
Intifada für einen echten Frieden
DIE SIEDLUNGEN STEHEN IM ZENTRUM DER
AUSEINANDERSETZUNG
Von ALAIN GRESH
Die neue Intifada dauert
nunmehr zehn Wochen, ohne dass ein Ende in Sicht wäre. Sie drückt
die Entschlossenheit der Palästinenser aus, den Siedlungen und der
Okkupation unwiderruflich ein Ende zu setzen. Die Osloer Abkommen
sahen für den Gasastreifen und das Westjordanland eine
Übergangsperiode von fünf Jahren vor, die am 4. Mai 1999 enden
sollte. Dieser Termin ist längst verstrichen. Was heute ansteht, ist
also die endgültige Beilegung des israelisch-palästinensischen
Konfliktes, was heißt: die zukünftige Koexistenz zweier souveräner
Staaten: Israel und Palästina.
Die Spielregeln der
Verhandlungen allerdings sind einseitig verzerrt: Israel weigert
sich, die Resolution 242 des UN-Sicherheitsrates anzuerkennen, die
den Rückzug aus allen besetzten Gebieten vorsieht. Und die USA, die
sich noch nie an ihre Rolle eines "unparteiischen Vermittlers"
gehalten haben, raten den Palästinensern, die israelischen
Vorschläge anzunehmen. Was man braucht, ist ein neuer (auf dem
Völkerrecht und den Resolutionen des Sicherheitsrates basierender)
rechtlicher Rahmen, einen, der eine Erweiterung der
Verhandlungspartner vorsieht: neben den USA sollte die UNO, die
Europäische Union oder auch Russland künftig mitwirken. Nur auf
dieser Grundlage ist ein wirklicher Friede möglich.
Die Entwicklung war
abzusehen. Bereits am 15. Mai 2000, dem Tag des Gedenkens an die
Katastrophe (an-Nachba), die das palästinensische Volk
1948-1949 erlebte, hatten sich tausende Palästinenser zur Belagerung
von Netsarim im Gasastreifen und ebenso von Negohot, Beit El und
Pesagot im Westjordanland eingefunden. Diese jüdischen Siedlungen,
mitten im palästinensischen Territorium, stehen für das, was die
Palästinenser zur Verzweiflung bringt: jeden Tag verzehren diese
Siedlungen ein weiteres Stück ihres Landes. Und ihr "Schutz"
erfordert dann tausende israelischer Soldaten, unzählige
"Kontrollpunkte", an denen die Palästinenser jede Art von
Erniedrigung erfahren, den Bau von "Umgehungsstraßen", die für die
Siedler reserviert sind. Allein die Existenz solcher Siedlungen
macht die Idee von einem unabhängigen und lebensfähigen Staat
Palästina zur Illusion.
Wie alle seine Vorgänger
hatte der israelische Ministerpräsident Barak zur selben Zeit, da er
sich zum Abschluss eines dauerhaften Friedensabkommens mit den
Palästinensern bereit erklärte, den Bau neuer Wohneinheiten
genehmigt: Im Haushaltsplan für 2001 sind 500 Millionen Dollar für
die Siedlungen vorgesehen. Noch Mitte Mai 2000 versprach das
Wohnungsbauministerium allen Israelis, die sich in der Siedlung
Ariel niederlassen wollten, Sondervergünstigungen. Eine
Werbebroschüre pries das "interessante Angebot" mit den Worten: "Mit
einer Anzahlung von nur 4 600 Dollar können Sie Ihre Wohnung
beziehen, die monatliche Kreditrückzahlung beträgt nur 390
Dollar."(1)
Da diese Siedlungen allesamt
in Gebieten liegen, die unter palästinensische Verwaltung fallen,
werden sie im Rahmen der neuen Intifada zu kompakten, besonders
unerbittlich umkämpften Konfliktzonen. Denn die wichtigste Botschaft
der Aufständischen lautet eindeutig: Israel muss sich entscheiden
zwischen dem Frieden und den Siedlungen. Und nach den Statuten des
Internationalen Strafgerichtshofs, die im Juli 1998 in Rom
beschlossen wurden, stellt diese Siedlungstätigkeit ein
"Kriegsverbrechen" dar. So gesehen kann die Erhebung der
Palästinenser bereits einen ersten Erfolg verzeichnen: Sie erschwert
den Alltag der Siedler und treibt die Kosten für ihren Schutz in die
Höhe. Ein Siedler aus Netser Hasani im Gasastreifen klagt: "Die
Schüsse treffen nicht, aber auf die Dauer machen sie die Leute hier
fertig. Jedes Mal, wenn ein Schuß fällt, wird die gesamte Siedlung
verrückt. Die Schüsse schrecken die Wachmannschaft auf, sie
schrecken die Einwohner auf, die ganze Gegend. Ganz zu schweigen von
den Frauen und Kindern - das ist das Allerschlimmste."(2)
Beginnt sich auf israelischer
Seite nicht das Gewissen zu regen? Will man tatsächlich für Netsarim
sterben? Der Schriftsteller David Grossman, und mit ihm die Bewegung
"Frieden jetzt", fordert die Auflösung der Siedlungen.(3 )Ähnlich
sieht es Jossi Sarid, Abgeordneter der linken Merets-Partei in der
Knesset: "Dass die Siedlungen derzeit im Zentrum des Konflikts
stehen, bedeutet vor allem eine Gefährdung ihrer Bewohner, aber auch
der Soldaten. Diese Kolonien müssten sofort aufgelöst werden."(4)
Die neue Intifada markiert
eindeutig den Schlusspunkt der Verhandlungen der letzten zehn Jahre.
