsche "Antisemitismuskeule", vor der sein "Krisis"-Kompagnon Ernst Lohoff in der Vergangenheit so gerne gewarnt hat. Da ist die Rede vom "negativen Aufgehen beider Konfliktparteien im destruktiven Prozess der kapitalistischen Globalisierung" (135), und trotz aller Differenzierungen ist dann doch alles irgendwie das Selbe: "Insofern geht Israel seinen eigenen Weg in die Barbarei, der sich allerdings in seinen Erscheinungsformen von dem der arabischen feindlichen Nachbarn kaum unterscheidet." (137) Von der israelischen Gesellschaft scheint Kurz, der sich so viel auf seine "Realanalysen" einbildet, nicht allzu viel zu wissen. Mit einem klassischen "einerseits-andererseits" blamiert er sich völlig: "Das Land ist einerseits im Sinne des politischen Systems eine kapitalistische Demokratie westlicher Prägung, (…) andererseits gleicht der israelische Alltag in vieler Hinsicht bereits dem eines Gottesstaats nach dem Muster der Taliban." (148) Diese Infamie erschien in etwa zeitgleich mit den Parlamentswahlen in Israel, bei denen die strikt antireligiöse Shinui den größten Erfolg ihrer Geschichte verbuchen konnte. Allein dieser Hinweis reicht, um die Kurzschen Ausführungen als ausgemachten Blödsinn kenntlich zu machen. "Realanalyse" spielt offensichtlich genau dann keine Rolle mehr, wenn es um Israel geht.

Ekelhaft wird diese Ignoranz, wenn sich der "Krisis"-Vordenker über das verzweifelte, religiös motivierte Einsammeln von Leichenteilen nach Attentaten äußert, das sich daraus begründet, daß nach jüdischem Verständnis der Mensch als Ganzes (oder annäherungsweise als Ganzes; etwas anderes ist nach der Explosion einer Nagelbombe in einer Diskothek ohnehin nicht mehr möglich) bestattet werden muß. Bei Kurz ist das einem besonders bösartigem Rassismus geschuldet und liest sich so: "Nach den verheerenden palästinensischen Selbstmordattentaten versuchen beispielsweise ultra-orthodoxe Fanatiker, die Leichenteile `ethnisch` zu sortieren, damit nicht Körperteile eines fremdrassigen Attentäters versehentlich zusammen mit jüdischen beerdigt werden." (148) Der Krisentheoretiker und sich selbst zum Opfer stilisierende Bekämpfer der von ihm als "Seuche" ins Visier genommenen antideutschen Kommunisten übertrifft mit seiner Kälte noch die Indifferenz der Antinationalisten und sollte sich langsam einmal Gedanken darüber machen, warum die Nazis von der "Deutschen Stimme" seine "wuchtigen Verbalattacken gegen antideutsche Seelenkrüppel" (18) mit Sympathie begleiten.

Gäbe es einen Antinationalismus, der noch einen materialistischen Begriff vom Gegenstand seiner Kritik hätte, so wüßte er, daß die Existenz einer jüdischen Nation das Resultat des nationalen Wahns ist, eine prekäre Nothilfemaßnahme gegen den Antisemitismus, der sich heute völlig globalisiert hat. Die bedingungslose, eben nicht an Vorbehalte geknüpfte Solidarisierung mit Israel wäre eine konsequente Form antinationaler Kritik. Alle, die sich an der Bedingungslosigkeit dieser Solidarität stören, wären zu fragen, ab welchem Punkt man ihrer Meinung nach denn dem Staat der Shoah-Überlebenden die Solidarität entziehen sollte. Im übrigen könnte "kritische Solidarität", wie sie früher einmal verstanden wurde, als es noch nicht darum ging, mittels dieses Begriffes die Verweigerung der Solidarität schönzureden, inhaltlich etwas ganz ähnliches bedeuten wie bedingungslose Solidarität, nur eben im Jargon der Bauchschmerzen-Linken formuliert.

