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Israelis, Palästinenser und der Holocaust:
Katastrophe der Anderen

Von Cordelia Edvardson

Unter arabischen Intellektuellen ist es in jüngster Zeit beliebt geworden, Konferenzen zum Thema „Holocaust Denial“, über die Leugnung des Holocaust, zu veranstalten. Eine solche international besetzte „akademische“ Konferenz hätte vor kurzem in Beirut stattfinden sollen, musste jedoch abgesetzt werden, als sich der Libanon weigerte, Gastgeber eines solchen Spektakels zu werden – besonders nachdem einige bekannte arabische Intellektuelle, darunter Palästinenser, scharfen Protest erhoben und die libanesische Regierung aufgefordert hatten, sich nicht an einer unwürdigen und schädlichen Verfälschung der Geschichte zu beteiligen.

Zu den Unterzeichnern dieses Protests gehörte Edward Said, der amerikanische Literaturwissenschaftler palästinensischer Herkunft. Gegenwärtig wird eine neue – oder vielleicht auch dieselbe Konferenz – vorbereitet, die nun in Amman stattfinden soll. Der König, der vor den Augen der Welt gerne als aufgeklärt und nach Westen orientiert gelten möchte, tut offenbar alles in seiner Macht Stehende, um die Konferenz zu verhindern. Bis jetzt ist sie dreimal verschoben worden. Leider kann er nicht mehr mit der Unterstützung von Edward Said rechnen. Denn dieser hat seine Meinung geändert.

Nie hätte er einen Aufruf an die Regierung des Libanon, die Konferenz abzusagen, unterschrieben, erklärt er nun. Gewiss sei er gegen die Leugnung des Holocaust. Aber er sei auch dagegen, eine Regierung aufzufordern, die Meinungsfreiheit zu beschränken. Als er telefonisch aus Paris gebeten worden sei, den Protest zu unterschreiben, sei ihm nicht klar gewesen, dass man sich damit an die libanesische Regierung wenden wollte. Es sei, so Edward Said, daher ein „fürchterlicher Missbrauch des Vertrauens“ gewesen, seinen Namen in diesem Zusammenhang zu benutzen. Die neofaschistische Organisation, die hinter der Konferenz stand, beeilte sich sehr, den Brief des Professors auf ihrer Seite im Internet zu veröffentlichen. Nun steht Edward Said in ausgesprochen schlechter Gesellschaft da, und wird wohl noch einmal erklären müssen, es so nicht gemeint zu haben.

Es ist allerdings von nicht allzu großer Bedeutung, ob ausgerechnet diese Konferenz nun stattfindet oder nicht. Ihre Botschaft wird regelmäßig und mit Eifer in den arabischen und palästinensischen Zeitschriften verbreitet. Rechtzeitig zu einem der wichtigsten Gedenktage im arabisch-jüdischen Kalender, zum Tag des Holocaust, an dem die Sirenen im ganzen Land aufheulen, die Menschen sich zwei Minuten lang der Vergangenheit zuwenden und ihre ungeweinten Tränen sich wie Lots Frau in Salzsäulen verwandeln sollen – ausgerechnet vor diesem Tag veröffentlichte Al-Hayat al-Jadida einen ausführlichen Artikel zum „Mythos des Holocaust“. Die Zeitung ist das offizielle Organ von Yasser Arafat und seiner palästinensischen Verwaltung.

Der Artikel wiederholt alle bekannten „Beweise“, dass der Holocaust ein Märchen der Zionisten sei. Sein Autor will indessen auch entdeckt haben, dass sich die westliche Welt gegenwärtig von der jüdisch-zionistischen Indoktrination befreit: „Die Frage, die heute in den westlichen Universitäten und in bekannten Verlagshäusern diskutiert wird“, jubelt der Autor, „ist, ob das Huhn (also der Mythos vom Holocaust, C.E.), das den Juden goldene Eier auf der ganzen Welt gelegt hat, nicht das letzte Verfallsdatum überschritten hat.“

