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Abe Foxman zum Antisemitismus:
Auschwitz begann mit Worten!

Abe Foxman, Direktor der Anti-Diffamierungsliga, sprach anlässlich der Vorbereitungen zur UN-Konferenz gegen Rassismus vor dem diplomatischen Korps in Jerusalem.

Herr Minister, Ihre Exzellenzen, sehr geehrte Damen und Herren. Ich habe eine akademische Darstellung des modernen Antisemitismus vorbereitet, aber ich werde sie hier nicht vorstellen. Wenn Sie es wünschen, können wir sie Ihnen durch das ADL-Büro in Jerusalem oder in Europa zukommen lassen. Nachdem wir Rabbi Melchior, Minister Melchior, zugehört haben, bleibt sicherlich in Bezug auf Darstellung und Analyse wenig zu sagen. Also erlauben Sie mir, einige Augenblicke sehr persönlich zu Ihnen zu sprechen.

Als ich dasaß und zuhörte, sah ich mich im Saal um, und ich war bewegt und gerührt von der Bedeutung dieser Zusammenkunft hier an diesem Morgen. Hier sind wir, zusammengekommen in Jerusalem an einem anderen Morgen an einem anderen Tag, als die Nachbarschaft in der Umgebung in der Sprache und des Tonfalls des Hasses sprach, als Minister Melchior genaue Erklärungen abgab, als andere diese Worte des Hasses in Munition und Mörsergranaten umwandelten. Und irgendwo da draußen planten gute Menschen zusammenzukommen, als wir in ein neues Jahrtausend eingetreten sind, um die Lektionen der Vergangenheit zu lernen.

Was haben wir hier? Dies ist eine Demokratie. Eine Einladung des Außenministeriums ist kein Erlass, ist kein Befehl und ist keine Anordnung. Drei Viertel des diplomatischen Korps dieses Landes kamen der Einladung zu diesem bestimmten Thema der Unverwüstlichkeit des Hasses, der Bigotterie, der Vorurteile, des Rassismus, des Antisemitismus nach.

Während die Presse die anderen Elemente lösen kann, wäre es schön, wenn die Presse Ihre Anwesenheit hier an diesem Morgen feierte. Da Sie, wie ich meine, nicht verpflichtet waren zu kommen, Sie wussten, worum es geht. Das ist für mich so wichtig und so ermutigend wie alles, was ich in der vergangenen Woche in diesem Land gesehen habe. Das sage ich, weil ich persönlich ein Überlebender des Schlimmsten bin, das die Menschheit hervorgebracht hat, zu dem sie mit grenzenlosem, unbeantwortetem, ungezähmten und unkontrolliertem Hass fähig ist.

Ich wurde 1940 in Polen geboren – kein guter Ort für ein jüdisches Kind – und ich überlebte. Ich überlebte, weil es inmitten dieser Hölle und des Hasses einen Menschen gab, der kaum lesen und schreiben konnte – ihr Name ist Branislava Korpi –, die weder das Risiko noch die Zweckmäßigkeit, noch den Verlust an Bequemlichkeit maß und aufstand für einen einzelnen Menschen, da er ein einzelner Mensch war. Hätte sie sich die Risiken und die möglichen Konsequenzen bewusst gemacht, stünde an diesem Morgen ein anderer hier und spräche zu Ihnen.

Dann gab es diesen Priester, der den Mut hatte, der die Moral hatte, der mir den Schutz der katholischen Kirche gewährte, der mir eine falsche Identität verschaffte, um mir das Überleben zu ermöglichen. Als ich aufwuchs und erwachsen wurde und nach und nach zu verstehen begann, wie ich als Kind überlebt hatte, fing ich an, ein paar sehr schwierige Fragen zu stellen – die Fragen nach dem Warum. Warum passierte es? Warum ließ die Welt den Antisemitismus zu, schreckliche Worte des Hasses, die zum Fundament der Ziegelsteine in Auschwitz wurden?