Der real existierende Antinationalismus macht in Antirassismus. Der wäre, richtig verstanden, eine gute Sache. Noch vor ein paar Jahren, als er sich vor allem gegen das europäische Migrationsregime gerichtet hat, konnte man ihn als einen der wenigen positiven Punkte anführen, wenn es um eine Beurteilung der sich herausbildenden globalisierungskritischen Bewegung ging. Antirassismus müßte kenntlich machen, daß Rassismus historisch die Biologisierung von realen Produktivitätsgefällen darstellt (19). Damit liefert er die Grundlage dafür, daß heute die durch den Wert gesetzte Ununterscheidbarkeit der Warenbesitzer die nach Einmaligkeit strebenden Subjekte zur Postulierung der Differenz nötigt. Anstatt diese rassistische Reaktionsweise zu denunzieren und als Resultat der Wertverwertung kenntlich zu machen, befördert sie der heute vorherrschende Antirassismus, indem er auf die Anerkennung der kulturellen Unterschiede pocht. Diese Art von Antirassismus, die jederzeit bereit ist, universalistisch orientierter Kritik Rassismus zu unterstellen, verewigt den Rassismus dadurch, daß die Verschiedenartigkeit von Menschen nicht mehr als Qualität des jeweiligen Individuums anerkannt wird, sondern nur als Ausdruck eines unentrinnbaren Kollektivs, der Einzelne also nur mehr als Exemplar des Ganzen Geltung besitzt (20). Wir haben es hier mit einem völkischen und daher selbst rassistischen Antirassismus zu tun, der vor allem – wie man unter anderem auf der Antirassismuskonferenz in Durban sehen konnte - eine hervorragende Möglichkeit bietet, seinen Israel-Haß in ein moralisch vermeintlich einwandfreies Gewand zu kleiden.

Die Antiglobalisierungsbewegung ist ebenso wie die mit ihr in weiten Teilen identische Friedensbewegung für radikale Linke, und damit sind nicht die real-existierenden gemeint, sondern jene, die an kommunistischer Befreiung im oben skizzierten Sinne weiterhin ein Interesse haben, keinesfalls "anschlußfähig". Alle Interventionen in diese Bewegungen, die sie nicht klipp und klar als Helfershelfer der deutschen Ideologie und daher als Hindernis für die Emanzipation kennzeichnen, machen sich mit ihnen gemein.

Ein Freund ist dieser Bewegung inzwischen glücklicherweise abhanden gekommen. Laut dem Hauptveröffentlichungsorgan von Franz Schandl und Robert Kurz, der baathistisch-nationalrevolutionären Tageszeitung "junge welt", hatte der irakische Spitzenpolitiker Tarik Aziz den No-Globals noch im April letzten Jahres mitgeteilt, daß ihre Treffen und Demonstrationen ein wichtiges Signal gegen die kriminelle Globalisierung seien. Aziz wörtlich: "Ich hoffe, daß diese Bewegung ihre Ziele erreicht." In Zukunft wird man derartiges von ihm wohl nicht mehr hören. Das ist eine Schwächung der internationalen Antiglobalisierungsbewegung, wie man sie sich nur wünschen kann.

Stephan Grigat ist Redakteur der Wiener Zeitschrift Context XXI und bei der Gruppierung Café Critique (www.cafecritique.priv.at) aktiv. Soeben ist im Freiburger ça ira-Verlag das von ihm herausgegebene Buch "Transformation des Postnazismus. Der deutsch-österreichische Weg zum demokratischen Faschismus" erschienen.

