Konzept contra
Betroffenheit:
Streit um das Jüdische Museum Fürth
Das Jüdische Museum Fürth wird
derzeit von einem Streit über die Inhalte der Ausstellung
erschüttert. Museumsleiter Bernhard Purin muß seine Konzeption
gegenüber Überlebenden des Holocausts verteidigen, die ihn aufgrund
der Darstellung des Holocausts im Museum massiv angehen.
Hauptakteure sind Gisela Blume und Barbara Ohm, die beide kürzlich
aus dem Vorstand des Fördervereins des Museums abgewählt wurden.
Beide haben sich zum Sprachrohr der Überlebenden der einst blühenden
jüdischen Gemeinde Fürth gemacht.
Die Kritik richtet sich gegen die
Darstellung des Holocausts im Museum. Bernhard Purin entschied sich
für eine dezente Art der Präsentation, keine Betroffenheitsschiene,
kein Holocaustmuseum. Das relativ kleine Museum möchte schließlich
auch lebendiges Jüdische präsentieren.
Blume und Ohm kritisieren jedoch genau
das. Die Ausstellung zeige nicht die Toten, die Ermordeten, zeige
nicht, was die jüdischen Vorfahren alles für diese Stadt getan
haben. Sie stellten Purin daher Videoaufzeichnungen mit Interviews
von Überlebenden zur Verfügung, die im Museum gezeigt werden
sollten. Purin lehnte das jedoch ab, da die Gespräche ohne jede
wissenschaftliche Konzeption geführt wurden.
Frau Blume schreckte schließlich auch nicht davor zurück, die
Abmahnung des Museumsleiters zu fordern. Nachdem vor einigen Wochen
ein Hakenkreuz im Gästebuch des Museums aufgetaucht war, entschied
sich Purin dafür, es als Zeitzeugnis einzustufen und daher nicht zu
entfernen. Frau Blume verlangte daraufhin den Rücktritt Purins,
Juden, denen sie davon erzählt habe, waren entsetzt und wären in
Tränen ausgebrochen.
Der Förderverein konnte diese Aktion
von Frau Blume jedoch ebenfalls nicht gutheißen. Denn schließlich
genieße der Museumsleiter in der Fachwelt überall hohe Anerkennung.
Tatsächlich wäre das doch ein sehr
merkwürdiges Vorgehen mit dem Hakenkreuz im Gästebuch. Einfach
verschwinden lassen? Einfach weiter erinnern, mahnen, ohne Reaktion
auf die Gegenwart? Ist es das, was Frau Blume und ihre Bekannten
möchten? Dadurch ändert sich doch aber nichts an der Tatsache, dass
es auch heute in Deutschland Menschen gibt, die Hakenkreuz
schmieren.
Bernhard Purin genießt nicht zu
Unrecht einen ausgezeichneten Ruf in der Fachwelt. Man kann heute
kein Museum mehr gestalten wie noch vor 10 Jahren. Ein Museum muß
junge Menschen ansprechen und dazu braucht es eine gute und moderne
Konzeption, die stringent durchgehalten wird. Und das ist wichtiger,
als dass einige Leute ihre Betroffenheit ausleben können.
aue / haGalil onLine 11-12-2000 |