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Am Weizmann-Institut wird Spitzenforschung von Weltrang betrieben:
Hier ist man elitär und steht dazu

Im Weizmann-Institut wird Spitzenforschung von Weltrang betrieben. 
Aber anders als anderswo. Devise: «Gross oder gar nicht»

Von Kathrin Meier-Rust

«Wir haben
nobelpreiswürdige
Wissenschaftler»:
Institutswahrzeichen
Teilchenbeschleuniger


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Unterwegs

 

Warum es in Israel weltweit die höchste Dichte von Wissenschaftlern und Ingenieuren gebe? Die Antwort darauf kommt schnell und fällt immer ähnlich aus: «Die meisten von uns haben eben eine jüdische Mutter.» 

Dass jüdische Mütter ihre Kinder unermüdlich zum Lernen antreiben, am liebsten bis zum Professorentitel, mag ein liebgewordenes Klischee sein oder Sinnbild für die jahrtausendealte Lerntradition des Judentums ­ in Israel gilt es als schlichtes Faktum.

Warum aber hat dann dieses Israel mit all seinen Professoren noch nie einen wissenschaftlichen Nobelpreis bekommen, wo doch jüdische Namen in der Liste der Träger des Nobelpreises für Chemie, Physik und Medizin so zahlreich vertreten sind? «Ach, da streuen Sie Salz in eine offene Wunde», seufzt Israel Pecht, Professor für chemische Immunologie am Weizmann Institute of Science. Die Antwort auf diese zweite Frage fällt immer wieder anders aus. Mal zynisch: «Wir bekommen eben unsere Nobelpreise für den Frieden.» Mal trocken: «Wir haben schlicht keinen verdient.» Nostalgisch: «Wir haben durchaus nobelpreiswürdige Wissenschaftler.» Oder optimistisch: «Unser Tag wird kommen.»

Neben dem Weizmann-Institut wird heute an mindestens drei der sieben Universitäten des Landes (am Technion in Haifa, an der Universität Tel Aviv und an der Hebräischen Universität in Jerusalem) Spitzenforschung von Weltrang betrieben. Doch das Weizmann, 25 Kilometer südlich von Tel Aviv im kleinen Städtchen Rehovot gelegen, geniesst innerhalb dieser israelischen Forschungselite ein ganz besonderes Prestige. Das hat, abgesehen von den wissenschaftlichen Leistungen des Instituts, auch mit dem idealistischen Geist seiner Geschichte zu tun und mit der puren Schönheit des Ortes. Siebzig moderne Institutsgebäude sind über die Jahrzehnte rund um das bescheidene erste Laborgebäude des Gründers Chaim Weizmann entstanden, eingebettet in eine weiträumige blühende Parkanlage mit mächtigen Bäumen und schattigen alten Alleen. Der Garten, in welchen der Zionist Weizmann mit seiner Wissenschaft ganz Israel verwandeln wollte ­ hier ist er Wirklichkeit geworden.

Die Forschungspolitik des Instituts ist personenbezogen und ganz offen elitär ­ «Gross oder gar nicht» lautet die Devise. Der Ionenbeschleuniger aus den siebziger Jahren, die grösste Solarforschungsanlage Israels und ein 16 Millionen Dollar schweres Zentrum für Nanotechnologie zeugen schon rein baulich von dieser Politik.

Institutsgründer Chaim Weizmann (1874­1952), Wissenschaftler, Zionist, Gründervater des jüdischen Staates und dessen erster Präsident (von 1948 bis 1952), wuchs im russischen Pinsk auf. Er studierte in Deutschland Chemie, die Königswissenschaft einer Zeit, in der das Atom noch ganz den Chemikern gehörte. Es war seine Chemie (nämlich seine kriegswichtige Acetonherstellung in England im Ersten und die Produktion von synthetischem Gummi in den Vereinigten Staaten während des Zweiten Weltkrieges), die dem Zionisten die persönliche Bekanntschaft mit jenen grossen Politikern verschaffte ­ Balfour, Churchill, Roosevelt ­, welche dann im internationalen Ringen um den jüdischen Staat eine entscheidende Rolle spielen sollten. Und es war die Chemie, in der Weizmann die Hoffnung Palästinas sah. Denn er war zutiefst davon überzeugt, dass nur die Wissenschaft den jüdischen Einwanderern eine Existenzgrundlage und damit die Basis für wirtschaftlichen Aufschwung und staatliche Unabhängigkeit verschaffen konnte.

