Antisemitismus-Vorwurf:
DGB- Regionalvorsitzender greift ATTAC
anVon Max Brym
Sebastian Wertmüller ist DGB Regionalvorsitzender aus
Göttingen und Mitglied der "globalisierungskritischen" Organisation ATTAC.
In einer Pressemitteilung vom 28.08.03 attackiert der DGB
Südniedersachsen-Harz scharf die Webseite der Globalisierungskritiker. Nach
Meinung von Wertmüller werden dort "Positionen vertreten, wie sie ansonsten
nur von Rechtsextremisten und islamischen Organisationen bekannt sind."
Der DGB-Regionalverband stellt schlicht antisemitische
Positionen bei ATTAC fest. Die Kritik konzentriert sich auf die bundesweite
Arbeitsgruppe "Globalisierung und Kritik" von ATTAC.
Was wird kritisiert ?
Wertmüller macht seine Kritik an vier Texten fest, die auf
der Homepage von ATTAC an zentraler Stelle vorgestellt und beworben werden.
Im Positionspapier der AG "Globalisierung und Krieg" wird ausschließlich die
USA angegriffen, dabei werden terroristische Anschläge und
Selbstmordattentate "verharmlost, verdrängt und teilweise verklärt."
Terroristische Aktionen gehen als gerechtfertigt durch, sie seien Ausdruck
der "Unabhängigkeitsbestrebungen von Minderheiten, die in Palästina und
Tschetschenien unterdrückt würden."
In der DGB-Erklärung wird klar gegen einen Aufruf zu einem
"Aktionstag gegen Besatzung" am 27.09.03 Stellung genommen. "ATTAC plant
zusammen mit extremen palästinensischen Organisationen und diversen
israelfeindlichen Gruppierungen den Aktionstag." Der Regionalverband des DGB
lehnt eine Unterschriftensammlung zum Boykott von Waren aus Israel
entschieden ab. Der Aufruf zu dieser Aktion befand sich bis zum 27.08.03 auf
der Homepage von ATTAC. Aufgrund vielfacher Proteste wurde das Pamphlet
entfernt. In einer Stellungnahme der ATTAC-AG zur "Besatzung im Irak" findet
eine "Solidarisierung u.a. mit terroristischen, faschistischen und
fundamentalistischen Gruppen im Irak statt."
Was verbirgt sich hinter solchen Positionen ?
Sebastian Wertmüller vermutet hinter solchen Positionen
eine tief sitzende Israelfeindschaft, insbesondere im Falle des publizierten
Boykott-Aufrufes gegen israelische Waren und Produkte. In der Tat, dieser
Aufruf ist nur noch als Wiederholung der Parole: "Kauft nicht beim Juden" zu
verstehen. Auch mit einer Kritik an der israelischen Regierung hat diese
Aktion, die immer noch im ATTAC Umfeld propagiert wird, nichts zu tun. Die
Israelis werden kollektiv, mit einem Boykott in eine Pfanne gehauen. Es wird
nicht registriert, dass in Deutschland jede Staatsfahne meist unbeschadet
gezeigt werden kann, nicht jedoch die israelischen Fahne.
In Berlin wurde kürzlich einem Mieter die Wohnung
gekündigt, weil er die israelische Fahne sichtbar am Fenster anbrachte. Dies
störte angeblich den "häuslichen Frieden". Ein jüdisches Geschäft in Berlin
mußte schließen, der Geschäftsinhaber wurde von Nazis und arabischen
Fundamentalisten terrorisiert. Es soll nach Auffassung der Rechten in
Deutschland keine koscheren Lebensmittelläden geben. Diese deutschen
Bedürfnisse bedient objektiv der Aufruf zum Boykott israelischer Waren, wie
er bis vor kurzem auch von ATTAC mitgetragen wurde.
Zuzustimmen ist deshalb Sebastian Wertmüller, wenn er
diagnostiziert: "Alle diese Papiere (von Attac) sind mit dem Anspruch an
eine demokratische und fortschrittliche Bewegung für Frieden und
Gerechtigkeit weltweit unvereinbar". Wertmüller fordert von ATTAC eine klare
Distanzierung von antisemitischen Haltungen und die Entfernung aller Texte
aus dem Netz, die den fundamentalistischen islamischen Terror verklären.
Wertmüller klagt eine Diskussion über das "internationalistische
Selbstverständnis" von ATTAC ein. Eine Solidarisierung "mit den Mörderbanden
von Saddam" kann nach Wertmüller "nicht durch Mittel von ver.di und der
DGB-Jugend unterstützt werden." Prinzipiell müsse nach Wertmüller "die Frage
nach dem Umgang mit Juden und dem Existenzrecht Israels im Mittelpunkt der
Debatte stehen."
Eine notwendige Debatte
Herr Wertmüller hat allen Grund, eine solche Diskussion
innerhalb von ATTAC einzufordern. Bis dato steht tatsächlich nur die USA im
Fokus der Kritik. Eine ähnlich gelagerte Kritik an der deutschen
Sozialpolitik, an der deutschen Rüstungspolitik, läßt ATTAC weitgehend
vermissen. Im Zionismus wird ein grundsätzliches "Weltübel" gesehen. Damit
wird offen, egal ob man es so sagt oder nicht, nur dem Staat Israel in
dieser Welt das Existenzrecht abgesprochen. Die Gewichtung, die die Kritik
an Israel in den ATTAC Publikationen einnimmt, spricht ebenfalls für sich.
Im Kongo wurden in den letzten Jahren knapp 4 Millionen Menschen ermordet,
mehr als 2 Milliarden Menschen leben auf dem Globus in schrecklicher Armut
und jährlich verhungern 14 Millionen Kinder. All das kommt zwar bei ATTAC
vor, es scheint sich allerdings um Randphänomene zu handeln, wie die
Aktionsgewichtung von ATTAC zeigt. Israel und immer wieder Israel wird
attackiert. Vor solchem "Internationalismus" muss gewarnt werden. Wer
zunehmend die Kritik an sämtlichen Weltübeln auf den Staat Israel
konzentriert, hat sich auch als ernstzunehmender Diskussionspartner
bezüglich der israelischen Staatspolitik diskreditiert.
hagalil.com
22-09-2003 |