Keine Frage der Ästhetik:
Arafat will und kann verhandeln
In Jedioth achronoth kommentiert Rami Tal
die Ansicht der israelischen Regierung, die noch immer meint, sie könne sich
die Vertretung der Palästinenser selbst wählen
Unmittelbar nach der Gründung der
Abu-Masen Regierung forderte Israel, mit der politischen Unterstützung der
USA, dass die PA mit der "Auflösung der Terror-Infrastrukturen" beginne. Die
israelische Regierung spricht gerne von einer "Prägung des palästinensischen
Bewusstseins". Sie hätte lieber damit beginnen sollen, ihr eigenes
Bewusstsein zu prägen und endlich zu begreifen, dass man Verhandlungen nicht
mit dem führt, der einem gefällt, sondern mit dem, der es will und dazu
fähig ist.
Der einzige israelische MP, der dies verstanden und auch umgesetzt hat, war
Itzhak Rabin. Er verabscheute Arafat und die PLO, wusste jedoch, dass Arafat
Verhandlungen führen will und kann. Als Arafat Anfang 96 aufgefordert wurde,
die "Terror-Infrastrukturen" aufzulösen, beschloss er, dass es sich für ihn
lohnt, dieser Forderung nachzukommen und bewies, dass er dazu fähig war.
Hunderte wurden verhaftet und für vier Jahre sank der Terror auf ein äußerst
niedriges Niveau. Abu-Masen hat nicht die geringste Chance, dies zu
bewerkstelligen, und das weiß Israel ganz genau. Die Forderungen, die an ihn
gestellt werden, dienen ausschließlich Propagandazwecken.
Wenn sich Arafat wirklich vor Abu-Masen fürchten würde, hätte er die
Gründung seiner Regierung mit Leichtigkeit verhindern können. Aber Arafat
wusste genau, dass er keinen Grund zur Sorge hat. Abu-Masen gilt bei den
Palästinensern als korrupt und verschwenderisch, ganz im Gegensatz zum
bescheidenen Arafat. Er war niemals an Kämpfen beteiligt, hat sein Leben
nicht aufs Spiel gesetzt und ist niemals in israelischen Gefängnissen
gesessen. Und übrigens, sollte Abu-Masen gestürzt werden, dann wird Arafat
für die Ernennung eines ähnlichen Typen sorgen, Abu-Ala zum Beispiel.
Trotzdem hätte Abu-Masen vielleicht eine gewisse Erfolgschance gehabt, wenn
ihn Israel klüger und entschlossener unterstützt hätte. Dafür hätte Israel
sehr viele Häftlinge entlassen und für eine echte Verbesserung der
palästinensischen Lebensbedingungen sorgen müssen. Aber für Israel war
Abu-Masen von Anfang an irrelevant, Israel spielte von Anfang an
ausschließlich mit der amerikanischen Regierung.
Letzten Endes wird Israel damit aufhören müssen, die Amerikaner und sich
selbst hinters Licht zu führen. Nach einigen weiteren Liquidierungen und
Aktionen von der Art "Schutzwall", die nichts Wesentliches ändern werden,
und nachdem Abu-Ala den Platz von Abu-Masen eingenommen hat, werden wir zu
Verhandlungen mit dem zurückkehren müssen, der will und kann. Möge Gott
geben, dass dies dann noch immer ein säkularer Führer wie Arafat oder auch
Dahlan oder Barguti sein wird, und nicht Scheich Jassin oder Dr. Rantissi!
Ein weiterer Artikel in Jedioth befasst sich mit den "Wanderschaften
Arafats". Arafat wird hier zwar nicht als Verhandlungspartner akzeptiert, es
werden jedoch stichhaltige Gründe gegen seine "erzwungene Entfernung"
angeführt: "Von allen Argumenten für die Ausweisung Arafats aus dem
Heiligen Land, ist eines besonders unsinnig, nämlich die Behauptung, wenn er
aus den Augen der Palästinenser wäre, dann wäre er auch aus ihren Herzen.
Unsinn. Ein Arafat, der wieder wie ein Schmetterling durch die Welt ziehen
kann, würde schnell wieder ein Politiker mit internationalem Einfluss
werden. Er würde Chirac umarmen, sich mit Schröder fotografieren lassen und
von vielen Ländern mit allen Ehren empfangen werden. Kein Palästinenser -
auch nicht Abu-Masen, Dahlan oder Radschub - würden sich seinen Anordnungen
widersetzen, und so würde dieser Mann wieder seine früheren Ausmaße
annehmen. Und ein weiterer Grund, warum er lieber hier bleiben sollte:
solange er in der Mukata hockt, können wir ihn ständig kontrollieren. Wenn
er hingegen nach Tunis, Libyen oder Jemen wandern würde, müssten wir uns
ständig den Kopf zerbrechen, was er wohl wieder ausheckt. Und überhaupt -
soll er doch zum Teufel gehen".
hagalil.com
28-08-2003 |