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Reibach mit einem Modethema:
"Die Frauen der Nazis"

Andrea Übelhack

Zur Geschichte des Nationalsozialismus sind mittlerweile weit über 100.000 Bücher geschrieben worden, die Neuerscheinungen eines Jahres lassen sich kaum mehr überblicken. Trotzdem gibt es natürlich Tendenzen und neue Ansätze in der Forschung zur NS-Zeit. So ist vor allem die Geschichte von Frauen im Nationalsozialismus erst in den letzten Jahren in den Mittelpunkt der Forschung gerückt.

Vor allem Historikerinnen führen seitdem eine erbitterte Auseinandersetzung über die Rolle von Frauen als Täterinnen, Mittäterinnen oder Opfer des Dritten Reiches. Der Kern dabei ist mehr als nur schlichte Alltagsfragen: Wie lebten die Frauen im Dritten Reich? Kann man Frauen aufgrund dessen, dass sie keine hohen politischen Ämter bekleideten, als Objekte der Geschichte sehen? Die Forschung tendiert dazu, sie vielmehr als Mittäterinnen zu klassifizieren, in dem Sinne, dass tolerieren, schweigen, den Ehemann tatkräftig unterstützen als Mittäterschaft definiert wird.

Literatur zu Frauen im Nationalsozialismus hat entsprechend Hochkonjunktur. So auch "Die Frauen der Nazis" von Anna Maria Sigmund, im Heyne Verlag als Taschenbuch erschienen. Sogar die "Bild" druckte Auszüge.

Die Autorin stellt in ihrem Buch die Lebensgeschichten von acht Frauen hochrangiger Nationalsozialisten dar: Carin Göring, Emmy Göring, Magda Goebbels, Leni Riefenstahl, Gertrud Scholtz-Klink, Geli Raubal, Eva Braun und Henriette von Schirach.

Die Ausführungen sind jedoch nur pseudowissenschaftliche Biographien. Einer wissenschaftlichen Überprüfung hält das Buch nicht stand. Sigmund hat sich rege der bereits reichlich vorhandenen Literatur bedient und diese lediglich in ein Buch zusammengefaßt. Herausgekommen ist zwar eine interessante Sammlung der Lebenswege berühmter Nazifrauen, die aber weder Neues bietet, noch in kritischer Weise an die Personen herantritt.

Alle Frauen finden sich schon 1983 in dem Buch Henriette von Schirachs "Frauen um Hitler". Emmy Göring, Henriette von Schirach, Gertrud Scholtz-Klink und Leni Riefenstahl veröffentlichten bereits nach dem Krieg ihre Memoiren. Bei den Abschnitten über die beiden Ehefrauen Görings hat sich die Autorin detailgetreu bei der Göring-Biographie von David Irving bedient.

Obwohl Anna Maria Sigmund Historikerin und Mitglied des Österreichischen Instituts für Geschichtsforschung ist, leidet ihr Buch vor allem an der Unkenntnis der wichtigsten Grundregeln der Geschichtsforschung. Quellenkritik scheint ihr kein Begriff zu sein, denn die Autobiographien der Nazifrauen behandelt sie komplett unkritisch. Schade, denn sie hätte sicherlich zu einer tiefgründigeren Darstellungen kommen können.

So bleibt Sigmund jedoch der Rolle der Nazifrauen gegenüber sehr unkritisch und ignoriert damit sämtliche Forschungstendenzen der letzten Jahre. Die Autorin nährt fleißig die Legende der unpolitischen Ehefrau und Geliebten. Frauen werden nicht als eigenständig Handelnde, sondern als Objekte oder höchstens noch Nutznießerinnen dargestellt. Diese Tendenz gipfelt in der Darstellung Eva Brauns und Geli Raubalds als Abhängige, Hörige und damit sogar Opfer. Eine Ausnahme bildet nur Carin Göring, die als Fanatikerinnen aus der Reihe fällt.

Die Grundfrage der Forschung zu Frauen im Nationalsozialismus, an welcher Stelle aus Mitwisserinnen Komplizinnen und/oder aktiven Mittäterinnen wurden, wird nicht berührt. Das erstaunt gerade bei Leni Riefenstahl. Die Autorin verzichtet nicht nur darauf, auf Riefenstahls enorme Leistung hinzuweisen, sich in einer männlich dominierten Welt durchzusetzen, sie verliert auch kein Wort über die bis heute andauernde ambivalente Diskussion um Riefenstahl und ihre Filme.

Was bleibt ist die oberflächliche und unkritische Darstellung von Lebensläufen, der Blick ins Innere dieser Frauen, auf ihren Einfluß auf die berühmten Ehemänner bleibt dem Leser vorenthalten. Anna Maria Sigmund hat also eine nette Zusammenfassung geschrieben, sie hat bereits vorhandenes Material eines Modethemas zu einem Bestseller verbraten.

Anna Maria Sigmund, Die Frauen der Nazis
Heyne Verlag, München 2000
ISBN: 3453172620
DM 16,90

haGalil onLine 05-01-2001


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