Wie der palästinensische Essayist Ghassan Chattib feststellt, hatte
sich die PLO, nicht zuletzt unter dem Druck der USA, damit
abgefunden, dass sie "ihre Ziele am besten erreichen konnte, indem
sie auf jede Gewalt verzichtete und sich ganz darauf verlegte, jene
Forderungen einzuklagen, die durch das internationale Recht gedeckt
waren, vor allem durch jene einzige Resolution des
UN-Sicherheitsrats, die sowohl von Israel wie den USA anerkannt
wird: die Resolution 242" .Doch diese palästinensischen Konzessionen
und auch die Erfüllung sämtlicher israelischer Forderungen in Fragen
der Sicherheit (tatsächlich gab es von September 1997 bis September
2000 keine Terroranschläge) hielten Israel nicht davon ab, weiterhin
palästinensischen Boden zu beschlagnahmen. Um dann beim
Camp-David-Gipfel im Juli 2000 zu erklären, "dass im abschließenden
Vertrag alle Siedlungen als Teil Israels weiterbestehen müssten und
dass Israel in Jerusalem kein erobertes Gebiet aufgeben wolle"(5).
Solche inakzeptablen Positionen(6) (siehe die Karte auf Seite 15),
aber auch der Sieg der südlibanesischen Hisbollah in ihrem
bewaffneten Kampf waren die Faktoren, die den neuen
palästinensischen Volksaufstand ausgelöst haben. Mit welchem Ziel?
Die Intifada soll die Spielregeln neu festlegen, um einen gerechten
Frieden zu ermöglichen, der auf der Koexistenz zweier Staaten
basiert.
Genau wie die erste Intifada,
die 1987 begann (und bis 1993 andauerte), ist auch diese Revolte
spontan und von unten entstanden. Eine solche Bewegung kann niemand
anordnen. Auf ihren ganz eigenständigen Charakter hat der Journalist
Graham Usher hingewiesen.(7 )Angeführt wird sie im Wesentlichen von
der Fatah, der Organisation Jassir Arafats, die aber im Rahmen der
Palästinensischen Autonomiebehörde etwas an den Rand gedrängt wurde,
und von einer Schicht mittlerer Kader, die von der ersten Intifada
hervorgebracht wurden. Alle nationalen und islamistischen
Organisationen, einschließlich der Hamas und des islamischen
Dschihad, haben sich - erstmals seit 1987 - einer gemeinsamen
Führungsstruktur untergeordnet und akzeptieren die Fatah als die
führende Kraft. Das Neuartige an dieser Bewegung ist, dass sie sich
als Organisation auf die Anwendung von Gewalt - auch Waffengewalt -
gegen die Vertreter Israels, die Siedler wie die Soldaten, in den
besetzten Gebieten verständigt hat. Welche Rolle Jassir Arafat dabei
spielt, ist nicht genau auszumachen. Die seit 1994 bestehende
Palästinensische Autonomiebehörde hat zweifellos durch ihre
Korruptionsskandale wie durch ihre Verhandlungsführung mit Israel an
Glaubwürdigkeit verloren. Indirekt richten sich die Proteste auch
gegen dieses Regime. Zugleich verkörpert Arafat, seit er sich auf
palästinensischem Territorium befindet (bis 1987 war er im
tunesischen Exil) eindeutig den nationalen Befreiungskampf. Und er
hat es auch diesmal verstanden, sich an den Hoffnungen seines Volkes
zu orientieren.