Warum schwieg die Welt? Warum schrie sie nicht, als Synagogen verbrannt wurden? Wo war der Allmächtige und warum griff Er nicht ein? Dann noch weitere sehr schmerzhafte Fragen nach dem Warum: Warum überlebte ich, während 1,5 Millionen anderer jüdischer Kinder starben? Warum ich und nicht sie? Ich habe keine Antworten, und ich glaube auch nicht, dass wir in diesem Saal mit all den Diplomaten und all den Gelehrten mit einer Antwort auf diese belastenden, universellen und persönlichen Fragen nach dem Warum aufwarten können.

Und so habe ich angefangen, andere Fragen zu stellen, die Fragen des Was wäre wenn: Was wäre, wenn es keinen Raoul Wallenberg gegeben hätte, der 100.000 Juden rettete, sondern 100.000 Wallenbergs – wie viele Tausende und Abertausende von Juden hätten gerettet werden können? Was wäre, wenn es nicht einen Oskar Schindler gegeben hätte, sondern Hunderte von Oskar Schindlers? Was wäre, wenn es mehr Bulgaren und Albaner gegeben hätte, die nein sagten? Was wäre, wenn Amerika seine Tore für ein Schiff namens St. Louis geöffnet hätte? Was wäre, wenn die Welt auf die Wannsee Konferenz reagiert hätte? Was wäre, wenn die Schweiz 20.000 jüdischen Waisen erlaubt hätte, ihre Grenzen zu überschreiten, wäre die Gleichheit zerstört worden? Was wäre wenn, was wäre wenn, was wäre wenn?

Jetzt wissen wir zwei Dinge. Wir wissen jetzt, dass die Welt Bescheid wusste, sie wusste es – es gab kein CNN, es gab die BBC, aber die Welt wusste Bescheid. Wir wissen jetzt, dass die Alliierten davon wussten, sie wussten genau, an welchem Tag wie viele Juden in Minsk und Pinsk abgeschlachtet wurden. Das sollte eine belastende Lehre für uns sein – sie wussten Bescheid. Aber was haben sie unternommen?

Sag' Nein!

Wir haben noch etwas anderes gelernt, dass wo auch immer und wann auch immer und wie auch immer Menschen „Nein“ gesagt haben, Menschen überlebten, Juden überlebten. Das ist die Lehre aus Albanien, Bulgarien, Dänemark und Holland und anderen Ländern. Was bedeutet das für uns? Es bedeutet für uns, dass wir hier zusammengekommen sind, so dass zukünftige Generationen niemals die Frage stellen müssen: „Was wäre wenn?“ Es ist ein Lackmus-Test für die internationale Gemeinschaft. Es gibt Erklärungen aller Art – Rabbi Melchior erwähnte ein paar. Es wurden alle möglichen rationalen Erklärungen geschrieben, warum die Resolution, die Zionismus und Rassismus gleichsetzte, beschlossen wurde. Es gab einen sowjetischen Block und es gab einen arabischen Block und es gab Abhängigkeiten und es gab dies und es gab das. Aber diese Dinge gibt es heute nicht mehr. Israel lebt in Frieden mit Ägypten und mit Jordanien und hat sich aus dem Libanon zurückgezogen. Keine dieser Entschuldigungen existiert heute noch.

Es wurde gesagt, dass das jüdische Volk der Kanarienvogel einer zivilisierten demokratischen Gesellschaft sei. Genau wie die Minenarbeiter einen Kanarienvogel auf ihren Helm setzen, um zu sehen, wie sicher es ist, wenn sie in die Tiefen der Minen vordringen, ist das immer noch die Art, wie die Welt auf das jüdische Volk reagiert. Es ist ein Test der Höflichkeit, der Anständigkeit, der Demokratie in dieser Welt. Und wissen Sie was? Es sieht gar nicht so gut aus. Ja, wie Minister Melchior sagte, wir werden überleben, aber wird die Demokratie überleben? Bei dieser ersten Anstrengung in diesem neuen Jahrtausend, in dem die Welt zusammenrückt, um sich selbst gegen die Bigotterie und die Vorurteile und den Rassismus stark zu machen, was wird übrigbleiben?