Anmerkungen:
(1) Vgl. Stephan Grigat: "Bestien in Menschengestalt." Antisemitismus und Antizionismus in der österreichischen Linken. in: Weg und Ziel, Nr. 2, 1998, S. 5 ff.
(2) Die Formulierung "islamistische Nazis" hat auf dem SPOG-Kongreß zu ähnlich langwierigen Debatten geführt wie in der Vergangenheit die Hinweise auf die nationalsozialistischen Einflüsse auf den Baathismus und Formulierungen wie "Moslem-" oder "Islamfaschisten". Wie aber nennt man Gruppierungen, die vermeintliche und tatsächliche Abweichler, Kommunisten, emanzipierte Frauen, Liberale, Homosexuelle und Juden hassen, die Israel zerstören und das "jüdische Prinzip", alle Juden und ihre als "Gesinnungsjuden" identifizierten vermeintlichen oder tatsächlichen Unterstützer vernichten wollen, die einem Kult des Todes huldigen, enge Kontakte und freundschaftliche Beziehungen zu Nazi-Deutschland unterhalten haben, "Mein Kampf" und die "Protokolle der Weisen von Zion" als Lektüre schätzen, Alfred Rosenberg und Fichte verehren und gerne auch mal mit dem Hitlergruß aufmarschieren. Niemand leugnet die offenkundigen Unterschiede zwischen dem deutschen Nationalsozialismus an der Macht und der islamistischen sowie panarabisch-nationalistischen Mobilmachung. Ansonsten würde man ja auch einfach von Nazis und von Faschismus, nicht von "islamistischen Nazis" und "Faschismus unter trikontinentalen Bedingungen" sprechen. Einwände gegen diese Terminologie, die darauf hinweisen, daß doch weder die Taliban noch Hamas, Al Quaida oder Hizbollah über einen industrialisierten und hochgerüsteten Nationalstaat verfügen, sprechen das Offensichtliche aus und verkennen doch zugleich die aktuellen Gefahren im sich globalisierenden Postnazismus, der eine Verallgemeinerung des deutschen Krisenlösungsmodells und der deutschen Ideologie impliziert, und in dem sich zum schlanken Staat der Elendsverwaltung die Selbstmordrackets mit ihrem Outsourcing der Vernichtung und der Individualisierung des Faschismus gesellen. (Vgl. Gerhard Scheit: Suicide Bombing. Über die neuen Formen des Antisemitismus – und ihren Zusammenhang mit den alten. in: Context XXI, Nr. 8/2002-1/2003, S. 4 ff.; Ders.: To know the worst. Über den kategorischen Imperativ Adornos im Zeitalter des suicide bombings. http://www.cafecritique.priv.at/worst.html; Clemens Nachtmann: Krisenbewältigung ohne Ende. Über die negative Aufhebung des Kapitals. in: Stephan Grigat (Hg.): Transformation des Postnazismus. Der deutsch-österreichische Weg zum demokratischen Faschismus. Freiburg 2003, S. 39 ff.)
(3) http://news.bbc.co.uk/go/pr/fr/-/1/hi/world/europe/3026992.stm

(4) http://www.friedensnetz.de/Stuttgart/
Erklärung%20zur%20attac%20Veranstaltung_13_5_03.pdf
(5) Alex Demirovic/ Manuela Bojadzijev (Hg.): Konjunkturen des Rassismus. Münster 2002, S. 24
(6) Café Morgenland: Dammbrüche – linksdeutscher Rückstau. in: Sinistra, Nr. 1, 2003, S. 18
(7) Georg Lukács: Geschichte und Klassenbewußtsein. Studien über marxistische Dialektik. Darmstadt und Neuwied 1976, S. 170
(8) Karl Marx: Theorien über den Mehrwert. Dritter Teil. Marx-Engels-Werke, Bd. 26.3, Berlin 1993, S. 458
(9) Gerhard Scheit: Bruchstücke einer politischen Ökonomie des Antisemitismus. in: Streifzüge, Nr. 1, 1997, S. 7
(10) Ebd.
(11) Vgl. Moishe Postone: Nationalsozialismus und Antisemitismus. Ein theoretischer Versuch. in: Kritik und Krise, Nr. 4/5, 1991, S. 6 ff.; Vgl. dazu Stephan Grigat: Zu Struktur und Logik des Antisemitismus. Eine Einführung. in: AK Kritische Theorie (Hg.): Deutsche Projektionen. Zur Kritik antisemitischer Weltbilder. Frankfurt/M. 2002, S. 3 ff.
(12) Vgl. exemplarisch Redaktion Bahamas: Für Israel – Gegen die palästinensische Konterrevolution! in: Initiative Sozialistisches Forum: Furchtbare Antisemiten, ehrbare Antizionisten. Über Israel und die linksdeutsche Ideologie. 2. Auflage, Freiburg 2002, S. 173 ff.
(13) Vgl. Gerhard Scheit: Verborgener Staat, lebendiges Geld. Zur Dramaturgie des Antisemitismus. Freiburg 1999, S. 50 f.
(14) Man will gar nicht so genau wissen, mit welchen Maßnahmen ein Staat wie die BRD, der auf ein paar Anschläge von rund 60 Linken, die in der Bevölkerung dermaßen isoliert waren, daß vom gesunden Volksempfinden permanent ihre öffentliche Hinrichtung gefordert wurde, mit den allseits bekannten präventiv-konterrevolutionären Maßnahmen reagiert hat, auf den bewaffneten Volksaufstand von ein paar Millionen Menschen reagieren würde.
(15) Vgl. Horst Pankow: Thesen für eine antideutsche, kommunistische Intervention. in: Brüche, Nr. 2, 2003, S. 21
(16) http://www.jungle-world.com/seiten/2003/19/864.php

