Der Fall des Dr. Ulsamer zeigt, dass ein genauer Blick sowohl
auf die Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft als auch auf
deren Protagonisten lohnt.
Noch haben die
Wirtschaftsprofiteure des Massenmordes an den Juden keinen Pfennig
der im Vergleich zu den Profiten der Unternehmen lächerlichen Summe
von 10 Milliarden Mark an die schwerst traumatisierten, leidenden
Opfer der deutschen Verbrechen gegen die Menschheit bezahlt. Im
Lande der Täter diskutiert man lieber über angebliche Verfehlungen
jüdischer Interessengruppen in den USA.
Diese sich aus
aggressiver Erinnerungsabwehr und antisemitischem Ressentiment
speisende, einen jüdischen Kronzeugen funktionalisierende Debatte
hat mit Fakten nichts, dafür aber mit der Ablenkung vom eigentlichen
Skandalon - der deutschen Entschädigungsverweigerung, alles zu tun.
Festzuhalten
bleibt: Ohne die materiellen Unterstützungen jüdischer
Überlebendenorganisationen in den USA hätten es beispielsweise
lettische Überlebende des Grauens sehr, sehr schwer gehabt; aus
Deutschland war 55 Jahre nichts zu erwarten gewesen, hier
finanzierte die Bundesrepublik, als Nachfolgerin des "Dritten
Reiches" lieber die Renten lettischer SS-Angehöriger.
Ohne die
engagierte Arbeit amerikanischer Rechtsanwälte und das Instrument
der Sammelklagen wäre die deutsche Seite niemals freiwillig - etwa
aus Einsicht in materielle Verpflichtung zur Kompensation oder
Verantwortung für das Elend der Überlebenden, an den
Verhandlungstisch gekommen.
Herr Gibowski,
Sprecher einer Initiative, die ihre Almosen noch nicht einmal
eingesammelt hat, arbeitet mit antisemitischen Bildern, wenn er den
Anwälten der Opfer bar aller Fakten Gewinnsucht unterstellt.
Was verdienen
eigentlich ehemalige BGH-Richter, die all die Jahre Gutachten für
die deutsche Wirtschaft erstellten, um die nur allzu berechtigten
Ansprüche ehemaliger Zwangsarbeiter juristisch abzuwehren? Sind die
Motive solch furchtbarer Juristen, die sich weigern, das Leiden der
Überlebenden anzuerkennen, nicht einfach schäbig?
Die kritische
Öffentlichkeit von Nichtregierungsorganisationen, aber vor allem
diejenige im Ausland sollte ein wachsames Auge auf die Gestaltung
eines "Zukunftsfonds" im Rahmen der Stiftungsinitiative haben,
dessen Ziel nicht darin bestehen darf, die deutsche Schuld an einem
historisch einzigartigen Verbrechen gegen die Menschheit zu
relativieren.
Jörg Rensmann
Ulsamer redet sich in's Abseits
haGalil onLine
14-02-2001
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