Weizmanns Vorbild dafür war Deutschland, dem es in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gelungen war, ohne Rohstoffe, aber mit einer gezielten Investition in Bildung und Forschung zu einer Nation von Weltrang aufzusteigen. Deutsch-jüdische Wissenschaftler hatten dabei eine hervorragende Rolle gespielt ­ sechs der zehn Nobelpreisträger der mächtigen Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft von 1911 bis 1933 waren Juden.

Als Weizmann 1934, ein Jahr nach Hitlers Machtergreifung, im Wüstensand von Rehovot ein erstes Labor erbaute, war es sein Traum, die grossen deutsch-jüdischen Wissenschaftler nach Palästina zu holen. Der Traum scheiterte sehr schnell ­ die meisten von ihnen emigrierten nach England und Amerika.

Ähnliches wiederholte sich in den fünfziger Jahren, als Palästina zum Staat Israel und das kleine Labor in Rehovot mit der massiven Finanzhilfe jüdischer Kreise in den Vereinigten Staaten 1949 zum Weizmann Institute of Science geworden war. Jüdisch-amerikanische Wissenschaftler unterstützten das Institut, kamen als Gastdozenten, sassen im Internationalen Verwaltungsrat ­ nur leben wollten sie in Israel nicht. «Für sie alle war Israel unzivilisierter, wilder Orient, und das ist eigentlich bis heute so geblieben», erzählt Israel Pecht. «Selbst beim Exodus der sowjetischen Juden nach 1989 sind die ganz grossen Namen der russischen Physik und Mathematik wieder in Amerika gelandet und nicht bei uns.»

Die ganz grossen Namen mögen fehlen ­ doch viele exzellente russische Wissenschaftler sind gekommen. Unter den 700.000 russisch-jüdischen Immigranten, die sich 1989 bis heute ins Land ergossen, befanden sich überdurchschnittlich viele Techniker, Ingenieure, Ärzte und Naturwissenschaftler, deren Beschäftigung bis heute ein erstrangiges Problem darstellt. Mathematiker und Physiker aber waren hoch willkommen: «Die Russen sind das Beste, was Israel passieren konnte. Die mathematischen Fakultäten unserer Universitäten sind nicht wiederzuerkennen», meint etwa Jacob Ziv, der Präsident der Israelischen Akademie der Wissenschaften, «und auf dem Weltindex der Zitationen hat sich Israel in diesen beiden Fächern seit 1992 sprunghaft verbessert.»

Das Weizmann-Institut hat heute gegen siebzig russische Wissenschaftler, auch hier konzentrieren sie sich in Mathematik und theoretischer Physik. «Ich könnte den ganzen Tag russisch sprechen», sagt Gregory Falkovich. Der kleine, rundliche und hellwache junge Physiker widmet sich der Berechenbarkeit von turbulenten Systemen, eine alte, seit Leonardo da Vincis berühmten Zeichnungen von Wasserstrudeln ungelöste Fragestellung der Physik. Er rechnet es dem Weizmann-Institut hoch an, dass man ihn mit seinem seltenen Spezialgebiet geholt habe, und er sieht darin ein Zeichen für wissenschaftliche Vitalität: Der kritische Punkt in der Geschichte eines wissenschaftlichen Instituts sei immer der Generationenwechsel, weil da die etablierten grossen Männer über ihren Schatten springen und erkennen müssten, dass ihr eigenes Gebiet nicht mehr das der Zukunft sei. «Genau das hat die Generation der grossen Kernphysiker am Weizmann getan.»

Warum sind russische Mathematiker und Physiker in Israel so gefragt? «Ich glaube, man braucht uns Russen hier in Israel, um der theoretischen Forschung eine neue Dimension zu geben», sinniert Falkovich. «Wir russischen Theoretiker haben Wissenschaft sehr früh betrieben, als Kinder sozusagen und mit einer kindlich-spielerischen Haltung, die sich dann in jenem abgeschiedenen Refugium, das für uns die Wissenschaft im Sowjetsystem darstellte, voll erhalten hat. Diesen Geist des Spiels versuche ich hier einzubringen, denn die Israelis sind unglaublich seriös und pragmatisch. Auch die Studenten: Nach drei Jahren in der Armee beginnen sie erst mit dem Studium und sind schon ernste Erwachsene.»

