Katzenmutti von Seeboden:
Braune Tierliebe in Kärnten
Von Bernhard Torsch
In der "Neuen Kärntner Tageszeitung"
erschien am 5. September ein Artikel über die "Katzenmutti" Heidi Fasching,
die sich rührend um herrenlose Haustiere kümmert. Die Nazi-Vergangenheit der
Tierfreundin wird in dem Bericht als die normalste Sache der Welt
geschildert.
In Oberkärnten kenne sie jeder als die
"Katzenmutti von Seeboden", beginnt die Reportage über Frau Fasching.
Nachdem sich der Autor des Artikels, der sich des Kürzels "GN" bedient,
darüber auslässt, wie hingebungsvoll sich die 80-Jährige um das liebe Vieh
kümmert, lesen wir ein wenig Biographisches: "Mitte der dreißiger Jahre ist
ihr Vater mit seiner Familie nach Bayern geflohen", teilt uns der Autor mit.
Warum der Mann samt seiner Sippschaft noch vor dem Anschluss "heim ins
Reich" eilte, erfahren wir nicht, ahnen es aber, denn: "1941 hat Heidi
Faschings Mann eine Stelle im SS-Personalhauptamt in Berlin angenommen. Sie
hat als Assistentin bei SS-Brigadeführer Prof. Johann Blaschke gearbeitet.
Gewohnt haben sie bei SS-Brigadeführer Eberhard Herf".
Dass die Katzenmutti auch Menschen
gegenüber großherzig ist, soll wohl die folgende Passage des Artikels
beweisen: "Nach dem Anschluss an Deutschland ist die Familie nach Millstatt
in Kärnten gezogen. Entgegenkommenderweise hat sie der Jüdin Blum, die
unbedingt nach Ungarn siedeln wollte, die Villa und Fremdenpension
abgekauft". So menschenfreundlich können nur Nazis sein. Und verstehe einer
diese Juden! Wollen nach dem Anschluss Österreichs an Hitlerdeutschland
unbedingt weg aus Kärnten und lassen Villen und sogar ganze Täler einfach im
Stich. Zum Glück gab es damals etliche Humanisten wie die Familie Fasching,
die sich des Besitzes dieser Leute, die, folgt man der Reportage, offenbar
ohne ersichtlichen Grund das Land verlassen wollten, annahmen und vor dem
Verfall bewahrten. Der Artikel in der "Neuen Kärntner Tageszeitung" lässt
uns im Unklaren darüber, was die Juden denn zur Flucht getrieben hat. Es
wird wohl das Wetter gewesen sein.
Der amateurhaft geschrieben Bericht verrät
uns außerdem, dass Frau Fasching manche Menschen zwar nett findet, aber:
"Tiere sind mir oft lieber". Doch die mittlerweile 80-Jährige ist nicht nur
eine Freundin der Kreatur, sie ist auch eine Heldin: "Heidi Fasching hat den
unsagbaren Horror des Kampfes um Berlin er- und überlebt". Wir freuen uns
gemeinsam mit unzähligen Katzen darüber, dass die Dame im Gegensatz zu
einigen Millionen Juden, die unbedingt in die Vernichtungslager umsiedeln
wollten, noch heute am Leben ist.
Dass so ein Artikel überhaupt erscheint,
und zwar ohne jegliche begleitende Kommentierung und ohne inhaltliche
Distanzierung, ist schon erschütternd genug. Dass er aber in der "Neuen
Kärntner Tageszeitung" abgedruckt wird, die als linksliberal und - zumindest
ihrem redaktionellen Selbstverständnis nach - antifaschistisch gilt, wirft
die Frage auf, ob es in diesem Blatt eine funktionierende Endkontrolle gibt.
Die Sache ist um so unverständlicher, da Chefredakteur Manfred Posch zu
Recht den Ruf eines ausgezeichneten Journalisten und Geschichtskenners
genießt. Es wäre zu begrüßen, würde Herr Posch in Hinkunft ein wenig genauer
prüfen, was seine Mitarbeiter in die Tasten hämmern.
hagalil.com
16-09-2003 |