Einstimmiger Schuldspruch wegen Holocaustleugnung:
Drei Jahre teilbedingt für Wolfgang F.
Von Karl Pfeifer
Der ehemalige freiheitliche Wiener Bezirksrat W. F. wurde am
3.9.03 im Wiener Landesgericht einstimmig wegen Wiederbetätigung im Sinn des
NS-Verbotsgesetzes schuldig erkannt. Das Geschworenengericht (Vorsitz: Karl
Fischer) verhängte über den 52-jährigen Diplom Ingenieur drei Jahre Haft, wovon
er ein Jahr absitzen muss. Zwei Drittel der Strafe wurden unter Setzung einer
Probezeit bedingt nachgesehen.
Erschwerend wertete das Gericht die Vielzahl der inkriminierten
Fakten sowie den langen Deliktszeitraum. Das Urteil ist nicht rechtskräftig,
Verteidiger Herbert Schaller bat um Bedenkzeit. Der Staatsanwalt gab vorerst
keine Erklärung ab.
Verbale Attacken gegen Richter
Zu einem Zwischenfall war es gekommen, als das Gericht die
Beweisanträge der Verteidigung mit der Begründung ablehnte, Massentötungen im
Dritten Reich wären "notorisch bewiesene Tatsachen". Darauf setzte lautes
Gelächter der "Austronazi" ein, abschätzige Zwischenrufe folgten. Der Richter
hatte das Publikum bereits mehrfach zu Ruhe und Besonnenheit ermahnt, dann ließ
er dann Saal räumen. Das löste heftigen Protest aus. Es kam auch zu verbalen
Attacken gegen den Richter. Das Urteil nahm ein Teil der Zuhörer mit wütenden,
aber nicht sehr lautstarken Kommentaren zur Kenntnis. "So eine Schweinerei",
stammelte ein älterer Herr. "Das ist kommunistisch", meinte ein anderer.
Verteidiger gegen Verbotsgesetz
Der in einschlägigen Kreisen bekannte Verteidiger Herbert
Schaller - er hatte seinerzeit schon den zu eineinhalb Jahren unbedingter Haft
verurteilten Gerd Honsik (der vor der Strafe nach Spanien flüchtete), den
Herausgeber einer Neonazi-Postille, rechtsfreundlich vertreten - bezeichnete das
Verbotsgesetz als "Ausnahmegesetz" und erblickte darin "Anklänge an eine
Diktatur". Die Behauptungen von Wolfgang F. wären "naturwissenschaftlich
haltbar", es müsse erlaubt sein, "dass solche Ergebnisse transportiert werden",
meinte der Anwalt in seinem Plädoyer.
Wolfgang F.: "Natürlich nicht schuldig"
"Ich bekenne mich natürlich nicht schuldig. Ich habe nur die
Wahrheit gesagt", erklärte Wolfgang F. während der Verhandlung. Der frühere
freiheitliche Wiener Bezirksrat - er wurde 1994 aus der Partei ausgeschlossen,
nachdem er die "multikulturelle Bastardisierung der Gesellschaft" beklagt hatte
- musste sich wegen NS-Wiederbetätigung im Sinne des Verbotsgesetzes
verantworten. Konkret ging es um 17 in den neunziger Jahren verfasste
Schriftstücke, in denen er vor allem die massenhafte Tötung jüdischer Menschen
im Dritten Reich mittels Zyklon B in Abrede stellte.
Betont lässig und mit einem gespielt belustigten Lächeln
verfolgte der Angeklagte die Ausführungen von Staatsanwalt Karl Schober. Dieser
bescheinigte dem 52-Jährigen "eine geistige Annäherung an die Revisionisten":
Mit "pseudowissenschaftlichen Ausführungen" bestreite Wolfgang F. die Existenz
von Gaskammern in den Konzentrationslagern des Dritten Reichs und leugne die
Massenvernichtung.
"Seine so genannte wissenschaftliche Arbeit erschöpft sich jedoch
in stereotyper Bestreitung. Es handelt sich daher lediglich um schlichte
Meinungsäußerungen, und diese unterliegen den Schranken des Verbotsgesetzes",
sagte Schober.