An oberster Stelle der Hitparade des Hasses:
Antisemitismus

Mein Text spricht von der existierenden Doppelmoral. Herr Melchior sprach über den Antisemitismus in der arabischen Welt. Das überrascht mich nicht. Wir haben den Weltraum erobert, wir haben den Mond erreicht. Nein, wir haben keinen Impfstoff, kein Gegenmittel gefunden gegen den Hass. Wir wissen seit 2.000 Jahren, dass an oberster Stelle der Hitparade des Hasses der Antisemitismus steht. Er ist unverwüstlich. Wir haben mit keinem Kommunismus, keinem Faschismus, keinem Nazismus zu tun. Da draußen wartet noch ein anderer „ismus“, ein unverwüstlicher, mit Namen Antisemitismus. Das einzige Gegenmittel, das wir haben, ist die Erinnerung und die Verpflichtung zur Anständigkeit.

Was uns am Antisemitismus in der arabischen Welt beunruhigt, ist nicht, dass er existiert. Leider existiert er. Er existiert auch in den Vereinigten Staaten. Was uns beunruhigt, ist, dass es in Kairo, in Amman, in den von den Palästinensern kontrollierten Gebieten keinen Menschen gibt, der die Anständigkeit, den Mut besitzt, aufzustehen und „nein“ zu sagen. Ich hatte das Privileg, neben Präsident Mubarak zu sitzen, und ich habe ihn angefleht: Ich stelle die freie Presse nicht in Frage, keine freie Presse, ich sagte: „Präsident Mubarak, sagen Sie etwas.“ Warum ist das so? Können wir von den demokratischen Nationen der ganzen Welt verlangen, ihre Stimmen zu erheben? Wir baten Freunde in Deutschland, in Österreich, in Italien, in Schweden, in Norwegen, in Taiwan, wo immer die Möglichkeit bestand, baten wir die Staatsoberhäupter und anständigen Menschen, ihre Stimme zu erheben. Warum sollten wir nicht von den anständigen Menschen in der arabischen Welt dasselbe verlangen? Denn durch ihr Schweigen legitimieren sie die Worte, die zu Ziegelsteinen in Auschwitz wurden.

Die Macht des Lebens und des Todes
liegt in der Zunge

Also beschäftigen wir, das jüdische Volk, uns letztendlich mit Worten. Unsere Tradition lehrt uns, dass die Macht des Lebens und des Todes in der Zunge liegt. Die, die drei Mal am Tag beten, wie es vorgeschrieben ist, sagen drei Mal am Tag: „Oh Herr, bewahre meine Zunge davor, Böses auszusprechen.“ Weil wir aus unserer bitteren Erfahrung wissen, was böse, hässliche, schlechte und hasserfüllte Worte anrichten können. Aber wir wissen auch etwas anderes: Dass das Fehlen von Worten – die Stille, die Gleichgültigkeit, die Apathie, das Rationalisieren, die Zwänge – es ermöglicht, dass die hässlichen Worten wachsen und gedeihen und rechtfertigen, dass Menschen ums Leben kommen.

Ich danke Ihnen von ganzem Herzen, dass Sie es sich in Ihrem Kalender und in Ihrem Zeitplan vermerkt haben, heute morgen hier zu sein, da Sie allein durch Ihre Anwesenheit, allein durch Ihre Entscheidung hier herzukommen, um zuzuhören und um sich mit uns diesem Thema zu widmen, hinausposaunen, dass wir nie wieder den Luxus haben werden, still zu sein angesichts des Hasses, der Bigotterie, der Vorurteile, des Rassismus und des Antisemitismus. Vielen, vielen Dank.

haGalil onLine 12-08-2001

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