Der Kanzler erklärte, Deutschland verstehe die
Sicherheitsbedürfnisse Israels und respektiere sie ohne Einschränkung.
Aber Deutschland sei auch der Auffassung, "dass Sicherheit in der Region
- und damit auch für Israel - auf Dauer nur gewährleistet werden kann,
wenn alle Völker in der Region eine Friedens- und Wohlstandsperspektive
erhalten. Das gilt auch für die Palästinenser." Er sei sich mit Scharon
einig, dass Terror und Gewalt in der Region eingedämmt werden müssten,
und dass die Chance für eine friedliche Entwicklung bestehe. Es sei
ebenso klar, dass der Mitchell-Plan ein Instrument sei, das beide Seiten
als ein taugliches Instrument ansehen. Er sei froh darüber, ergänzter
der Kanzler, dass Premierminister Scharon noch einmal deutlich gemacht
habe, dass er eine Implementierungsmöglichkeit dieses Planes wünsche und
auch bereit sei, daran mitzuarbeiten.
Angesprochen darauf, ob Deutschland oder die EU im Nahen
Osten eine größere Rolle spielen könnten, entgegnete der Kanzler, dass
Premierminister Scharon von den "ausgewogenen Ansichten und
Verhältnissen Deutschlands zu den Beteiligten insgesamt gesprochen"
habe. Er unterstreiche das, so der Kanzler. Dies sei auch der Grund,
warum Deutschland die Sicherheitsbedürfnisse Israels in besonderer Weise
anerkenne und -"bezogen auf die Frage, die hier thematisiert worden
ist - in aller Freundschaft zu mehr Flexibilität in der Siedlungsfrage
rate." "Mehr als einen Rat", schloss der Bundeskanzler, "können wir
nicht geben."
Der Bundeskanzler hatte Premierminister Sharon zu diesem
ersten bilateralen Besuch eingeladen. Nach der Begrüßung mit
militärischen Ehren um 11.30 Uhr im Kanzleramt sprachen die beiden
Regierungschefs bei einem Arbeitsessen über die Friedensbemühungen im
Nahen Osten. Im Anschluss an die Unterredung fand um 13.00 Uhr eine
gemeinsame Begegnung mit der Presse statt. Anschließend legten der
Bundeskanzler und Premierminister Sharon an der Gedenkstätte Bahnhof
Grunewald während einer feierlichen Zeremonie Kränze nieder.
Bundespräsident Rau und Bundesminister Joschka Fischer
werden mit Premierminister Sharon ebenfalls zu kurzen Gesprächen
zusammentreffen.
Ansprache von Bundeskanzler Schröder bei der Gedenkfeier Bahnhof
Grunewald