(17) Robert Kurz: Weltordnungskrieg. Das Ende der Souveränität und die Wandlungen des Imperialismus im Zeitalter der Globalisierung. Bad Honnef 2003, S. 133
(18) Deutsche Stimme, Nr. 6, 2003, S. 6
(19) Vgl. Stephan Grigat: Die "Minderwertigen". Rassismus und Wertvergesellschaftung. in: Weg und Ziel, Nr. 5, 1999, S. 45 ff.
(20) Vgl. Uli Krug: Pazifistische Bruderschaft. Antirassisten und Nationalrevolutionäre gemeinsam gegen Zionismus und Globalisierung. in: Bahamas, Nr. 13, 2002, S. 16

Literatur:

Café Morgenland: Dammbrüche – linksdeutscher Rückstau. in: Sinistra, Nr. 1, 2003

Alex Demirovic/ Manuela Bojadzijev (Hg.): Konjunkturen des Rassismus. Münster 2002

Grigat, Stephan: "Bestien in Menschengestalt."

Antisemitismus und Antizionismus in der österreichischen Linken. in: Weg und Ziel, Nr. 2, 1998

Grigat, Stephan: Die "Minderwertigen". Rassismus und Wertvergesellschaftung. in: Weg und Ziel, Nr. 5, 1999

Grigat, Stephan: Zu Struktur und Logik des Antisemitismus. Eine Einführung. in: AK Kritische Theorie (Hg.): Deutsche Projektionen. Zur Kritik antisemitischer Weltbilder. Frankfurt/M. 2002

Krug, Uli: Pazifistische Bruderschaft. Antirassisten und Nationalrevolutionäre gemeinsam gegen Zionismus und Globalisierung. in: Bahamas, Nr. 13, 2002

Kurz, Robert: Weltordnungskrieg. Das Ende der Souveränität und die Wandlungen des Imperialismus im Zeitalter der Globalisierung. Bad Honnef 2003

Lukács, Georg: Geschichte und Klassenbewußtsein. Studien über marxistische Dialektik. Darmstadt und Neuwied 1976

Marx, Karl: Das Kapital. Bd. 1, Marx-Engels-Werke (MEW), Bd. 23, Berlin 1974

Marx, Karl: Das Kapital. Bd. 3, MEW, Bd. 25, Berlin 1973

Marx, Karl: Theorien über den Mehrwert. Dritter Teil. MEW, Bd. 26.3, Berlin 1993

Nachtmann, Clemens: Krisenbewältigung ohne Ende. Über die negative Aufhebung des Kapitals. in: Stephan Grigat (Hg.): Transformation des Postnazismus. Der deutsch-österreichische Weg zum demokratischen Faschismus. Freiburg 2003

Pankow, Horst: Thesen für eine antideutsche, kommunistische Intervention. in: Brüche, Nr. 2, 2003

Postone, Moishe: Nationalsozialismus und Antisemitismus. Ein theoretischer Versuch. in: Kritik und Krise, Nr. 4/5, 1991

Redaktion Bahamas: Für Israel – Gegen die palästinensische Konterrevolution! in: Initiative Sozialistisches Forum: Furchtbare Antisemiten, ehrbare Antizionisten. Über Israel und die linksdeutsche Ideologie. 2. Auflage, Freiburg 2002

Scheit, Gerhard: Bruchstücke einer politischen Ökonomie des Antisemitismus. in: Streifzüge, Nr. 1, 1997

Scheit, Gerhard: Verborgener Staat, lebendiges Geld. Zur Dramaturgie des Antisemitismus. Freiburg 1999

Scheit, Gerhard: Suicide Bombing. Über die neuen Formen des Antisemitismus – und ihren Zusammenhang mit den alten. in: Context XXI, Nr. 8/2002-1/2003, S. 4 ff.

Scheit, Gerhard: To know the worst. Über den kategorischen Imperativ Adornos im Zeitalter des suicide bombings. http://www.cafecritique.priv.at/worst.html

hagalil.com 10-10-2003

Werben in haGalil?
Ihre Anzeige hier!

Advertize in haGalil?
Your Ad here!

 

haGalil.com ist kostenlos! Trotzdem: haGalil kostet Geld!

Die bei haGalil onLine und den angeschlossenen Domains veröffentlichten Texte spiegeln Meinungen und Kenntnisstand der jeweiligen Autoren.
Sie geben nicht unbedingt die Meinung der Herausgeber bzw. der Gesamtredaktion wieder.
haGalil onLine

[Impressum]
Kontakt: hagalil@hagalil.com
haGalil - Postfach 900504 - D-81505 München

1995-2006 © haGalil onLine® bzw. den angeg. Rechteinhabern
Munich - Tel Aviv - All Rights Reserved