"Anständige Leute"
Der Angeklagte berief sich auf seinen akademischen Eid und
meinte: "Geschichte ist ein ständiger Revisionsprozess." Er habe die
inkriminierten Schriften deshalb an zahlreiche öffentliche Institutionen, Ämter,
Behörden und Privatpersonen verschickt bzw. verteilt, "um anständige Leute
überzeugen zu können, dass man die Österreicher auf schamlose Weise belügt". Die
von der "orthodoxen Geschichtsschreibung" behaupteten Massentötungen mittels
Zyklon B und Abgasen aus Dieselmotoren wären nämlich "absolut unmöglich" und
"technisch-physikalischer Nonsens". Als ausgebildeter Verfahrenstechniker wisse
er, dass Blausäure "das Dümmste ist, was man verwenden hätte können. Ich kann
Ihnen das beweisen. Wenn Sie nur ein bisschen Heimwerker-Verständnis haben,
werden Sie mich verstehen. Mein Gutachten steht seit zehn Jahren, und es ist
nicht widerlegt."
Auf die Frage, ob es Gaskammern gegeben habe, antwortete Wolfgang
F.: "Ich war nicht dabei. Ich kann es nicht wissen." In Mauthausen und Dachau
wären diese jedenfalls nach dem Krieg errichtet worden. Es habe allerdings
"Entwesungskammern" für "Kleider und Utensilien" gegeben. Er behauptete auch in
den deutschen Konzentrationslager wären die Insassen anständig verplegt worden
und wären die hygienischen Bedingungen einwandfrei gewesen.
Vom "politischen Exil" ins Gefängnis
Seit mehreren Jahren wurde Wolfgang F. per Haftbefehl gesucht,
doch obwohl er sich die meiste Zeit in Wien aufgehalten haben soll, konnte er
erst Ende Juni 2003 in Wien verhaftet werden. Er habe sich "im politischen Exil
in einer ausländischen Botschaft" befunden, meinte er nun zu seinem letzten
Aufenthaltsort. Bekannt ist sein Asylgesuch an die iranische Botschaft. Näheres
wollte der 52-Jährige mit dem Hinweis auf mögliche "politische Verwicklungen"
nicht sagen.
Kommentar
Würden Antifaschisten sich so benehmen in einem österreichischen
Gericht wie sich die Freunde und Sympathisanten des Holocaustleugners benommen
haben, dann könnten sie mit einer sofortigen Verhaftung bzw. mit einer
Ordnungsstrafe rechnen. Dass Richter, Staatsanwälte und Geschworene durch
lautstarke "Austronazis" eingeschüchtert werden und deswegen milde Urteile bzw.
Freisprüche fällen, das ist kein Einzelfall in der österreichischen
Justizgeschichte. Ich kann mich noch lebhaft an einen Fall erinnern, als in
einem Grazer Gericht ein jüdischer KZ-Überlebender, der ein fehlerhaftes Deutsch
sprach vom Publikum laut verhöhnt wurde und das Gericht nicht eingriff.
W.F. erlaubte sich hunderte von CD-Roms unter dem Titel "Der
Gaskammerschwindel" vor ein paar Monaten zu versenden. Gleich im Vorwort
beschuldigt er mit einer 1. Widmung (siehe unten*) den
leitenden Staatsanwalt Hofrat Dr. Helmut Kellner den rechtsextremen Österreicher
Dr. Pfeifenberger in den Tod getrieben zu haben.
Es bleibt abzuwarten, ob das Gericht auch wegen dieser
Verleumdung eines hohen Staatsbeamten Anklage erheben wird. Einige hohe Beamte,
die in der Justiz tätig sind, kommen aus den rechtsextremen Burschenschaften und
anscheinend gehen sie bis heute sehr milde gegen rechtsextreme Straftäter vor.
*) "1. Widmung
Gewidmet dem honorigen Verfechter der Wahrheit
Univ.-Prof. Dr. Werner Pfeifenberger
23. Oktober 1941 - 13. Mai 2000
In den Tod getrieben von der politischen Justiz der Zweiten, der angeblich
"demokratischen" Republik Österreich, unter der Verantwortung des Staatsanwaltes
am Landesgericht Wien, Hofrat Dr. Helmut Kellner"
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03-09-2003 |