Wie auch immer - die Intifada
und die palästinensische Führung verfolgen dieselben politischen
Ziele: die Rückgabe der im Juni 1967 besetzten Gebiete,
einschließlich Ostjerusalems. Keinen Quadratmeter mehr, keinen
weniger.(8 )Die Palästinenser gehen davon aus, dass sie mit der
Aufgabe von 78 Prozent des historischen Palästina das Ihre zu einem
"historischen Kompromiss" beigetragen haben; weitere Gebietsanteile
wollen sie sich nicht mehr abnehmen lassen. Ihre Forderung lautet:
Beachtung des internationalen Rechts, namentlich der Resolution 242
des UN-Sicherheitsrats vom 22. November 1967, Anerkennung des Rechts
auf Rückkehr der palästinensischen Flüchtlinge - und die
Wiederaufnahme von Verhandlungen auf neuer Grundlage. Marwan
Barghuti, ein Führer der gegenwärtigen Volkserhebung, hat dazu
erläutert, man müsse das amerikanische Monopol auf den
Verhandlungsvorsitz beenden und "eine semiinternationale Konferenz"
einberufen, natürlich unter Schirmherrschaft der Vereinten Nationen
und mit Beteiligung auch von Syrien und Libanon, neben den
Großmächten, Israel und Palästina.(9)
Den israelischen Forderungen,
die Gewalt zu beenden, haben sämtliche palästinensischen
Organisationen und alle Aktivisten des Aufstands immer wieder
einmütig entgegengehalten, dass es keine Rückkehr zur Situation vor
dem 28. September 2000, dem Beginn der Auseinandersetzungen, geben
könne. Denn diese Bedingungen hätten ja gerade zu der aktuellen
Eskalation geführt. Dabei halten die Palästinenser noch einen
entscheidenden Trumpf in der Hand: die Mobilisierung der
öffentlichen Meinung in der arabischen und muslimischen Welt, die
neuerdings durch unabhängige arabische Satellitensender (wie die
Fernsehstation Al-Dschasira in Katar) besonderes Gewicht erhält,
weil nun erstmals Direktübertragungen von der Intifada und den
israelischen Repressionsmaßnahmen gesendet werden. Während der
ersten Intifada wie auch während des Golfkriegs war die vom
US-Nachrichtensender CNN geprägte westliche Sicht der Konflikte im
Nahen Osten bestimmend, jetzt gibt es "arabische Bilder", die den
Blick der Fernsehzuschauer in den Bann ziehen, in palästinensischen
Flüchtlingslagern wie in den Altstadtgassen von Kairo oder
Casablanca.
Eine Minute vor dem nächsten
Krieg
Von Amman bis Marrakesch, von
Tunis bis Kuwait haben Großdemonstrationen stattgefunden und die
mehr oder weniger bereitwilligen Regime gedrängt, sich stärker mit
den Palästinensern zu solidarisieren. Beim arabischen Gipfel in
Kairo (21./22. Oktober), an dem erstmals seit zehn Jahren auch
wieder Vertreter des Regimes in Bagdad teilnahmen, und beim
Gipfeltreffen der Organisation der Islamischen Konferenz (OIC) im
katarischen Doha (12./13. November) wurden erhebliche Finanzhilfen
für die Palästinenser und die Autonomiebehörde bewilligt und es
wurde beschlossen, die Normalisierung der Beziehungen zu Israel
einzufrieren. Marokko, Tunesien und Oman verfügten die Schließung
der israelischen Vertretungen, und auch Katar, das einem solchen
Schritt besonders abgeneigt war, fügte sich, nachdem Saudi-Arabien
mit dem Boykott des OIC-Gipfels gedroht hatte. Am 21. November gab
Ägypten die Abberufung seines Botschafters in Israel bekannt, und
der diplomatische Vertreter Jordaniens kehrte nicht von Amman nach
Tel Aviv zurück. Schon seit Beginn der Krise hatte der saudische
Kronprinz Abdallah deutliche Worte gesprochen, beim OIC-Gipfel
ermahnte er alle arabischen Staaten, die weiterhin Beziehungen zu
Israel unterhalten: "Wir erwarten von ihnen, dass sie ihre
Beziehungen zu Israel auf ein Minimum reduzieren oder völlig
einfrieren. Jede Verhandlung mit Israel muss an reale Fortschritte
im Friedensprozess geknüpft werden, nicht nur in Bezug auf die
Palästinafrage, sondern auch in den anderen Bereichen." Zudem drohte
Abdallah in Richtung Washington, man werde "die diplomatischen
Beziehungen zu jedem Staat abbrechen, der seine Botschaft in das
besetzte Jerusalem verlegt". Das galt dem amerikanischen Kongress,
der in seinen Resolutionen diesen Schritt wiederholt empfohlen
hat.(10)
Die aktuelle Krise bewirkt im
Übrigen eine beschleunigte Wiederannäherung zwischen dem Irak und
der arabischen Welt. Direktflüge zwischen Bagdad und den
Hauptstädten des Nahen Ostens und des Maghreb sind zunehmend
selbstverständlich geworden, Kairo und Bagdad haben die seit zwölf
Jahren unterbrochenen diplomatischen Beziehungen wieder aufgenommen.
