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Am 5. Februar wurde in
Orlando / Florida, nur einige Minuten von den Universal Studios
entfernt, ein neuer Themenpark eröffnet, dessen Kosten sich auf 16
Millionen Dollar belaufen. Der Eintritt ist mit 17 Dollar pro Person
(Kinder 12 Dollar) vergleichsweise bescheiden. Die Kombination
dessen, was dort geboten wird, ist selbst für amerikanische
Verhältnisse ungewöhnlich:
Ein Film zeigt die großen Hits der Bibel. Die Bundeslade steht im
Mittelpunkt einer Bühnen- show. Besucher können eine Nachbildung des
Gartengrabes von Jesus besichtigen und die Stufen des Herodianischen
Tempels erklimmen. Auf einem Jerusalemer Straßenmarkt werden
kunsthandwerkliche Produkte angeboten. Zum Imbiß zwischendurch gibt
es „Camel Cooler" und „Goliath Burger" auf der geschichtsträchtigen
Via Dolorosa - der Straße, die Jesus zu seiner Hinrichtung ging -
eine Zeitreise von 1450 v.d.Z. bis 66 n.d.Z. von Moses bis zur
Zerstörung des zweiten Tempels.
Mitglieder der jüdischen
Gemeinde von Orlando sind skeptisch und gehen davon aus, daß das
eigentliche Motiv für diesen biblischen Themenpark die Missionierung
von Juden zum Christentum ist, denn der Initiator und Leiter ist ein
messianischer Jude, der sich selber als Jude definiert, jedoch an
Jesus als Messias glaubt, was einen grundlegenden Widerspruch zur
jüdischen Tradition darstellt. Hierin sind sich alle
Richtungen des jüdischen Mainstream einig.
„Wenn der Zweck dieses Holy-Land-Experience-Parks darin besteht, daß
sie ihre (christliche) Tradition feiern, dann begrüße ich das" sagt
Rabbiner Dan Wolpe, der Vorsitzende der Rabbinerkonferenz von
Greater Orlando, „wenn jedoch der Zweck darin besteht, Proselyten zu
machen, dann verurteile ich es".
Der Gründer des Parks Marvin Rosenthal, der in einer jüdischen
Familie in Philadelphia aufwuchs, als Teenager zum Christentum
konvertierte, eine Bibelschulausbildung bei den Baptisten machte und
mit 33 Jahren zum Baptistenprediger ordiniert wurde, besteht jedoch
darauf, daß es keine verborgenen Absichten gebe. Der biblische
Themenpark solle Leuten helfen, nicht nur über die großen Wahrheiten
der Bibel zu lesen, sondern diese durch alle Sinne wahrzunehmen und
zu begreifen: durch die Gestaltung der Umgebung, die Geräusche, die
Gerüche ... Er nennt es ein „lebendiges biblisches Museum".
Am Eingang stehen Männer als römischen Soldaten verkleidet mit
Rüstung und Helmen. Eine Frau in biblischen Outfit begrüßt die
Besucher mit „Schalom". Mehr als 100 Personen in biblischer Kleidung
sind Bestandteil der Tour. Der Park ist ein Verschnitt von jüdischen
Ritualen und christlicher Theologie und hält sich an die
Überzeugungen der „hebräischen Christen" wie sich „messianische
Juden" auch nennen. Und genau das stört die örtlichen Rabbiner.
„Wenn jemand Jesus als seinen Retter akzeptiert, dann ist er
Christ", stellt Rabbiner Wolfe fest, und „jede Beschäftigung mit dem
Judentum zeigt, daß diese Grundannahme nicht mit Aussagen jüdischer
Tradition kompatibel ist."
Am Andenkenstand werden siebenarmige Leuchter und andere jüdische
Ritualgegenstände verkauft. In einer Show, die die Zeit der
Wüstenwanderung zum Inhalt hat, tritt ein Schauspieler auf, der in
der Rolle des Aaron (Bruders von Moses) priesterliche Rituale
zelebriert, wie sie sich nach der Übergabe der Torah am Sinai
zugetragen haben sollen. Eine 20minütige Show kombiniert Laser- und
modernste Feuerwerkstechnik. Sie beginnt mit drei hebräischen
Gebeten die über Lautsprecher übertragen werden und zu denen auch
das vajahofta gehört, eines der wichtigen Gebete in der jüdischen
Liturgie. Am Ende stellt ein Erzähler fest, die Wüstenwanderung der
alten Israeliten sei ein Vorspiel zu einem größeren Verständnis
ihres Glaubens. Daran schließt sich eine Geburtsszene von Jesus an,
und Maria und Joseph tauchen auf der Leinwand auf.
Dieses Handlungsmuster wiederholt eine jahrhunderte alte Strategie
der Judenmission, mit der gezeigt werden soll, daß das Christentum
die logische Weiterentwicklung und Fortsetzung des Judentums ist.
Rosenthal hingegen möchte den Themenpark als Möglichkeit Menschen
aller Religionen und Nationalitäten zu erreichen ohne sie zu
missionieren, verstanden wissen. Er verweist darauf, daß es keine
Hinterzimmer gäbe, in die man die Menschen locken würde und daß auch
keine Literatur und Traktate verteilt würden. Dies betont er in
einem Interview mit der Zeitung Wichita Eagle vom 20. Januar 2001.
In der kirchlichen Presse wird er jedoch deutlicher. Der Zweck des
Holy-Land-Experience- Parks sei es, „die Botschaft der Gnade Gottes
über den sündigen Menschen weiterzugeben so wie sie sich darstellt
im Tod, im Begräbnis und der Auferstehung seines Sohnes" (Anglican
Media`s monthly Newspaper vom 16. Januar 2001) und - so fügt
Rosenthal hinzu: „Wir glauben, daß das Evangelium für jeden ist. Wir
versuchen das jüdische Volk in unseren Zeugendienst einzuschließen",
was zu einem „vollere(n) Verständnis des Glaubens in der Person
Jesu" führen möge.
Das jährliche Werbebudget liegt bei 350 000 Dollar und wird
hauptsächlich außerhalb der traditionellen christlichen Medien
eingesetzt. Der Themenpark wurde durch Spenden an die Organisation
Zion`s Hope (Hoffnung für Zion) finanziert, deren Vorsitzender
Rosenthal ist und den Beziehern der Zeitschrift „Zionsfire"
(Zionsfeuer) sowie durch Landverkäufe.
Die Gegend von Orlando wird jährlich von 42 Millionen Touristen
besucht. Dort befinden sich auch andere christliche Organisationen
des evangelikalen Spektrums wie Campus für Christus (Campus Crusade
for Christ) und die Wycliff Bibelübersetzer sowie mehrere
evangelikale Bibelschulen.
Marvin Rosenthals Fazit: „Wir sind kein Unterhaltungsunternehmen.
Wir sind kein Museum." Dieser Park ist „der Weitergabe der Wahrheit
des Wortes Gottes gewidmet. Das tun wir öffentlich und ohne
Entschuldigung".
Iris Noah
Für die den Hinweis auf
den Holy-Land-Experience-Park sowie die Übersetzung einer
niederländischen Quelle danke ich Mai Sarah
haGalil onLine
12-03-2001
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