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WIEN/BERLIN - rtr/taz - Ein
Jahr nach ihrer Regierungsbeteiligung gibt sich die österreichische
FPÖ alle Mühe, die in sie gesteckten negativen Erwartungen zu
erfüllen - mit Jörg Haider wie gewohnt vorneweg. Am Aschermittwoch
hatte Haider auf einer FPÖ-Veranstaltung über den Vorsitzenden der
Israelitischen Kultusgemeinde, Ariel Muzikant, gesagt, er verstehe
nicht, wie jemand, der Ariel heiße, so viel Dreck am Stecken haben
könne.
Die Äußerung hatte im In- und
Ausland viel Staub aufgewirbelt, und Muzikant hatte Klage gegen
Haider erhoben. In einem Interview mit der Illustrierten News,
das am Donnerstag erschien, legte Haider nach: Er empfinde es als
Auszeichnung, von jemandem wie Muzikant verklagt zu werden, der "die
personifizierte Unversöhnlichkeit ist und daher eigentlich im
Spektrum der demokratischen Kräfte relativ wenig Platz hat".
Muzikant sei Österreich bei den Verhandlungen über
Entschädigungszahlungen an NS-Opfer "in den Rücken gefallen". Der
Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde hatte eine zwischen
Österreich, den USA und Vertretern von NS-Opfern ausgehandelten
Vereinbarung zur Entschädigung von in der NS-Zeit enteigneten Juden
als nicht ausreichend abgelehnt. Im selben Interview kündigte Haider
die Gründung einer europaweiten Rechtspartei an, die vielleicht bei
den nächsten Europawahlen 2004 kandidieren werde.
Nachdem am Mittwoch
EU-Agrarkommissar Franz Fischler, Mitglied der konservativen ÖVP,
Haiders "Ariel"-Äußerung als "völlig unakzeptabel" kritisiert hatte,
bezeichnete die ÖVP-Generalsekretärin Maria Rauch-Kallat sie nur als
"insofern antisemitisch, als sie von sehr vielen Menschen als solche
empfunden wird". Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, dessen ÖVP
zusammen mit der FPÖ regiert, hat sich bislang nicht geäußert. Die
Tageszeitung Standard
schreibt dazu: "Bundeskanzler Wolfgang Schüssel sieht sich gerne als
Entdecker der Gelassenheit, er hat sie sozusagen zur politischen
Kategorie erhoben. (...) Allmählich muss sich der Regierungschef die
Frage vorlegen, wie weit er die Gelassenheit noch treiben will."
FPÖ-Generalsekretär Peter
Sichrovsky bezeichnete die Haider-Äußerung als "keinen guten
Scherz", jedoch sei auch er schon ungestraft von den Medien zum
"Hofjuden" bzw. zum "philosemitischen Lendenschurz" der FPÖ erklärt
worden.
ANT
taz Nr. 6398
vom 16.3.2001, Seite 10, 78 Zeilen TAZ-Bericht ANT
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haGalil onLine
16-03-2001
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