In der "Awodah" (sozialdemokratische
Arbeitspartei) ist die Stimmung am Nullpunkt angelangt: "Nur ein
großes Wunder kann das Bild noch ändern!".
Baraks Team will im Endspurt des Wahlkampfes
versuchen, die Propaganda gegen Sharon auf Hochtouren zu bringen,
doch dass es ihnen gelingen könnte, das Blatt zu wenden, bezweifeln
sie selbst. Die Wahlsendungen im Fernsehen sind zum Ritual geworden.
Es bleibt nur die schwache Hoffnung, dass Barak in allerletzter
Minute seinen Platz an Schimon Peres abtritt. Selbst Baraks
Vertraute drängen ihn, seine Kandidatur für die MP-Wahl
zurückzuziehen und Peres zu überlassen.
Uri
Savir (haArez) empfielt der Awodah schon jetzt "eine Woche vor
der Niederlage", sich am Tag nach der Wahl hinter Peres stellen,
anstatt miteinander abzurechnen.
In den letzten Umfrageergebnissen zeichnet sich
zwar eine Verringerung des Scharon-Vorsprungs aus, die Anzahl
derjenigen die überhauptnicht wählen möchten oder einen weissen
Stimmzettel abgeben wollen ist noch immer enorm hoch.
Die Enttäuschung über Barak ist riesen gross
Gerade die "von Barak maßlos enttäuschten"
sollen nun doch noch mobilisiert werden. Der Hoffnungslosigkeit des
Friedenslagers und die Resignation der Säkularen sollen noch
überwunden werden. Für die Fortsetzung des Friedensprozesses beginnt
Freitagmittag vor dem Tel Aviv Museum eine Kundgebung, am Nachmittag
wird der homosexuelle und lesbische Stab für Ehud Barak auf der
Scheinkin-Strasse in Tel Aviv eine Parade unter dem Motto „Für Barak
mit Liebe“ abhalten. "Peace now“ lädt für Samstag abend zu einer
großen Demonstration für den Frieden und Barak in Jerusalem ein.
Der Oberste Gerichtshof wird in den nächsten
Tagen mit einer Besetzung von sieben Richtern darüber entscheiden,
wie die Abgabe eines weißen Zettels zu beurteilen ist.
Der Rat der Torahweisen (Jahaduth haTorah)
weigert sich noch immer eine Empfehlung für Scharon auszusprechen.
Man hofft noch immer auf Peres. Ohne Peres dürfte z.B. Bnej Brak mit
90% fast geschlossen für Sharon stimmen.
Unterdessen rückt Scharon von seinem
neukreierten "Scharon - Schalom" Image ab. Vor Siedlern erklärte er
am Mittwoch, dass er die Räumung der Stadt Jamit (im Sinai, im
Rahmen des Friedensvertrags mit Ägypten zu Zeiten Begins geräumt) am
liebsten rückgängig machen würde.
Der Rechtsaußen Lieberman, mit dem Scharon
bereits über die künftige Koalition nachdenkt, empfiehlt gar die
Bombardierung des ägyptischen Assuan-StaudammsSein Partner in
künftigen Koalitionsverhandlungen Laut einer von bestellten
Umfrage befürworten 48,4 % der Sharon-Anhänger Liebermans Äußerung
über die ... (MAA 6, Kamir).
Ebenfalls in haArez appelliert
Gideon Samet an die Leser, sich nicht - wie 1996 durch Netanyahu
- von Scharon einschüchtern zu lassen: "Glaubt ihm nicht!"
53% für Sharon, 26% für Barak, Unschlüssig sind
21%.
..(JED 1).
*
JED I:
Drei Schüsse: „Sharon, der führt, und Barak, der hinter ihm
herhinkt - wer immer gewählt wird, wird sich den Kopf an derselben
Mauer einrennen ... Er wird in den Koalitonswirbel hineingerissen
werden, der schon bald zu allgemeinen Wahlen führt. Er wird
schneller gestürzt werden, als er sich vorgestellt hat, weil die
israelische Demokratie am Ende ist ...“ (Yigal Serna)
MAA II:
Sharons Einheit: „Ob eine Einheitsregierung zustandekommt, wird
vor allem von Sharon selbst abhängen: Wenn er sich mit
Rechtsradikalen wie Ze’evi und Lieberman zusammentut, wird sich
seine moderate Wahlpropaganda als verlogen entpuppen ... Wenn er
jedoch tatsächlich einen gemeinsamen Nenner mit der Linken sucht,
wie er verspricht, wird die Führung der Arbeitspartei, Barak oder
seine Nachfolger, diesem Angebot nur schwerlich widerstehen können
...“ (Chemi Shalev)
* „Meimad“ beschloss, dass sie nicht für Barak
stimmen muss ... (JED 6, Karni, Chazut; MAA 11, Levin).
* In der Arbeitspartei bereitet man sich auf
den „Tag danach“ vor: Barak wird den Preis der Niederlage zahlen
müssen ... (MAA 5, Levin).
* Der Beauftragte für Öffentlichkeitsarbeit in
der palästinensischen Autonomie, Yasser Abed Rabbo, ruft die
israelischen Araber auf, für Barak zu stimmen ... (HAA 6, Uri Nir).
* Man befürchtet, dass bestimmte Kreise im
arabischen Sektor die Wähler mit Gewalt daran hindern werden, zu den
Wahlurnen zu geben ... Möglicherweise wird man an einigen Orten die
Wahl nicht abhalten können ... Polizei: „Wenn starke Ruhestörungen
zu befürchten stehen, werden wir uns nicht einmischen ...“ (MAA 7,
Ben-David, Ashkenasi, Gilat, Badran).
Umfragen:
*
MAA-Gallup-Umfrage:
Sharon: 52 % - Barak: 32 %; Sharon - 46 %, Peres - 46 % ... 77 % der
Befragten sind der Meinung, dass Sharon bei den Wahlen siegen wird
... (MAA 1, 5).
*
Städte-Umfragen:
In Rechovot sind 72,2 % der Befragten für Sharon, 24 % für Barak,
3,8 % für keinen von beiden ... Zum Vergleich: 199 stimmten 51,84 %
der Rechovoter für Barak und 48,16 % für Netanyahu ... In Mevasseret
Zion sind 53 % für Sharon und 40 % für Barak ... (JED 6, MAA 11).
Kommentare:
* S. Leitart. JED I, MAA u. II, HAA.
*
Mordechai Gilat (JED B 5): Man könne Barak eine Menge Vorwürfe
machen, doch für das Scheitern des Friedensprozesses könne man ihn
nicht verantwortlich machen. Peres sei aber völlig ungeeignet, ihn
abzulösen.
* Amos
Carmel (JED B 5) hält das Zustandekommen einer Regierung der
nationalen Einheit nach dem Wahlsieg Sharons für gar nicht
unwahrscheinlich. Einer der Gründe dafür seien vorgezogene
Knessetwahlen, die vielen Abgeordneten, darunter auch solchen von
der Arbeitspartei, gar nicht in den Kram passe.
* David
Vogel (MAA B 6): „Wenn wir keine Brechreizpille nehmen und für
Barak stimmen (Anspielung auf einen Artikel von Shulamith Aloni, in
dem sie dies vorschlug), werden wir entdecken, dass Sharon in einer
Regierung, in der Ze’evi („Ghandi“) und Lieberman den Ton angeben,
eine weiße Friedenstaube ist ...“
haGalil onLine
21-01-2001
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