Nein, es reicht nicht aus, angesichts einer solchen Gemeinheit mit den Schultern zu zucken. Denn die Leugnung des Holocaust durch die Araber und vor allem durch die Palästinenser rührt an den Kern des Konflikts zwischen Israel und den Palästinensern. Beide Seiten leugnen das schlimmste Trauma der jeweils anderen Partei. Denn auch die Israelis bestreiten zumindest in ihrer überwiegenden Mehrheit, dass ein furchtbares historisches Ereignis nie stattgefunden habe: die Katastrophe von al-Nakba, als die Vereinten Nationen im Jahr 1947 beschlossen, dass die Hälfte des palästinensischen Landes einem anderen Volk, dem jüdischen, gehören sollte. Mit dieser Entscheidung nahm die palästinensische Tragödie ihren Anfang, mit ihr begannen Flucht und Vertreibung, fünfzig Jahre sorgfältig gepflegter Hass und nicht endende Verbitterung, vor allem in den Flüchtlingslagern. Im Jahr 1967 besetzten die Israelis dann, was von Palästina noch übrig war: die Westbank und den Gazastreifen. Bald fünfunddreißig Jahre Unterdrückung und Demütigung, ja vor allem Demütigung, waren die Folge.

Hört auf zu leugnen, möchte ich rufen, nein schreien. Hört auf, so zu tun, als müsse der andere nicht leiden. Legt die Hände auf die Wunden des anderen, um eure Zweifel zu besänftigen. Fühlt des anderen Schmerz, Kummer und Angst. Denn die Angst ist da, die Angst der Palästinenser angesichts der Übermacht, aber auch die Angst der Israelis. Eine tief in die Geschichte reichende Angst, die bis zur ersten Zerstörung des Tempels und der Gefangenschaft in Babylon hinabreicht, die nicht enden wollende Verfolgung, die im Holocaust erst kulminierte. Natürlich weiß jeder Israeli, dass sein Staat über die größte, am besten ausgerüstete Militärmacht im Nahen Osten verfügt und seine Existenz nicht ernsthaft gefährdet ist. Aber die Wahrnehmung ist eine andere. Die meisten Israelis akzeptieren die politische Propaganda, die ihnen erklären will, ein paar selbstgebastelte palästinensische Raketen seien „eine existentielle Bedrohung Israels“. Denn solche Schlagzeilen, so vulgär sie sein mögen, bestätigen viele stille Albträume.

Die Palästinenser andererseits wollen ein eindeutiges Geständnis der Israelis hören: Ja, euch ist Unrecht widerfahren. Das bedeutet nicht, dass die Israelis allein die Schuld für die palästinensische Katastrophe zu tragen hätten, denn diese hat bekanntermaßen viele Väter. Doch dass es diese Katastrophe überhaupt gibt, wollen die Palästinenser zuerst von den Israelis hören, von ihren intimen Feinden. Und wenn die Israelis sich zu einem solchen Geständnis bewegen ließen, müsste dies in der Gewissheit geschehen, dass damit kein Schuldzettel ausgeschrieben wäre, mit dem sich der israelische Staat dazu verpflichtete, von der Landkarte zu verschwinden. Beginnen müsste ein solcher Prozess damit, die schlimmste Katastrophe des anderen nicht mehr zu leugnen.

Cordelia Edvardson, 1929 in Berlin geboren, ist die Tochter Elisabeth Langgässers und überlebte die Konzentrationslager Theresienstadt und Auschwitz, in die sie als „Halbjüdin“ eingeliefert worden war. Nach dem Krieg zog sie nach Schweden. Ihr 1986 auf deutsch veröffentlichtes Buch „Gebranntes Kind sucht das Feuer“ wurde zum Welterfolg. Seit den sechziger Jahren lebt sie als Publizistin in Jerusalem. Aus dem Schwedischen von Peter Lindberg.

Gebranntes Kind sucht das Feuer
von Cordelia Edvardson

DTV, Mchn. (1998) / Taschenbuch

haGalil onLine 07-05-2001

 

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