
1.800 Namen ehemaliger Nazis:
Wider das Vergessen
Kritik an ungenügenden Bemühungen, die Kriegs-
und Holocaust-Verbrecher und Mitläufer von politischem und
wirtschafltichem Einfluss auszuschließen
Das berühmt-berüchtigte "Braunbuch" mit 1.800 Namen
ehemaliger Nazis in der Bundesrepublik ist wieder aufgelegt worden. Das
Reprint der Veröffentlichung aus der DDR, die unter anderem den
damaligen Bundespräsidenten Heinrich Lübke als "KZ-Baumeister"
beschuldigte, wurde am Donnerstag in Berlin vorgestellt.
Der Geschäftsführer des Verlages "edition ost", Matthias
Oehme, stellte es in eine Reihe mit der für die kommenden Wochen
geplanten ARD-Serie "Hitlers Eliten".
Die zweite Auflage dieses Buches, das Herausgeber
Norbert Podewin als "Waffe im Gefecht der Vorposten des Kalten Krieges"
bezeichnete, war 1967 auf der Buchmesse in Frankfurt am Main
beschlagnahmt worden. Zu einer dritten Auflage kam es nicht mehr, weil
nach den Angaben der heutigen Herausgeber die damaligen Machthaber der
DDR die sozialliberale Regierung Brandt/Scheel in der Bundesrepublik
nicht in Verlegenheit bringen wollten.
Zugleich veröffentlichte der Berliner Verlag ein Buch
mit dem Titel "Nazis in der DDR" des Juristen Detlef Joseph. Er ist nach
eigenen Worten "im Zuge der Delegitimierung der DDR" 1991 von der
Humboldt-Universität "weggegangen worden". Er nannte die These "infam",
die DDR habe sich ehemaliger Nazis bedient und ihr Antifaschismus sei
von diesen letztlich "nazifiziert" worden.
Joseph kritisiert in seinem Buch den Mangel
westdeutscher Bemühungen, die Kriegs- und Holocaust-Verbrecher und
Mitläufer von politischem und wirtschafltichem Einfluss auszuschließen.
Dagegen nimmt er für die DDR in Anspruch, sie habe mit
nationalsozialistischen Tendenzen gründlich aufgeräumt. Aber er räumte
am Donnerstag auch ein, dass das Thema im Osten tabuisiert worden sei.
"Solche Fragen wurden nur hinter vorgehaltener Hand diskutiert."
haGalil onLine 20-03-2002 |