Beim OIC-Gipfel gab es sogar ein kleines Zeichen der Entspannung
zwischen dem Irak und Kuwait. Der Absatz in der Schlusserklärung,
der sich mit den Streitigkeiten zwischen den beiden Ländern befasst,
trug nicht mehr den bislang üblichen Titel "Folgen der irakischen
Aggression gegen Kuwait", sondern hieß nun: "Die Situation zwischen
Irak und Kuwait". Und der Emir von Katar, der für die nächsten drei
Jahre den OIC-Vorsitz wahrnimmt, wurde offiziell mit einer
Vermittlungsmission zwischen den beiden Ländern beauftragt. Die
Schlussresolution verurteilte außerdem die "unrechtmäßigen
Maßnahmen, die unter Missachtung der Resolutionen der Vereinten
Nationen gegen den Irak getroffen werden" - eine deutliche
Bezugnahme auf die amerikanisch-britischen Luftangriffe.
Und Bagdad hat sich wieder
einmal zum Bannerträger der Solidarität mit den Palästinensern
aufgeschwungen. Der stellvertretende irakische Ministerpräsident
Tarik Asis erklärt: "Ein übergreifender Konflikt im Nahen Osten ist
möglich. Die Auseinandersetzung wird sich gewiss nicht auf
Jerusalem, den Gasastreifen und das Westjordanland beschränken. Der
Irak kann nicht teilnahmslos zusehen, wie Israel die Araber
angreift, und er wird in den kommenden Entwicklungen seine Rolle
spielen. Man darf nicht vergessen, dass der Irak sich im Zentrum des
israelisch-arabischen Konflikts befindet."(11)
Die Strategie der USA im
Nahen Osten und am Golf gilt seit dem Frühjahr 1991, also seit der
eklatanten Niederlage Bagdads gegen die Alliierten, und basiert auf
zwei Pfeilern: Lösung des israelisch-arabischen Konflikts und
Isolierung der so genannten Schurkenstaaten, namentlich des Irak und
des Iran. Inzwischen ist dieses Gebäude erheblich ins Wanken
geraten. Das durch das Boulevardtheater in Florida paralysierte
Weiße Haus muss zusehen, wie die antiirakische Front abbröckelt und
erneut eine arabische Einheitsfront entsteht, die zwar noch wenig
gefestigt ist, aber Bagdad einschließt.
Der Antiamerikanismus, in der
Region seit langem verankert, nimmt weiter zu. Das State Department
warnt die US-Bürger immer wieder vor den Gefahren bei Reisen in die
Region. Wie verwundbar die amerikanische Militärstreitmacht vor Ort
ist, hat der tödliche Anschlag auf den Zerstörer "Cole" am 12.
Oktober in Aden gezeigt. Der Prozess der Integration Israels in die
Region ist nicht nur zum Stillstand gekommen, sondern hat einen
Rückschlag erlitten, der ihn auf den Stand von 1994 (das Jahr des
jordanisch-israelischen Friedensvertrags) zurückwirft, wobei das
Misstrauen zugenommen hat. Und die US-amerikanischen Bemühungen, die
Golfstaaten in eine regionale Verteidigungsinitiative in Form eines
groß angelegten Raketenfrühwarnsystems einzubinden, haben kaum
Fortschritte gemacht.(12 )Dem Nachfolger von Präsident Clinton wird
die schwierige Aufgabe zufallen, die US-Politik in einer Region neu
zu bestimmen, in der es wieder einmal nach Krieg riecht.
Wie wird es weitergehen im
Nahen Osten? In Israel wie in den USA sehen manche
Regierungsvertreter die Gefahr einer Ausweitung des Konflikts auf
den Libanon und Syrien oder einer Destabilisierung der gegenwärtigen
Regimes, vor allem in Jordanien. Israels brutale
Repressionsmaßnahmen, zu denen amnesty international Anfang Oktober
erklärte, dass sie "ein Kriegsverbrechen darstellen könnten", waren
lange vorausgeplant. "Wir haben uns seit zwei Jahren auf Kämpfe
dieser Art vorbereitet", sagte General Schaul Mofas, der Chef des
israelischen Generalstabs, am 14. November.