Nicht nur den Spieltrieb, auch den brillantesten Nachwuchs absorbiert die israelische Armee, wenn sie hochtalentierten jungen Leuten ein mit der Dienstpflicht verkoppeltes Studium anbietet, komplett mit anschliessendem Zweijahresvertrag in den Forschungslabors des Verteidigungsministeriums. «Danach gehen diese Leute als Spitzenkräfte in die High-Tech-Industrie und sind für die Wissenschaft verloren», erklärt der Biochemiker Israel Pecht.

Auch die Weizmann-Oase ist eben keine. «Wissenschaft braucht Ruhe und Stabilität. Wir aber verbringen dreissig bis vierzig Prozent unserer Zeit damit, Geld aufzutreiben für unsere Forschung, das heisst mit dem Schreiben von Bewerbungen für Grants. Dazu sind unsere Söhne im Militär, Saddam Hussein macht seine Faxen, und der Traum vom Frieden ist zerronnen», sagt Pecht. Wenn er das mit dem politisch und finanziell sorgenfreien Forscherdasein seiner Kollegen in Kalifornien oder Massachusetts vergleiche, packe ihn die Verzweiflung.

Dabei hat gerade das Weizmann-Institut auch in Sachen Geldbeschaffung Pionierarbeit geleistet. Sein Jahresbudget von 160 Millionen Dollar wird nur zur Hälfte vom Staat bestritten, fast einen Viertel müssen die Forscher via Forschungsaufträge und Grants selbst beschaffen, und 17 Prozent steuern Spenden bei: Nicht nur Institute und Gebäude, auch einzelne Flügel, Labors, ja selbst Atrium-Gärtchen und lauschige Gartenhaine tragen hier die Namen von Gönnern aus Chicago oder Montreal. Schon seit den fünfziger Jahren hat das Institut aber auch seine eigene profitorientierte Verwertungsgesellschaft ­ Patente und Lizenzen sowie die kommerzielle Weiterentwicklung von Forschungsergebnissen tragen mit zehn Prozent zum Institutsbudget bei. Bereits vor dreissig Jahren bildete sich auch, direkt neben dem Institutsgelände, ein Industriepark, auf dem inzwischen siebzig Unternehmen operieren.

Und schliesslich entstand mit Beteiligung des Instituts 1992 auch der erste von inzwischen 26 sogenannten Brutkästen (Incubators) für technologisches Unternehmertum, eine Art staatliche Support-Organisationen, mit denen die israelische Regierung russischen Einwanderern mit innovativen Ideen zur Firmengründung verhilft. Aus dem Weizmann-Inkubator sind bereits zwölf High-Tech-Unternehmen hervorgegangen.

Der Weizmann-Industriepark liegt zwar jenseits der Mauern des Weizmann-Areals. Doch die enge Verbindung vieler seiner Forscher zur kommerziellen Verwertung ihrer Ergebnisse ist offensichtlich ­ manche Visitenkarten zeigen ein Firmenlogo statt den ehrwürdigen Weizmann-Baum. Hat sich damit Chaim Weizmanns Vision von der Wissenschaft als Motor der Wirtschaft erfüllt? In gewisser Weise, ja. Nach dem Boom der High-Tech-Industrie scheint in Israel jener der Biotech-Industrie und der Medizintechnologie vor der Tür zu stehen.

Neben diesem Sog der anwendungsorientierten Forschung die Spitzenposition in der Grundlagenforschung zu halten wird die Herausforderung der Zukunft sein. Schon damit Israels Wissenschaft endlich zu einem Nobelpreis kommt. «Kreative Strömungen kann man nicht planen», meint der Physiker Uzy Smilansky. «Wir brauchen guten Kompost, und der hängt letztlich nicht vom Geld, sondern von Ideen ab.»

haGalil onLine 05-01-2001
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