Nachtrag:
Wien bleibt Wien oder die Schwierigkeit implizite Texte zu
kritisierenKarl Pfeifer
Der Satz "österreichische
und amerikanische Idiotie" würden sich in der Person von Schwarzenegger
"zu einer einzigen kulminieren" ist nur dumm. Ich meinte dazu auch, er
"braucht nicht kommentiert zu werden". Heinz Blaha hat also recht, dieser
Satz ist nicht antisemitisch.
Doch ich schrieb: "Dem Mitarbeiter der "Volksstimme" Franz Schandl kommt der
Antisemitismus aus dem österreichischen Bauch vollkommen unbeabsichtigt
heraus." Dass Heinz Blaha daraus folgert, ich hätte geschrieben, Franz
Schandl sei "Antisemit", zeigt, wie schwierig es ist in diesem Land, nicht
explizit antisemitische Texte zu kritisieren. Ich muß jetzt noch meinen Text
erklären, weil nicht verstanden wird, dass es einen großen Unterschied gibt,
zwischen etwas, was aus dem "Bauch vollkommen unbeabsichtigt" herauskommt
oder was beabsichtigt wurde.
Weiter schrieb ich: "Doch es kommt schlimmer, wie es auch in rechtsextremen
Zeitschriften zu lesen und am Stammtisch zu hören ist. Dass Schwarzenegger
gewinnt, "dürfte ausgemachte Sache sein, höchstens es gelingt, ihm
irgendeine kriminelle Machenschaft anzuhängen, ein Nahverhältnis zu Jörg
Haider oder gar den Nazis nachzuweisen. Aber auch da meint der Sohn eines
österreichischen NSDAP-Mitglieds vorgesorgt zu haben. Das Holocaust Memorial
Trust in Los Angeles wird ebenso wie das Simon Wiesenthal Centre in New York
von ihm großzügig finanziell unterstützt." Dies qualifizierte ich u.a. so: "
Denn er drückt damit aus, was Rechtsextreme aber auch linke Antisemiten
glauben, dass Amerika von "Juden" beherrscht wird, und dass diese
diktieren."
Welchen anderen Grund hat Schandl zu unterstellen eine Unterstützung
jüdischer Institutionen sei nur eine "Vorsorge"? Was Heinz Blaha als
"Schwarzeneggers Politik gegenüber jüdischen Institutionen" qualifiziert.
Wieso sind Schandl und Blaha so überzeugt, dass ein Prominenter Nichtjude,
der Geld an eine jüdische Institution spendet, dies nur aus politischen
Gründen tun kann?
Heinz Blaha schreibt von einem "Persilschein", den Schwarzenegger erreichen
wollte. Dieser Begriff kam erst nach 1945 auf, als man in Deutschland und
Österreich glaubte das Problem der Massenpartei NSDAP mit administrativen
Mittel lösen zu können und sich belastete NSDAP-Mitglieder Persilscheine
besorgten, die sie entschuldigen sollten. Was bitte hat das mit einem jungen
Österreicher zu tun, der in die USA vielleicht gerade wegen der politischen
und kulturellen Atmosphäre Österreichs ausgewandert ist? Müssen Söhne von
NSDAP-Mitgliedern den Anschauungen ihrer Eltern anhängen? Wirft man das gar
in den USA jungen Österreichern und Deutschen in der Regel vor?
Der antisemitische Diskurs in Österreich ist - wie Sprachwissenschaftler
bestätigen - heute in der Regel codiert. Wenn also Schandl das nicht so
gemeint haben will, dann gibt es noch eine Lesart: Schandl wollte die
politische Kultur in den USA loben. Denn dort läßt man im Gegensatz zu
Österreich Antisemitismus, oder "ein Nahverhältnis zu Jörg Haider oder gar
den Nazis" nicht durchgehen. Das aber kam nicht zum Ausdruck. In
Wirklichkeit hat Schandl ein (seit vielen Jahrzehnten verbreitetes)
typisches antisemitisches (und antiamerikanisches) Stereotyp gebraucht. Man
spricht in Österreich von "gewissen Kreisen" oder von der "Ostküste", die
von Heinz Blaha "Ostufer" genannt wird, darunter sind "die Juden" gemeint,
die angeblich die USA beherrschen. Das kam auch implizit bei Schandl so
heraus.
hagalil.com
07-09-2003 |