Barak gibt überraschend den Weg frei:
Knesset stimmt für vorgezogene Neuwahlen
Der Weg für vorgezogene
Neuwahlen ist frei. Die Knesset stimmte gestern über fünf
entsprechende Anträge ab, die schließlich mit einer Mehrheit von 66
zu 23 Stimmen, bei 13 Enthaltungen, angenommen wurden.
Premierminister Ehud Barak hatte in der Debatte überraschend sein
Einverständnis mit Neuwahlen erklärt.
Das Datum für die Neuwahlen ist jedoch noch nicht festgesetzt, in Frage kommen
aber der 1. Mai und der 8. Mai 2001. Barak wird sich darüber in den nächsten
Tagen mit der Likud-Fraktion verständigen müssen, wie es in Israel üblich ist.
In seiner Rede vor der Knesset betonte Barak, dass das Volk sicherlich keine
Neuwahlen wünsche. Er sei jedoch nicht blind und sehe genau, dass das Parlament
dies wünsche. Er fürchte sich nicht vor den Neuwahlen, so Barak weiter, er sei
stolz auf die Schritte seiner Regierung.
In einem Fernsehinterview betonte Barak, dass er seine Anstrengungen für den
Friedensprozess in jedem Falle noch so lange weiterführen werde wie er im Amt
sei. Er stellte auch klar, dass er sich definitiv erneut zur Wahl des
Premierministers stellen werde, auch wenn es darüber vielleicht noch einige
Uneinigkeiten in seiner eigenen Partei geben könnte.
Tatsächlich schwenkte Barak erst kurz vor der Knesset-Sitzung auf diesen Kurs.
Zuvor hatte er noch immer versucht eine nationale Notstandregierung mit dem
Likud zu bilden. Die Verhandlungen waren jedoch gescheitert und Barak betonte in
der Sitzung nochmals den Grund: Er sei nicht dazu bereit, Ariel Scharon ein
Veto-Recht im Friedensprozess einzuräumen.
Der besaß dann tatsächlich die Dreistigkeit, Barak alleine für die derzeitigen
Unruhen verantwortlich zu machen, dabei war es doch Scharons ungeschickt
getimter Besuch des Tempelbergs, der den genhemen Anlass für den Ausbruch der
Zweiten Intifada lieferte. Anbetracht der katastrophalen Folgen ein schwerer
Fehler, ganz egal ob Arafat den Aufstand schon von langer Hand geplant hatte.
Sollte dem so sein, so hätte Barak niemals so unbedarft in diese Falle tappen
sollen, auch wenn er aus wahltaktischen Gründen Scharon im Zentralkommitee des
Likud stärken wollte, da er sich gegen Scharon bei kommenden Wahlen größere
Chancen als gegen Netanyahu ausrechnen kann.
Baraks Einlenken wurde in der Arbeitspartei größtenteils als politischer
Selbstmord bewertet. Der Premierminister selbst gibt sich siegessicher: "Ich
habe bisher alle Wahlen, die ich angetreten habe, gewonnen. Und ich werde auch
diese gewinnen!" Abgesehen davon, dass sich diese Wahlen leicht an einer Hand
abzählen lassen, war Barak gestern Abend ein Verlierer. Denn nach nur ein und
halb Jahren musste er zugeben, dass seine Regierung nun endgültig gescheitert
ist.
Man muss ihm jedoch zu Gute halten, dass er nicht alles Erdenkliche unternommen
hat, um das eigene politische Überleben zu sichern, er stimmte der
Notstandregierung nicht um jeden Preis zu. Der Friedensprozess scheint ihm also
wirklich wichtig. Er hat nun etwa 5 Monate, um eine Einigung mit den
Palästinensern zu erzielen, Baraks Ziel ist es, statt einer Neuwahl über ein
Abkommen mit den Palästinensern abstimmen zu lassen.
Es ist nun also an Jasir Arafat zu handeln. Er hat die Wahl, ein Abkommen mit
Ehud Barak zu erzielen oder in Zukunft mit einer rechtsgerichteten israelischen
Regierung zu verhandeln. AUk
haGalil onLine 29-11-2000
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