Aber auch die Mehrheit der
israelischen Militärexperten geht davon aus, dass dies keine Lösung
des Konflikts bedeutet. Sollte Israel seine Reservisten zu den
Waffen rufen, wird der Unmut in der Bevölkerung zunehmen. In der
Öffentlichkeit werden, nach einigen Wochen entsetzten Schweigens,
auch wieder die Stimmen derjenigen laut, die vor allem ein Ende der
Siedlungspolitik fordern. Die wirtschaftliche Erdrosselung der
palästinensischen Gebiete, der Einsatz von Panzern und
Kampfhubschraubern, die Terroranschläge innerhalb Israels - all das
wird zwangsläufig den Graben zwischen den beiden Völkern vertiefen.
Und dabei gibt es, wie Umfragen Mitte November gezeigt haben, trotz
alledem in beiden Lagern noch immer eine Mehrheit, die den Frieden
will.(13)
In einem offenen Brief an
Ministerpräsident Barak, mit dem Titel "Eine Minute vor dem nächsten
Krieg", schreibt Schaul Mischal, Professor für Politikwissenschaft
an der Universität Tel Aviv: "Wenn sich der Rauch des nächsten
israelisch-palästinensischen oder israelisch-arabischen Krieges
verzogen haben wird, werden wir gewiss wieder gesiegt haben. Und
Sie, Herr Ministerpräsident, werden vom Schlachtfeld zurückkehren,
um brillante Reden an frischen Gräbern zu halten. Vielleicht werden
Sie sogar viele Menschen überzeugen können, dass kein Krieg, den die
Juden geführt haben, so gerechtfertigt war wie dieser. Aber es wird
ein Krieg sein, in dem wir alle Schlachten gewinnen, nur um uns am
alten Ausgangspunkt wiederzufinden. Wer wüsste besser als Sie, dass
wir nach dem Ende der letzten Schlacht wieder an den
Verhandlungstisch zurückkehren müssen, dass wir dort mit den
Vertretern der Palästinenser, der arabischen Staaten, mit den
Europäern und Amerikanern und vielleicht unter Beteiligung
internationaler Organisationen über die gleichen schmerzhaften
Probleme diskutieren müssen: über Territorialfragen, über Jerusalem,
über das Recht auf Rückkehr der Flüchtlinge."
dt. Edgar Peinelt
Fußnoten:
(1) Report on Israeli Settlement in the occupied territories,
Washington, September/Oktober 2000.
(2) Daniel Ben Simon, "Road to hell", Haaretz, 17. November
2000.
(3) Die Erklärung ist auf Französisch nachzulesen in Libération
vom 8. November 2000.
(4) Zitiert nach International Herald Tribune vom 15.
November 2000.
(5) Palestine Report, Jerusalem, 15. November 2000.
(6) Siehe den Insiderbericht von Akram Haniyyé, "Was in Camp David
wirklich geschah", Revue détudes palestiniennes, Nr. 25,
Paris, Herbst 2000.
(7) Siehe Graham Usher, "The Intifada this Time", Al Ahram Weekly,
Kairo, 2.-8. November 2000.
(8) Dennoch waren die palästinensischen Verhandlungsführer in Camp
David bereit, über einen Gebietsaustausch nachzudenken. Wenn Israel
die angrenzenden Gebiete annektieren will, in denen sich die meisten
Siedlungen befinden, dann sollte es entsprechende Gebietsanteile an
Palästina abtreten.
(9) Interview mit der Tageszeitung As-Saman (London), 27.
Oktober 2000, zit. n. Summary of World Broadcasts (SWB), BBC
(London), 30. Oktober 2000.
(10) Summary of World Broadcasts (SWB), BBC (London), 14.
November 2000.
(11) Interview mit der Tageszeitung As-Safir (Beirut),
20. November 2000, zit. n. Mideast Mirror (London),
20. November 2000.
(12) Siehe Geoffrey Aronson, "Auf dem Weg zu einem bewaffneten
Frieden", Le Monde diplomatique, Juli 2000.
(13) Zur Stimmung in der israelischen Bevölkerung siehe Maariv
(Tel Aviv) vom 17. November 2000; zur palästinensischen Volksmeinung
siehe die Internetseiten der Bir-Zeit-Universität:
www.birzeit.edu/dsp/surv2/index.html.
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